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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Osnabrück erarbeitet Wigmans "Totentänze"
Zwischenüberschrift:
Tanzfonds Erbe der Bundeskulturstiftung fördert fünf Jahre lang Aufarbeitung der Tanzmoderne
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Wieder wird das Osnabrücker Theater mit Mitteln der Bundeskulturstiftung gefördert: um nach Mary Wigmans " Le Sacre du Printemps" nun auch die beiden Totentänze der Ikone des deutschen Ausdruckstanzes rekonstruieren zu können. Die Initiative des Tanzerbe-Fonds hilft nunmehr schon in der vierten Runde, wichtige Choreografien des modernen Tanzes aus dem 20. Jahrhundert der Nachwelt zu überliefern.

" Die Initiative ging seit 2011 vom Tanzerbe-Fonds aus und nicht von den Stadttheatern und freien Ensembles", gibt Madeline Ritter, Projektleiterin des Tanzerbe-Fonds, auf Nachfrage zu. " Doch man muss ein Gespür dafür haben, wann die Zeit reif ist."

Reif war sie wohl, sonst hätten sich nach zögerlichem Start (nur zwei Anträge) nicht so viele Bühnen mit Rekonstruktionsvorhaben gemeldet. Sonst wären die historischen Choreografien auch nicht so gut beim Publikum angekommen.

Hintergrundfrage bei den Gesprächsrunden des Erbefonds mit Stadttheatern und Freien: Wie gelingt es, bei personell und finanziell knappen Kapazitäten und kurzen Vertragszeiten den Tanzensembles bei dem zu helfen, was große Ballettbühnen wie Hamburg, Düsseldorf, Stuttgart oder München schon immer und aus eigenen (Finanz-) Kräften stemmen: ihr Repertoire zu erforschen und für die Nachwelt zu erhalten?

Weil der Erfolg so durchschlagend ausfiel, verlängerte die Bundeskulturstiftung das auf zwei Jahre angelegte Projekt noch einmal um drei Jahre. Bei der vorletzten Runde nun ist unter fünf Projekten auch wieder das Theater Osnabrück dabei. " Danse Macabre" heißt das neue Vorhaben, erhält 80 000 Euro Förderung und will nun nach " Le Sacre du Printemps" auch den Totentanz I (1921) und Totentanz II (1926) von Mary Wigman (1886–1973) rekonstruieren.

Da der erste Tanz, getanzt von der Osnabrücker Dance Company, voraussichtlich sieben Minuten dauert und der zweite 15 Minuten, soll ein bislang nicht benannter Choreograf ein von den Totentänzen inspiriertes Tanzstück erarbeiten. Als dritten Teil des Abends im Februar 2017 stellt Osnabrücks Tanzchef Mauro de Candia eine eigene Arbeit dazu. Er will mit Strawinskys Kammerfassung für zwei Flügel eine andere Lesart von Wigmans Choreografie aus dem Jahr 1957 erarbeiten: " In der die Beziehung zur Musik noch stärker sein wird als in der Orchesterversion, die mehr von der Geschichte her erzählt wird", sagt er im Gespräch.

Skizzen Kirchners

" Never change a winning team", meint Dramaturgin und Managerin Patricia Stöckemann und schmunzelt. Die Tänzerin und Choreografin Henrietta Horn verantwortet nach " Sacre" wieder künstlerisch die Rekonstruktion, ihr assistiert Susan Barnett. Katharine Sehnert hat noch bei Mary Wigman studiert und steht dem Team als Expertin und Zeitzeugin zur Seite. Dazu kommt Tanznotatorin Christine Caradec aus Paris, die in Frankreich Notationen der deutschen Tanzmoderne erarbeitet hat. " Die Rechte am Wigman-Erbe liegen beim Deutschen Tanzarchiv Köln", sagt Patricia Stöckemann.

Als Grundlagen für die Rekonstruktion nennt sie neben den Notationen, den Aufzeichnungen von Wigman und Fotos die wertvollen Zeichnungen, Skizzen und Gemälde, die der Maler Ernst Ludwig Kirchner bei den Proben zu " Totentanz II" angefertigt hat.

Totentänze in Museen

Doch beim Tanz, seiner geschichtlichen Befragung und der Rückbesinnung auf das Tanzerbe der Moderne, dem Projekt also, dem sich Mauro de Candia für Osnabrück verschrieben hat, soll es nicht bleiben. " Die 20er-Jahre waren nicht nur die Goldenen und " Roaring Twenties", sondern auch Krisenzeiten", merkt Stöckemann an. Es lagen Inflation, Not und Tod (nach dem Ersten Weltkrieg) in der Luft. " Es waren die Jahre der großen Totentänze in den Künsten", erinnert sie. Deshalb werden zeitgleich das Osnabrücker Nussbaum-Haus, die Kunsthalle der Stadt und ihr Diözesanmuseum Totentänze vieler Epochen zeigen.

Wenn die letzte Antragsrunde im Oktober 2016 beim Tanzerbe-Fördertopf eingegangen ist, wie geht es dann weiter mit der Aufarbeitung der Tanzmoderne? " Wir hoffen, dass die kleineren Stadttheater und die freien Bühnen so angefixt sind, dass sie solche historischen Projekte auch ohne unserer Förderung weiterentwickeln oder bestehende Fördertöpfe sich dafür öffnen", sagt Madeline Ritter.

Bildtext:

Mary Wigman tanzt ihren " Totentanz II" (1926). Die Aufnahmen stammen aus der Zeit. Osnabrück will die Original-Masken nachbauen lassen. Fotos: Ursula Richter, aus Hedwig Müllers Biografie " Mary Wigman"
Autor:
Christine Adam


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