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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
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Überschrift:
Vorzeige-Karussell ist in Gefahr
Zwischenüberschrift:
Telsemeyers Hilferuf: Schmuckstück des Weihnachtsmarktes braucht zu viel Pflege
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Das Schmuckstück des Osnabrücker Weihnachtsmarktes ist bedroht: Das historische Karussell der Familie Telsemeyer ist nur mit hohem Aufwand zu erhalten, was Senior Ewald Telsemeyer vor immer größere Probleme stellt. Die SPD macht das Karussell jetzt zum politischen Thema.

Seit über 100 Jahren ist das Telsemeyer′sche Karussell Mittelpunkt der Osnabrücker Märkte. Etwa um das Jahr 1910 fuhren zum ersten Mal Kinder mit den Gondeln oder ritten auf den Pferdchen. Seit 1977 hat es einen festen Standort auf dem Weihnachtsmarkt. Direkt vor dem Rathaus ist es einer der zentralen Anlaufpunkte. Die Familie Telsemeyer, in deren Besitz sich das historische Fahrgeschäft seit 1921 befindet, sieht diese Tradition für die Zukunft bedroht. Das winterliche Wetter setzt der alten Technik zu, und die Restaurationsarbeiten werden von Jahr zu Jahr aufwendiger und kostenintensiver.

Bislang hat Ewald Telsemeyer diese Aufgaben selbst geschultert. Viele Teile des Antriebs aus den 30er-Jahren haben ihre Macken, die er größtenteils selbst behebt. " 400 bis 500 Stunden investiere ich etwa pro Jahr in die Restaurierung der Technik und der Figuren", so Telsemeyer. " Das ist für mich auch ein Hobby." Mittlerweile sei er jedoch 61 Jahre alt, und selbst wenn er noch einige Jahre arbeiten könne und wolle, müsse langsam eine Lösung für die Zukunft gefunden werden.

SPD-Antrag

Die Familie kann die Tradition nicht mit dem gleichen Einsatz fortführen. " Die Kinder können sich nicht so um das Karussell kümmern", berichtet der Schausteller. " Die haben sich beruflich anders orientiert." Dennoch wolle niemand das Karussell verkaufen: " Das gehört für uns zur Familie."

Mit einem Antrag im Kulturausschuss will die SPD-Ratsfraktion nun prüfen lassen, inwieweit die Stadt beim Erhalt des alten Karussells helfen kann. " Es besteht die Gefahr, dass die Stadt und der Weihnachtsmarkt einen echten Hingucker verlieren", sagt Dirk Koentopp, kulturpolitischer Sprecher der Fraktion. " Wir müssen einfach Möglichkeiten suchen, das Karussell zu erhalten." Die Verwaltung soll laut dem Antrag, der in der Sitzung am 21. Januar beraten wird, nun Ideen erarbeiten, wie das Karussell für die Stadt Osnabrück dauerhaft zu sichern wäre.

Hierbei sollen auch unkonventionelle Nutzungsszenarien wie eine ständige Nutzungsmöglichkeit an einem wettergeschützten Standort in Betracht gezogen werden. " Vielleicht kann man auch außerhalb des Weihnachtsmarktes Einnahmen generieren", gibt Koentopp zu bedenken. Ein Ausstellungskonzept, wie es beispielsweise vor einigen Jahren im Museum Industriekultur umgesetzt wurde, könnte nach Meinung des Schaustellers wie auch des Politikers eine Idee sein. Laut Telsemeyer würde schon ein Wetterschutz sehr viel bringen. Ein großes Zeltdach, wie es in diesem Jahr beim Weihnachtsmarkt am Neumarkt zum Einsatz kam, würde die historischen Figuren vor dem Winter schützen.

Regionale Partner

Für solche Ideen kann sich Koentopp durchaus auch Kooperationen mit regionalen Partnern wie den Stadtwerken, der Osnabrücker Bürgerstiftung oder der Sparkassenstiftung vorstellen. Inoffizielle Kontakte in dieser Richtung bestehen laut seiner Aussage bereits. " Wir haben da natürlich schon mal nachgefragt", bestätigt er. Die genauen Ideen solle jetzt die Verwaltung ausarbeiten. Zugleich soll geklärt werden, ob es unter steuerlichen oder anderen Aspekten sinnvoll sein kann, das Karussell in eine eigene Stiftung zu überführen.

Für Telsemeyer sind verschiedene Optionen denkbar. Wichtig ist dem Schausteller nur, dass sein Karussell eine Zukunft hat und nicht in einigen Jahren zusammen mit ihm in den Ruhestand gehen muss.

Sie auch? Erzählen Sie von Ihren Erlebnissen mit dem alten Karussell: www.noz.de/ lokales
Bildtexte:
Was wäre der Osnabrücker Weihnachtsmarkt ohne das historische, über 100 Jahre alte Karussell der Familie Telsemeyer?
Familientradition am Karussell: Bereits mit 4 Jahren durfte der heutige Eigentümer Ewald Telsemeyer beim Waschtag mithelfen.
Albert und Gerda Telsemeyer betrieben das Karussell in den 40er Jahren. Das Foto entstand 1943.
Fotos:
Jörg Martens, Telsemeyer

Kommentar
Einsatz nach dem Vorbild der Solara

Rettet das Karussell! Ewald Telsemeyers Notruf ist nicht ins Leere gegangen. Die SPD hat das Thema aufgegriffen, und es ist undenkbar, dass dieses wunderschöne Kleinod nicht für Osnabrück und den Weihnachtsmarkt erhalten bleibt.

Erinnert sei an die Solara-Skulptur, die 1999 vor allem auf Betreiben von Kindern für Osnabrück gekauft wurde. Aus der Idee der Kinder entwickelte sich damals eine Bürgerinitiative. Drei Viertel der Kaufsumme brachten tatsächlich Sponsoren auf, den Rest zahlte die Stadt dazu.

Diesmal dürften sich nicht nur Kinder, sondern alle, die mal als Kind auf dem Karussell gesessen haben, für das historische Gefährt einsetzen. Und auch Erwachsene drehen auf dem alten Kindertraum gerne ihre Runden. Im Standesamt Osnabrück geben sich jedes Jahr im Dezember viele Paare das Ja-Wort und steigen für die Fahrt ins gemeinsame Leben auf das Karussell.

Es gibt in Osnabrück genügend Stiftungen und findige Menschen, die sich für den Erhalt dieses Weihnachtsmarkt-Wahrzeichens einsetzen werden. Und vielleicht können sich auch die Schausteller selbst daran beteiligen. Das Pfand der beliebten Glühweintasse könnte in diesem Jahr durchaus etwas erhöht werden, damit der Erlös dazu beiträgt, den Betrieb des Schmuckstücks dauerhaft zu sichern.

Mit Salzwasser
Das historische " Hänge-Bodenkarussell" wird mit einem sogenannten " Salzwasseranlasser" gesteuert. Eine alte, aber bewährte Technik, die ein sanftes und stufenloses Anfahren ermöglicht.
An einem Mast im Zentrum des Karussells befindet sich die drehbare Dachkonstruktion, an der wiederum der drehbare Boden hängt. Für den Anschwung sorgt der hier befindliche Elektromotor, der über ein Salzwasserbecken gestartet wird. Ein Deckel mit drei flossenähnlichen Elektroden wird dafür in den Eimer gelassen, wodurch sich der Stromkreis schließt. Über die Salz-Ionen wird der Strom zu den Elektroden geleitet. Mit dem Salzgehalt steigt auch die elektrische Leitfähigkeit des Wassers. Je tiefer diese ins Wasser eingetaucht werden, desto schneller dreht sich das Rondell. Sieben Umdrehungen pro Minute schafft das Karussell, aber mit nur dreieinhalb bis vier wird tatsächlich gefahren. Das historische Karussell besteht weitestgehend aus Originalteilen. Anfangs wurde das Gefährt durch Pferdekraft bewegt.
Autor:
Robert Schäfer, Ulrike Schmidt, dah


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