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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
"Eisernes Kleid" für Karl den Großen
Zwischenüberschrift:
September 1915: Nagelaktion, Niederlage gegen Münster, Hühner an die Ostfront
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Mit großem Pomp wurde vor 100 Jahren eine Spendenaktion zugunsten von Kriegerwitwen und - waisen in Osnabrück in Szene gesetzt: die " Benagelung" einer Holzstatue, die den Bistumsgründer Karl den Großen in vollem Krönungsornat darstellte. Gegen Spende durfte ihm jedermann einen Nagel einschlagen. Die Nagelköpfe dicht an dicht sollten die Anschauung einer Stahl-Panzerung erzeugen, die ihn unverwundbar machte ganz so wie im übertragenen Sinne auch das Kaiserreich selbst sich sah.

Das " Osnabrücker Tageblatt" berichtete ausführlich von der Einweihungsfeier am 26. September. In einem kleinen Pavillon vor dem Theater wurde nach der Enthüllung die drei Meter hohe Statue sichtbar, die den Franken-Kaiser mit Schwert und Reichsapfel wie in der bekannten Darstellung von Dürer zeigt, " mit stolzem, ernstem Antlitz, den Blick auf seine Gründung, den Dom, gerichtet". Eine " nach Tausenden zählende Volksmenge" war erschienen, Repräsentanten von Stadt, Militär, Wirtschaft, Kirche und ungezählten Vereinen und Verbänden hatten mitsamt ihren etwa 60 Fahnen im Halbkreis vor dem Pavillon Aufstellung genommen, ebenso grüßten vom Dom Fahnen herab.

Nach dem Vortrag eines Musikstückes durch die Kapelle des Ersatzbataillons 78 und dem Gesang des Liedes " Brüder, reicht die Hand zum Bunde" durch die vereinigten Liedertafeln nahm OB Julius Rißmüller zur Weiherede das Wort. " Wie ein fest zusammengeschweißter Eisenblock" stehe Deutschland da, in seiner Geschlossenheit " niemals überwindbar". Es gelte jetzt aber, nicht " lässig und lau" zu werden, sondern große Mittel aufzubringen, um die Kriegsnot zu lindern. " Diese Mittel zu beschaffen, wollen wir auch hier einen Eisernen Mann aufstellen, wie dies schon in mancher deutschen Stadt geschehen ist. Karl der Große wird im Standbild vor uns treten, von dessen Kämpfen und Siegen die Gaue ringsum erzählen, der große Kaiser, der das Bistum hier gegründet, die erste Kirche und Schule hier errichtet hat, mit dessen Namen, Sage und Geschichte unsere alte Stadt untrennbar verbunden ist. Friedlich wird er vor uns treten, Gaben heischend, und so groß möge der Gaben Fülle sein, dass er in Eisen gepanzert werde vom Scheitel bis zur Sohle, um späteren Geschlechtern die Kunde zu bringen von der hohen Opferfreudigkeit der Stadt in schwerer, großer Zeit", deklamierte Rißmüller.

Nachdem das Hoch auf Kaiser und König Wilhelm II. verklungen und die Nationalhymne gesungen war, sprach Fräulein Clara Spieß vom Stadttheater mit weithin vernehmbarer Stimme " das ebenso tiefempfundene wie markige Festgedicht", das mit diesen Versen beginnt: " Karol, großer Sachsensieger! Mit dem Schwerte in der Hand hast erkämpft du unser Land und bezwungen unsre Krieger. Doch es war zu unsrem Heil, ließest Blut dein Schwert du trinken, durch das Kreuz in deiner Linken wurde Rettung uns zuteil." Die Schlussverse leiteten direkt zur Erstbenagelung über: " Komm herbei! Es ist soweit! Hilf uns, Deutschlands Ehre preisen! Wie dein Schwert am Schlachtentage klinge unser Hammer heut!"

Den ersten Nagel schlug der Oberbürgermeister für die Stadt ein. Für diesen und die nächsten 30 000 Nägel waren kleine Bohrungen präpariert, um so eine bestimmte ornamentale Musterung des Gewandes vorzuzeichnen. An den Folgetagen begann die Nagelung morgens um zehn Uhr und wurde ununterbrochen fortgesetzt bis acht Uhr abends. Die Zeitung kündigte jeweils an, welche Gruppen angemeldet waren: " Heute Vormittag kommt die Ev. Volksschule IV und der Wirteverein, heute Nachmittag die Volksschule III und die Frauenschule St. Angela. Für morgen sind angemeldet die Löschkompagnie und der ev. Jungfrauenverein."

Um dem Mangel an Futtermitteln abzuhelfen, wird in den Schulen zum Sammeln von Eicheln, Bucheckern und Kastanien aufgerufen. " Wir zahlen für verlesene gesunde Früchte für Eicheln 4 Pf. das Pfund, für Bucheckern 10 Pf. und für Kastanien 2 Pf. das Pfund. Die Früchte sind gegen sofortige Zahlung abzugeben in den Polizeirevieren Bierstraße, Iburgerstraße, Eversburg oder Schinkel", ließ Stadtsyndikus Reimerdes verkünden.

Der Kreis Wittlage hat eine Hühnersendung für das umkämpfte Ostpreußen zusammengestellt. Die Landwirtschaftskammer hat die Herren Rudolf Seiters und Hermann Kohlhaus aus Bohmte zu amtlichen Begleitern bestimmt. Sie werden die Hühner zur Verladung bringen und auch den Transport bis nach Stallupönen begleiten.

Das " Tageblatt" beklagt den " üblen Brauch, sich am Bahnsteig noch die Hand zu reichen, während der Zug sich schon im Fahren befindet". Er hätte auf dem Bahnhof Melle fast ein Menschenleben gefordert: Die Fabrikarbeiterin S. reichte ihrem Freund im Zug die Hand, als der Zug schon fuhr. Dann passierte Folgendes: " Der Bursche hielt das Mädchen fest und zog es auf das Trittbrett. Das Mädchen machte einen Fehlsprung, geriet zwischen den erhöhten Bahnsteig und den Zug und wurde von letzterem mitgeschleift." Erst nachdem die Notleine gezogen war und der Zug stoppte, konnte sie aus ihrer üblen Lage befreit werden, verletzt, aber immerhin noch am Leben.

Bei den Sportnachrichten lesen wir: " Das am Sonntag in Münster zum Austrag gekommene Rückspiel des westfälischen Kreismeisters " Preußen" e. V. Münster und des Osnabrücker Sportvereins 08 verloren die Osnabrücker trotz überlegenen Spiels knapp mit 0: 1 Toren."

Die Beschlagnahme der Jagdmunition ab 1. August hat in Jägerkreisen " begreifliche Beunruhigung" hervorgerufen. Denn gerade in diesem Jahr sei ein reichlicher Wildabschuss geboten. Einmal zur Verminderung des Wildschadens an Brotgetreide, Futtermittel und Hackfrüchten, andererseits zur Versorgung des Fleischmarktes mit Wildbret. Der Allgemeine Deutsche Jagdschutzverein habe sich deshalb an das Preußische Landwirtschaftsministerium gewandt mit der Bitte, im Interesse der Jagdausübung die Freigabe der erforderlichen Munition zu bewirken.

Stadt im Wandel: mehr Texte und Fotos auf www.noz.de/ historisch-os
Bildtext:
Der " Eiserne Karl" warb in seinem Pavillon vor dem Theater am Domhof für Kriegsspenden. Links neben ihm hat sich hinter der Balustrade sein Schöpfer, der Bildhauer Heinrich Wulfertange, aufgebaut.
Quelle:
Niedersächsisches Landesarchiv, Standort Osnabrück
Autor:
Joachim Dierks


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