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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Winter an Wiemeyers Teich
Zwischenüberschrift:
Alte Ausflugsgaststätte in Hellern
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Als die Welt noch schwarz-weiß war, kannte man beim Schlittschuhlauf Schuh und Kufe noch nicht als Einheit. Es bedeutete einige Fummelei, bis man die Spannbacken der Kufe unter dem Stiefel befestigt hatte. Auf dem Foto beobachten wir gerade einen jungen Eishockey-Stürmer, wie er mit einem Vierkant den Spannmechanismus bearbeitet. Seine Kollegen auf dem Eis warten schon darauf, dass er bald in das Spiel eingreifen kann.

Das leider nicht datierte Foto zeigt eine Winterszene an " Wiemeyers Teich" in Hellern. Der hatte seinen Namen von dem im Hintergrund zu erkennenden Gasthaus an der Lengericher Landstraße.

Der Teich wurde nach 1934 angelegt, als man die immer wieder für Überschwemmungen sorgende Düte im Kreuzungsbereich mit der Landstraße neu fasste. Das Dütebett wurde etwas weiter in Richtung Hasbergen verlegt und die Straße mit einer neuen " Eisenbetonbrücke" überführt. Der Teich war nun nicht etwa wegen der Freizeitmöglichkeiten, die er bot, ausgehoben worden, sondern um Boden zu gewinnen für den neuen Straßendamm.

Die Kurve Richtung Hasbergen wurde bei der Gelegenheit entschärft, der Straßenverlauf begradigt und dadurch weiter vom Gasthaus weg verschoben. Es entstand der Grundstückszwickel, auf dem heute die Firmen Schrey Motorsport und Lightline Lasertechnik angesiedelt sind. Der alte Straßenverlauf ist zwischen diesem Zwickel und dem Wohnkomplex Lengericher Landstraße 40a bis 40f, der nach 1993 an die Stelle des Gasthauses Wiemeyer rückte, nach wie vor zu entdecken.

Der Helleraner Hugo Mittelberg, Jahrgang 1930, tippt als Entstehungszeit des Fotos auf die späten 1930er- oder frühen 1940er-Jahre. Anhaltspunkte sind für ihn neben der Kleidung der jungen Männer die Tatsache, dass direkt vor dem Gasthaus noch Bäume stehen. " Die gab es da nach dem Krieg in dieser Anzahl nicht mehr", ist er sich ziemlich sicher.

Mit der zunehmenden Industrialisierung im vorletzten Jahrhundert wurde es für die Stadtbewohner umso begehrenswerter, sonntags einen Ausflug in die Natur zu unternehmen. Gerne auch nach Westen hinaus, wohin die Industrieschlote der Stadt nur bei selten vorkommenden Wetterlagen ihren Rauch schickten.

Neubauer Heinrich Wiemeyer erkannte nach der Reichsgründung 1871 die Zeichen der Zeit. Er wollte den Erholungssuchenden auf dem Weg Richtung Hüggel eine Rastmöglichkeit bieten. Dazu erwarb er gleich drei alte Schenken im Düte-Bereich: zunächst die des Schulmeisters Freese (heute Große Schulstraße 1), dann die unmittelbar vor der Dütebrücke und schließlich die in der alten Bücker′schen Leibzucht. Die Schenke an der Dütebrücke schien ihm am aussichtsreichsten für eine gute wirtschaftliche Entwicklung zu sein. Er legte die beiden anderen Schenken still und investierte in das Gasthaus an der Lengericher Landstraße. Er baute einen Saal an und richtete daneben beiderseits der Düte einen großen Kaffeegarten mit Schießstand und Kegelbahn ein.

Das Gasthaus Wiemeyer etablierte sich gut und wurde bald in einem Atemzug mit Bellevue, Blankenburg, Zur Spitze und Meyer im grünen Tal genannt. Um 1910 verhandelte Wiemeyer mit der Stadt über einen Anschluss an das Straßenbahnnetz, allerdings ohne Erfolg. Der Paddelboot-Verleih auf dem Teich verlieh ihm immerhin eine gewisse Alleinstellung in Hellern.

Nach dem Krieg beherbergte Wiemeyer zeitweise Gemeindebüro und Standesamt. Das gesellschaftliche Leben Hellerns feierte im Saal Höhepunkte, wenn etwa der " Plattdütske Kring" seine Theaterstücke aufführte.

Ab den 1970ern wurde es für Landgasthäuser immer schwieriger, sich zu halten. Die Wiemeyer-Pächter versuchten es mit einer Bowlingbahn, später mit der Diskothek " Get Crazy". Eine letzte Nutzung bestand 1992 in einer Notunterkunft für Asylbewerber. 1993 kam der Abrissbagger.

Bildtext:

Der Teich führt heute ein ungestörtes Eigenleben. Bäume, die der Sturm " Kyrill" 2007 umgeworfen hat, liegen noch immer genauso da. Foto: Joachim Dierks

Um 1970 hat der Bowling-Sport vom Saalanbau Besitz ergriffen, wie an der Giebel-Beschriftung " Spellmann Bowling" abzulesen ist. Links daneben nimmt ein Autohandel die früheren Flächen des Kaffeegartens ein. Am unteren Bildrand ist unterhalb der Lengericher Landstraße das nördliche Ufer von Wiemeyers Teich zu erkennen. Foto: Archiv Hugo Mittelberg

Im Sommer vermietete der Wirt Paddelboote. Die Uferböschung im Vordergrund gehört wahrscheinlich zu der Insel im Teich. Foto: Archiv Hugo Mittelberg

Schrauben, bis die Kufe nicht mehr wackelt: Wintervergnügen auf Wiemeyers Teich, vermutlich in den späten 1930ern. Im Hintergrund das Gasthaus Wiemeyer.

Foto:

Archiv NOZ
Autor:
Joachim Dierks


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