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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Überschrift:
Aus Existenzkrisen erstarkt
Zwischenüberschrift:
Die Ursulaschule feiert am Wochenende ihr 150-jähriges Bestehen
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Im Alters-Ranking der Osnabrücker Gymnasien liegt die Ursulaschule trotz ihrer großen Tradition lediglich auf Rang 4. Die Spitze nehmen uneinholbar das Carolinum (1219 Jahre) und das Ratsgymnasium (420 Jahre) ein. Auch die " Höhere Mädchenschule" (Lyzeum/ Gymnasium " In der Wüste") ist mit 167 Jahren noch ein wenig älter. Viertrangig fühlt sich die Ursulaschule deshalb aber keinesfalls und feiert an diesem Wochenende mit fröhlichem Selbstbewusstsein den 150. Geburtstag.

Das Selbstbewusstsein fußt vielleicht auf einem besonderen Schulgeist, den Generationen von Schülerinnen (und seit 1975 auch Schülern) wie auch ihre Lehrer erlebt und immer wieder beschrieben haben. Er könnte mit der christlichen Werteorientierung des Gymnasiums zusammenhängen, die bei einer katholischen Privatschule naturgemäß einen Grundpfeiler darstellt.

Bis 1978 hat der Ursulinen-Orden das Schulleben getragen und geprägt, danach die Franziskaner und schließlich seit 2001 die Schulstiftung des Bistums. Die Anmeldezahlen für die fünften Klassen lagen meistens weit über der Kapazitätsgrenze und erweckten wohl so manches Mal den nicht veröffentlichten Neid anderer, gerade nicht so gefragter Gymnasien. Und es werden auch Lehrerpersönlichkeiten gewesen sein, die in den zurückliegenden 150 Jahren den Schulgeist mitbestimmt haben, nicht zuletzt Schulleiter wie Schwester Tarcisia und Pater Werinhard Einhorn.

Einen eindrucksvollen Beleg dafür, dass die Schule ihren christlichen Erziehungsauftrag ernst nimmt und engagiert lebt, lieferte 1991 der Widerstand gegen die Federstrich-Entscheidung des Bistums, Ursulaschule und Angelaschule am Standort in Haste zusammenzulegen und den Innenstadt-Standort im Schatten des Doms aufzugeben. Damit hätte die nicht nur funktionierende, sondern geschätzte und geliebte Ursulaschule ihre Identität verloren. Schüler, Lehrer und Eltern traten mit kreativen Aktionen und starken Argumenten in einen geschlossenen Widerstand, dem sich Bischof Ludwig Averkamp schließlich beugte wohl ziemlich einzigartig für ein " bischöfliches Gymnasium".

Die " Neue Osnabrücker Zeitung" berichtete im August und September 1991 täglich von Diskussionsveranstaltungen, lauten und eher stillen Protesten, Mahnwachen am Dom und dem täglich wachsenden Bart des Schulleiters Werinhard. Der hatte nach anfänglichem Mittragen der Pläne eine Kehrtwendung vollzogen, die Anführung des Protests übernommen und erklärt, als Buße würde er sich nicht mehr rasieren und so lange auf einer Luftmatratze in der Schule übernachten, bis der Zusammenlegungsbeschluss zurückgenommen sei.

Am 11. September 1991 verkündete die Pressestelle des Bistums schließlich die Rolle rückwärts. Werinhard überließ es dem hochengagierten Schülersprecher Heiner Fangerau, auf dem Schulhof die bischöfliche Erklärung zu verlesen, auch das eine gute und große Geste, und unterzog sich anschließend unter Beifall und Jubel der Rasur. " Es war ein Bußbart, dann ein Hoffnungsbart, und jetzt ist er ab", zitierte ihn die , NOZ′.

Die Anfänge der höheren Schulbildung für katholische Mädchen reichen bis ins Jahr 1810 zurück. Da hatte Fräulein Cäcilie Vezin eine kleine Schar " höherer Töchter" um sich versammelt, um ihnen etwas mehr als Schreiben und Rechnen beizubringen, wie es in den zweizügigen Volksschulen vermittelt wurde. Bischof Paulus Melchers wollte den Rahmen indessen etwas größer ziehen und die Schule enger an den bischöflichen Stuhl binden. Deshalb bat er das ihm bekannte Ursulinenkloster in Dorsten um Entsendung einiger Schul-Schwestern. Einen Tag nach dem Fest der heiligen Ursula begannen die neuen Schwestern am 22. Oktober 1865 in drei bescheidenen Räumen der Kleinen Domsfreiheit 14 den Unterricht mit zunächst 34 Schülerinnen. Dieser Tag wird als Gründungstag des Ursulinums angesehen.

Stürmische Zeiten folgten. Auf dem Höhepunkt des Kulturkampfs verfügte Bismarck 1875 die Aufhebung aller Orden und Kongregationen. Bischof Beckmann erreichte eine Ausnahmeregelung, nach der die Schwestern bei Fortgeltung ihrer Gelübde zeitweilig ihre Ordenstracht ablegen und als quasi weltliche Lehrerinnen ihre Unterrichtstätigkeit fortsetzen durften. 1888 war diese Phase beendet, die Ursulinen durften wieder Ursulinen sein.

Die nächste existenzielle Krise zog mit dem Nationalsozialismus herauf, dem das kirchliche Schulwesen ein Dorn im Auge war, weil es der gleichgeschalteten Erziehung im Sinne der Machthaber im Wege stand. Neueinschulungen wurden systematisch behindert. Die Ursulinen mussten 1939 Teile der Schule an die Stadt vermieten, 1940 waren ihnen nur noch vier Schulklassen mit 113 Schülerinnen verblieben. In übrige Räume zog eine zweite Abteilung der städtischen Oberschule für Mädchen ein.

Beim " Klostersturm" im August 1941 wurden Ursulaschule und Kloster aufgehoben und ihr Vermögen beschlagnahmt. Die Schwestern rekrutierte man zwangsweise zu Arbeiten im " Wehrkreis-Sanitätspark VI" im Keller der Schule. Sie mussten Pillen drehen und Verbände aufrollen. Im September 1944 verwandelten vier Spreng- und unzählige Brandbomben den Gebäudebestand in eine Ruinenlandschaft. Der erste Nachkriegsunterricht fand in der ebenfalls von Ursulinen geführten Angelaschule in Haste statt. 1951 war der Wiederaufbau an der Kleinen Domsfreiheit so weit fortgeschritten, dass wieder unterrichtet werden konnte. Ein stetiges Wachstum setzte ein, sowohl an Schülerinnen als auch im Gebäudebestand.

Heute, 150 Jahre nach der Gründung, besuchen 1100 Schülerinnen und Schüler das Ursulinum. Schulleiter Rolf Unnerstall hat die Schulgemeinschaft zu einem Festakt aus Anlass des Schuljubiläums am morgigen Freitag um 10 Uhr in die Osnabrück-Halle eingeladen. An diesem Samstag folgt eine Schulparty im Alando Palais, und in der Woche darauf geht es für eine Woche auf Schulfahrt nach Assisi und Rom.

Stadt im Wandel: mehr Texte und Fotos auf www.noz.de/ historisch-os
Bildtexte:
Nach 1920 war die 460-Meter-Gebäudefront der Schule zur Kleinen Domfreiheit hin komplettiert. Das " Haus 2" in der Bildmitte besaß drei markante Treppengiebel. Rechts von der überbrückten Durchfahrt schloss sich " Haus 1" an.
Schlichter, aber durchaus qualitätvoll baute man nach den Kriegszerstörungen vom 13. September 1944 die Bruchstein-Fassaden ab 1948 wieder auf.
Foto:
Schularchiv, David Ebener
Autor:
Joachim Dierks


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