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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Der VW-Skandal und die Osnabrücker Luft
Zwischenüberschrift:
Moderne Diesel als Problemfall: Trotz Euro-5- und Euro-6-Standard steigen die Stickstoffdioxidwerte
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Der VW-Skandal um manipulierte Abgasuntersuchungen zeigt, wie schwer sich die Autoindustrie tut, ihre Dieselfahrzeuge zu entgiften. Genau aus diesem Grund wird die Luft in Osnabrück nicht besser, sondern schlechter trotz Umweltzone. Vor allem wegen der Dieselabgase moderner Autos riskiert die Stadt eine Strafzahlung an die EU-Kommission. Denn die neuen Motoren mit Euro-5- und Euro-6-Standard sind maßgeblich für steigende Stickstoffdioxidwerte verantwortlich.
NO2 kann Asthma verursachen und gilt als krebsverdächtig. Um ihre Bewohner vor Erkrankungen zu schützen, ist die Stadt verpflichtet, einen Jahresmittelwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft einzuhalten. Aber das hat schon 2014 nicht funktioniert. Und es lässt sich jetzt schon absehen, dass dieses Ziel auch 2015 verfehlt wird. Denn die NO2-Werte steigen, statt zu sinken.
" Wir liegen zurzeit 25 Prozent über dem Grenzwert", konstatiert Detlef Gerdts, der Leiter des Fachbereichs Umwelt und Klimaschutz, also bei 50 Mikrogramm. Vor vier Jahren war der Wert schon auf 47 gesunken, doch inzwischen zeigt die Tendenz nach oben. Und das, obwohl immer mehr Autos mit den höchsten Umweltstandards auf die Straße kommen.
Dass da etwas nicht stimmen kann, dämmert Fachleuten schon lange. Auf der Straße zeige sich, dass deutlich mehr Schadstoffe im Abgas seien als im Labor, vermerkt Frank Otte, Stadtbaurat und Umweltdezernent, nämlich sieben- bis zehnmal so viel wie auf dem Papier. Bisher habe man das allein auf praxisfremde Messungen zurückgeführt, " aber mit Manipulationen hatten wir nicht gerechnet".
Es ist der anhaltende Trend zum Dieselmotor, dem die Luftverschmutzung durch Stickstoffdioxid angelastet wird. Ein Drittel der Autos auf deutschen Straßen sind Dieselfahrzeuge, bei den Neuzulassungen steuern die Selbstzünder schon auf die 50-Prozent-Marke zu. Während die Stadt mit ihrer Umweltzone die älteren Rußschleudern aus dem Zentrum verbannt hat, muss sie die modernen Diesel mit grünem Etikett und zweifelhaftem NO2-Output dulden. Und zusehen, wie die Luft langsam, aber sicher mit dem Gift angereichert wird.
Den Feinstaub, der jahrelang das Hauptproblem war, hat Osnabrück jetzt offenbar im Griff. Seit Autos mit gelber und roter Plakette nicht mehr in die City dürfen und Osterfeuer reglementiert sind, werden die Grenzwerte weitgehend eingehalten. Davon ist die Stadt beim Stickstoffdioxid weit entfernt. Im Januar muss der Jahresmittelwert für 2015 an die EU-Kommission gemeldet werden. Dann droht ein Vertragsverletzungsverfahren, das für jeden Überschreitungstag eine Strafe in fünfstelliger Höhe nach sich ziehen kann. Und es drohen Klagen von Bürgern, die ihrer Gesundheit zuliebe saubere Luft einfordern.
Das Problem haben andere Großstädte auch. In Niedersachsen wollen sich die Umweltdezernenten aus Hannover, Braunschweig, Hildesheim, Oldenburg und Osnabrück gemeinsam beraten, wie sie mit der Herausforderung umgehen sollen. Stadtbaurat Otte hat kein Patentrezept, wie sich das Problem auf kommunaler Ebene lösen lässt: " Wir können ja nicht die Dieselfahrzeuge aus den Städten verbannen."

Saubere Luft und die Umweltzone: Lesen Sie mehr auf www.noz.de
Bildtext:
Unbestechliche Sensoren: Der Messcontainer am Schlosswall registriert die NO2- Werte für Osnabrück.
Foto:
Michael Gründel

Drei Hotspots und der Neumarkt
Drei Hotspots für Stickstoffdioxid haben die Fachleute im Blick. Am Neumarkt wurden lange Zeit hohe Konzentrationen gemessen. Inzwischen liegt der NO2-Wert bei 41 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft (Grenzwert 40). Da drängt sich ein Zusammenhang mit der Sperrung auf.
An der Martinistraße sind die NO2-Werte auf unter 40 gesunken. Auch hier wirkt sich offensichtlich der Neumarkt-Effekt aus.
Besorgniserregend ist der Anstieg am Schlosswall, wo jetzt im Durchschnitt 50 Mikrogramm gemessen werden. Liegt auch das an der Neumarkt-Sperrung? Detlef Gerdts vom Fachbereich Umwelt und Klimaschutz widerspricht: Erst mehrere Monate nach der Sperrung im Juni 2014 hätten sich die Stickstoffdioxidwerte am Schlosswall spürbar erhöht.

Kommentar
Grenzwertig

Grenzwerte sind immer ein fauler Kompromiss. Im Zweifel schützen sie nicht Menschen vor Schadstoffen, sondern die Industrie vor Schaden ersatzforderungen. Weil das Inhalieren der Luft aus Deutschlands Städten nicht augenblicklich zum Husten reizt, belächeln manche Zeitgenossen die Fürsorge der EU-Kommission, die sich in den Grenzwerten für Feinstaub oder Stickstoffdioxid ausdrückt. Aber dafür gibt es gute Gründe.

Luftschadstoffe verkürzen unser Leben. Das Umweltbundesamt rechnet vor, dass allein durch Feinstaub jedes Jahr 47 000 Menschen vorzeitig sterben. Die Kommission handelt also konsequent, wenn sie Grenzwerte festlegt. Ein Autohersteller, der sich mit Betrügereien darüber hinwegsetzt, begeht Körperverletzung. Makaber, dass die Stadt Osnabrück wegen solcher Machenschaften eine Geldstrafe an die Europäische Kommission riskiert. Am besten leitet sie den Strafzettel gleich weiter. An die Wolfsburger Konzernzentrale.
Autor:
Rainer Lahmann-Lammert
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