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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Könnten Bürger die Öffnung erzwingen?
 
Warum die Polizei freie Fahrt hat
Zwischenüberschrift:
Gegner der Neumarkt-Sperrung denken über Abstimmung nach – und haben vermutlich keine Chance
 
Rechtliches zur Neumarkt-Sperrung
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. An der Sperrung des Osnabrücker Neumarkts scheiden sich die Geister. Vielen Auto fahrenden Osnabrückern und Pendlern fehlt jegliche Begeisterung. Jetzt will die SPD beim Neumarkt Ernst machen. Könnte ein Bürgerbegehren die Pläne stoppen?

" Wie wäre es mit einem Bürgerbegehren gegen die Rats-Radfahrer?" In seiner Facebook-Gruppe " Gebt den Neumarkt wieder frei" hat Michael Wiese diese Option ins Gespräch gebracht. Schließlich haben die Bad Iburger ihre Landesgartenschau per Bürgerentscheid erzwungen und die Osnabrücker bei der Bürgerbefragung zur Westumgehung ebendieser eine Absage erteilt.

Bürgerbefragung? Bürgerbegehren? Bürgerentscheid? Es gibt in Niedersachsen etliche Möglichkeiten, sich auch außerhalb von Rat und Wahlurne aktiv an der Politik zu beteiligen. Eine grundsätzliche Hürde wird dabei aber oft übersehen: Man kann nur an seinem Wohnsitz mitbestimmen.

Die schwächste Form der Mitbestimmung ist die Bürgerbefragung. Im Mai 2015 hatte die CDU einen entsprechenden Antrag eingebracht: Gegenstand der Bürgerbefragung sollte " die Zustimmung bzw. Ablehnung einer Sperrung des Neumarkts für den motorisierten Individualverkehr" sein. Der Antrag fand keine Mehrheit.

Bliebe also das Bürgerbegehren mit dem Ziel, einen Bürgerentscheid herbeizuführen. Der Name macht es schon deutlich: Hier begehrt, hier giert der Bürger förmlich nach dem süßen Geschmack des Entscheidens: Ein erfolgreiches Bürgerbegehren führt automatisch zu einem Bürgerentscheid.

Aber längst nicht jede Angelegenheit ist in Niedersachsen bürgerentscheidfähig: Unter anderem dürfen Bürgerbegehren nicht " die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen und sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch" betreffen. Auch die formalen Hürden sind hoch: Ein Bürgerbegehren muss von mindestens zehn Prozent der Wahlberechtigten in der Kommune unterzeichnet sein. In Osnabrück wären das 12 536 Unterschriften. Gültige Unterschriften.

Wäre ein Bürgerbegehren mit dem Ziel Neumarkt-Öffnung damit rechtlich überhaupt möglich? Jürgen Heuer vom Fachbereich Recht der Osnabrücker Stadtverwaltung mag sich ohne genaue Prüfung nicht festlegen. Aktuell ist im Bebauungsplan 525 für den Neumarkt je eine Fahrspur pro Richtung für Autos, Busse und Fahrräder festgeschrieben. Eine Sperrung wird in dem 29 Seiten starken Dokument nur mit Hinweis auf den " Masterplan Mobilität" als Option erwähnt.

Viele Stolpersteine

Zudem hindert ein laufendes Bürgerbegehren eine Kommune nicht daran, über die darin bezeichnete Angelegenheit selbst zu entscheiden. Der Rat könnte also eine Sperrung über Bauleitplan oder Satzung nach Baugesetzbuch fixieren und so eigentlich dem Zugriff eines Bürgerbegehrens entziehen. Wäre das legal? Die Frage wäre ein interessantes Fallbeispiel für Klausuren an juristischen Fakultäten und Diskussionen an Verwaltungsrechtler-Stammtischen.

Bürger, die sich in das rechtliche und formale Minenfeld rund um das Bürgerbegehren nicht verlaufen wollen, finden unter anderem Hilfe bei dem Verein Mehr Demokratie! Dort kennt man Stolpersteine, aber auch mögliche Umwege. Eine erste Orientierung bietet dabei das Merkblatt zur Durchführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden in Niedersachsen.

Falls ein Bürgerbegehren zulässig und erfolgreich ist, muss innerhalb von drei Monaten ein Bürgerentscheid stattfinden, und zwar an einem Sonntag in der Zeit von 8 Uhr bis 18 Uhr. Dabei darf nur mit Ja oder Nein abgestimmt werden. Der Bürgerentscheid wäre dann erfolgreich, wenn die Mehrheit der gültigen Stimmen auf Ja lautet und diese Mehrheit mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten beträgt. Das hieße für Osnabrück: Mindestens 31 339 Ja-Stimmen wären nötig, bei Stimmengleichheit gilt ein Bürgerbegehren als abgelehnt. Ein erfolgreicher Bürgerentscheid würde dann die gleiche Wirkung wie ein Ratsbeschluss entfalten.

Und wenn es nicht zulässig ist? Bliebe noch Einwohnerantrag. Eine allerdings eher schwache Möglichkeit, auf die Arbeit des Rates einzuwirken: Jeder, der mindestens 14 Jahre alt ist und drei Monate den Wohnsitz in einer Kommune hat, kann über den Einwohnerantrag erzwingen, dass der Rat sich mit einem Thema beschäftigt. Dafür müssen 2, 5 Prozent der Osnabrücker den Einwohnerantrag unterschreiben, nötig wären danach derzeit 4141 gültige Unterschriften. Der Rat kann einem Bürgerantrag zustimmen oder ihn ablehnen. Er muss sich innerhalb von sechs Monaten mit ihm beschäftigen.

Bildtext:

Mitte dieser Woche hätte der Neumarkt vorübergehend auch als Eislauffläche herhalten können.

Foto:

Jörn Martens

Kommentartext:

Hürden

Dumm gelaufen: Wer in der Niedersächsischen Kommunalverfassung blättert, gewinnt den Eindruck, dass ein Bürgerbegehren zur Wieder-Öffnung des Neumarkts für den Individualverkehr im günstigsten Fall schwierig, vermutlich aber gar nicht zulässig wäre.

Sind die Anforderungen an Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Niedersachsen deshalb zu hoch? Auf den ersten Blick wirkt es so: Etliche Themen sind ausgeschlossen, und ja, auch die formalen Voraussetzungen für ein Bürgerbegehren in einer Stadt wie Osnabrück sind alles andere als leicht zu erfüllen.

Auf den zweiten Blick wird deutlich: Diese Hürden haben viele und auch gute Gründe. Sonst könnte die direkte Demokratie schnell zum Spielball für Populisten werden.

Und der Neumarkt? Die meisten Parteien in Osnabrück haben sich inzwischen zu diesem Thema recht deutlich positioniert. Und der Termin für die nächste Kommunalwahl in Niedersachsen steht schließlich auch schon fest: Sie ist am
11. September 2016.

Osnabrück. Wenn Polizisten auf dem Neumarkt Fahrzeuge anhalten und die Fahrer zur Kasse bitten, sind sie selbst mit Autos im gesperrten Bereich unterwegs. Dürfen die das? Und was passiert, wenn man das Durchfahrtverbot konsequent missachtet?
Auch wenn es für manche Autofahrer bitter ist: Ja, die Polizei darf über den Neumarkt fahren. Und nicht nur die. Georg Linke von der Polizeiinspektion Osnabrück verweist auf Paragraf 35 der Straßenverkehrsordnung: Neben der Polizei sind danach auch die Bundeswehr, das Technische Hilfswerk, die Feuerwehr, der Katastrophenschutz und die Bundeszollverwaltung von den Vorschriften der StVO befreit, wenn dies zur Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgaben erforderlich ist. Und gerade Polizisten sind quasi berufsbedingt immer in hoheitlichen Dingen unterwegs. Also nicht nur bei " Einsatzfahrten".
Die Polizei darf also auch ohne Blaulicht und Martinshorn jederzeit über den Neumarkt fahren. Auch Rettungsdienste sind von den Vorschriften der StVO befreit. Aber nur dann, " wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden".
Ein Leser macht auf noz.de aus seiner Meinung zur Neumarktsperrung keinen Hehl: " Wenn man täglich auf dem Wall im Verkehrschaos steht, bekommt man eine dermaßen große Wut, dass man einfach über den Neumarkt fährt. [. . .] Ich werde jedenfalls weiter dort herfahren!!"
Eine mutige Ansage: Üblicherweise gehe die Polizei bei Regelverstößen von " Fahrlässigkeit" aus, erläutert Linke. Bei Mehrfachtätern sieht das anders aus. Vorsatz treibt nicht nur das Bußgeld nach oben, eine " beharrliche Pflichtverletzung" , also das wiederholte Verletzen von Verkehrsvorschriften aus mangelnder Rechtstreue, führt früher oder später zu Fahrverboten und am Ende zum Entzug der Fahrerlaubnis. Die Fahrerlaubnisbehördekann jedem die Fahrerlaubnis entziehen, der sich als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist.
Mit dem Vorwurf " Wegelagerei" sind die Verkehrssünder schnell bei der Hand. Sanieren wird sich die Stadt Osnabrück aber mit dem Fahrverbot auf dem Neumarkt nicht. Immerhin, die Gesamtsumme ist beeindruckend: Für das vergangene Jahr rechnet die Stadt mit Einnahmen aus Verkehrsverstößen in Höhe von rund 3, 5 Millionen Euro.
Das Schöne ist allerdings: Wer sich einfach an die Verkehrsregeln hält, muss auch nicht zahlen.
Autor:
Frank Wiebrock


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