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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Turnend durch die Innenstadt
Zwischenüberschrift:
Trendsport Parkour findet auch in Osnabrück immer mehr Fans
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Am Ledenhof sind regelmäßig Sportler zu sehen, die Mauern und Geländer mit Sprüngen und Salti überwinden. Wo andere Leitern brauchen, klettern sie und hangeln sich vorwärts. Parkour heißt diese spektakuläre Art der Fortbewegung, die auch in Osnabrück zunehmend Begeisterung weckt.
Parkoursportler, die sich " Traceure" nennen (abgeleitet vom französischen Wort für Spur oder Linie), suchen Wege abseits der vorgegebenen Pfade. Dabei nutzen sie ihre Kraft so effizient wie möglich: Sie gehen beispielsweise nicht um eine Mauer herum, wenn der Weg darüber kürzer ist. Die Technik, um auf ein Hindernis hinauf- und unbeschadet wieder herunterzukommen, wird in vielen kleinen Schritten geübt. Verschiedene Sportarten dienen dabei als Vorlage: Hauptsächlich werden Elemente der Leichtathletik, des Kletterns und Turnens kombiniert. Es gibt darüber hinaus auch Einflüsse aus Akrobatik und Tanz.
Jan Casselmann trainiert Parkour in Osnabrück und gibt sein Wissen in Kursen weiter. Er sagt, der Sport erhöhe das Körpergefühl und verändere die Wahrnehmung der Umgebung: " Die spielerische Herangehensweise führt zu einem neuen Entdecken und Erleben der Stadt." Parkour sei ein Lebensstil, meint der 30-Jährige, denn mit dem Sport verbinden viele Traceure Werte, die sie auf den Alltag übertragen. In der Öffentlichkeit erscheinen die Sportler oft waghalsig: Videos im Internet zeigen Jugendliche, die über Hausdächer springen oder an Brücken balancieren. " Dadurch entsteht die Vorstellung, dass wir unser Leben riskieren", bedauert Casselmann. Es sei jedoch vor allem eine Frage von Körperbeherrschung und Konzentration. Hinter den Kunststücken stecke in der Regel jahrelanges Training. " Eine gesunde Selbsteinschätzung und Respekt vor den Hindernissen gehören ebenso dazu."
Hauptsächlich findet Parkour im Freien statt. Zwischen 10 und 20 Mitglieder der Parkourgemeinschaft Osnabrück treffen sich seit fünf Jahren jeden Samstag am Ledenhof. Über soziale Netzwerke verabreden die Mitglieder darüber hinaus zusätzliche Treffen. " Ein paar schöne Trainingsgelegenheiten gibt es am Westerberg. Sonst bleibt eigentlich nur der Ledenhof für das Gruppentraining. Allerdings reichen manchmal auch schon zwei Kantsteine, ein Geländer oder eine flache Mauer, um Spaß zu haben", sagt Casselmann.
Das Training findet außerdem in Hallen statt. Dort kann mit Matten gefahrlos geübt werden. Vor allem im Herbst und im Winter bieten Sporthallen eine gute Alternative zum nassen Untergrund in der Stadt. " Feuchtigkeit kann schnell zur Gefahr werden. Es reicht schon, wenn die Schuhsohlen nicht ganz trocken sind", weiß der Traceur. Er ist der Meinung, dass die Übungen in der Halle kein Ersatz, aber eine sinnvolle Ergänzung zum Sport unter freiem Himmel sind.
Parkour-Kurse werden von der Hochschule, dem Haus der Jugend und dem Osnabrücker Turnerbund angeboten. Die meisten seien bis zur Kapazitätsgrenze belegt. Eine offizielle Trainerausbildung gibt es bisher nicht. Die Teilnehmer lernen von erfahrenen Traceuren wie Casselmann. Er sagt: " Das Interesse an Kursangeboten steigt stetig, so kommen auch Sportvereine und Schulen auf uns zu. Sie wollen ein zeitgemäßes Programm bieten und damit Kinder und Jugendliche ansprechen."
Bei diesen ist Parkour am weitesten verbreitet. Die meisten Traceure, die sich regelmäßig am Ledenhof treffen, sind jünger als 30 Jahre. Das muss nicht so bleiben, meint Casselmann: " Der Sport hat für alle Generationen etwas zu bieten." Wie groß das Interesse für Parkour in einer Region sei, hänge auch von politischen Einflüssen ab. Dort, wo es entsprechende Räume und organisierte Angebote gebe, steige die Zahl der Athleten schnell.
Es gebe keine Voraussetzungen, um Parkour zu betreiben. Wie schwierig die Übungen sind, bestimme jeder selbst. " Der soziale Status, die Nationalität, das Geschlecht oder der gesundheitliche Zustand sind nicht wichtig. Es geht darum, dass man das Beste aus seinen Möglichkeiten macht", betont der erfahrene Traceur.
Das Alter spiele ebenfalls keine Rolle. Auch Kinder sind beim Training am Ledenhof dabei. Das Jüngste von ihnen ist wenig älter als ein Jahr. Nicht alle Eltern teilen allerdings die Begeisterung ihrer Kinder. Die meisten seien zunächst skeptisch, berichten die Sportler. Auch die Reaktionen der Zuschauer seien unterschiedlich: " Während es früher auch mal zu Diskussionen kam, bleiben heute Eltern mit kleinen Kindern stehen und applaudieren", erzählen sie. Mit steigendem Bekanntheitsgrad sei der Sport immer positiver wahrgenommen worden.
Einige Beobachter seien allerdings der Meinung, dass die Traceure, die ohne Helm und Schoner trainieren, Schutzkleidung tragen sollten. In jedem Fall erregt es Aufsehen, wenn die Sportler an öffentlichen Orten durch die Luft wirbeln.
Damit für den Sport bessere Bedingungen geschaffen werden, ist Casselmann mit verschiedenen Akteuren der Stadt im Gespräch. Vertreter der Stadtverwaltung, Vereine, Architekten sowie Sportwissenschaftler möchte er an einen Tisch holen. Auch andere Sportler, denen bisher ein geeigneter Trainingsraum fehlt, seien an der Zusammenarbeit interessiert. Sie betreiben beispielsweise Street-Workout und Urban Climbing.
Für einen Trainingsort, wie ihn sich der 30-Jährige vorstellt, bietet der Ledenhof nicht die besten Voraussetzungen: " Der Platz ist von Vandalismus gezeichnet. Zudem gibt es gefährliche Stellen." Er wünscht sich einen Ort, der von allen Altersgruppen genutzt werden kann. Wo es Bedarf gibt, ermittelt Casselmann unter anderem über Bürgerforen. Er meint, dass viele Mehrgenerationenspielplätze nicht alle Zielgruppen ansprechen, weil bestimmte Bedürfnisse nicht beachtet wurden: " Senioren wollen beispielsweise nicht von der Straße aus gesehen werden."
Als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Osnabrück hat Casselmann an einem Konzept für geeignete Sportplätze gearbeitet. Nun hat er Fördergelder für die Entwicklung passender Geräte beantragt. Entworfen und getestet werden sollen solche Anlagen auch im Proberaumzentrum, das die Firma Frye in einem ehemaligen Speicher im Hafen errichten will. Der Bauantrag für das Projekt läuft derzeit, die Firma hofft, dass der Sportbereich bereits ab dem Frühjahr genutzt werden kann.

Bildergalerie auf www.noz.de
Bildtexte:
Einen Trainingsplatz finden die Sportler in Osnabrück am Ledenhof.
Die Übungen erfordern jahrelanges Training
Die punktgenaue Landung ist eine wichtige Übung für die Traceure.
Der kurze Weg ist das Ziel, auch wenn er über eine Mauer führt.
Die Sportler trainieren ohne Schutzkleidung. Sie fangen mit leichten Übungen an, die langsam gesteigert werden.
Mauern und Geländer werden für die Traceure zu Sportgeräten.
Fotos:
Gert Westdörp

Trendsport Parkour

Beim Parkour geht es darum, Hindernisse auf einer festgelegten Route mit speziellen Techniken zu überwinden. Dafür werden Elemente aus verschiedenen Sportarten kombiniert. Parkour geht auf Fluchttechniken zurück, die der Franzose Raymond Belle als Kindersoldat in Vietnam erlernte. Diese zeigte er seinem Sohn David Belle, der sie in den 1980er- Jahren auf die Stadt übertrug. Durch Internet und Filme wurde der Sport schnell populär, mittlerweile wird er nahezu auf der ganzen Welt praktiziert. Parkour ist nicht auf Wettbewerb ausgelegt, es geht den Sportlern um die Kunst der Fortbewegung. Parkoursportler, die sich " Traceure" nennen, verbinden außerdem häufig eine eigene Philosophie mit dem Sport. Dazu gehören der rücksichtsvolle Umgang mit der Umgebung und der Schutz der eigenen Gesundheit. Der Sport umfasst einfachste, aber auch teilweise sehr anspruchsvolle Übungen. Er kann von jeder Altersgruppe und ohne Voraussetzungen ausgeübt werden. Bisher ist er jedoch hauptsächlich unter Jugendlichen verbreitet.
Autor:
Johanna Lügermann


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