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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Ratsmehrheit will Baumschutzsatzung
 
Stadt will Fällen großer Bäume verbieten
Zwischenüberschrift:
SPD und Grüne drücken Baumschutzsatzung im Rat durch
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Die rot-grüne Ratsmehrheit will mit Macht die umstrittene Baumschutzsatzung in Kraft setzen und drückte einen entsprechenden Antrag im Rat durch. Sie pfiffen damit Stadtbaurat Frank Otte zurück, der von einer Baumschutzsatzung abgeraten hatte.

Osnabrück. Die rot-grüne Ratsmehrheit will mit Macht die umstrittene Baumschutzsatzung in Kraft setzen und drückte einen entsprechenden Antrag im Rat durch. Kritiker befürchten, dass der Schuss nach hinten losgeht.

Mit 24 zu 21 Stimmen setzte sich die rot-grüne Zählgemeinschaft mit Unterstützung der beiden linken Ratsmitglieder in der Ratssitzung am Dienstag durch. Sie pfiffen damit Stadtbaurat Frank Otte zurück, der von einer Baumschutzsatzung abgeraten hatte. Otte, seinerzeit mit Unterstützung von SPD und Grünen ins Amt gehoben, hält den Aufwand angesichts der aktuellen Haushaltslage für nicht vertretbar. Entweder müssten Pflichtaufgaben des kommunalen Naturschutzes reduziert oder eine zusätzliche Planstelle geschaffen werden, so Otte. CDU, UWG/ Piraten, FDP, der Oberbürgermeister und der fraktionslose Michael Florysiak warnten vergeblich davor, damit ein " bürokratisches Monster zu füttern", wie Maria-Theresia Sliwka (FDP) es ausdrückte.

14 Fälle von Baumfrevel

CDU-Fraktionschef Fritz Brickwedde sieht " überhaupt keine Notwendigkeit" für eine Reglementierung. " Die ganz, ganz riesige Mehrheit der Osnabrücker pflanzt, hegt und schützt ihre Bäume", sagte Brickwedde in der Ratssitzung. Es gebe kein Problem mit dem Baumschutz, sagte Brickwedde. Deshalb solle die Stadt darauf verzichten, " Bürger zum Amt zu jagen und ihnen Geld abzunehmen".

Brickwedde zitierte aus einer Antwort der Verwaltung auf eine Anfrage der CDU: Demnach sind der Verwaltung in den vergangenen Jahren 14 Fälle von mutmaßlichem Baumfrevel bekannt geworden. Andererseits seien in den zurückliegenden drei Jahren 138 Bäume gespendet und gepflanzt worden. Osnabrück verfügt nach Brickweddes Angaben über 60 000 Bäume, davon sind 7000 durch Festsetzungen in Bebauungsplänen oder als Naturdenkmale geschützt. " Für den öffentlichen Bereich kann von einer Zunahme des Baumbestandes ausgegangen werden", zitierte Brickwedde die Verwaltung. Über die privaten Bestände hat das Rathaus keine Daten.

Wulf-Siegmar Mierke (UWG) sprach von einer " Bevormundung der Bürger" und einem " Popanz", der keinem nütze. Maria-Theresia Sliwka (FDP) verwies darauf, dass Osnabrück in den vergangenen 13 Jahren ohne Baumschutzsatzung sogar grüner geworden sei. In Städten wie Münster und Konstanz, wo Baumschutzsatzungen in Kraft sind, stimmten die Verwaltungen Baumfäll-Anfragen in über 80 Prozent der Fälle zu. " Das zeigt doch, dass das alles überflüssig ist." Sliwka warnte vor einem Gegeneffekt: " Bäume werden gefällt, bevor sie die Größengrenze erreichen."

Heiko Panzer (SPD) sagte, die Stadt brauche endlich eine Handhabe, wenn Bäume " aus niederen Beweggründen" gefällt würden. Nach zwei Jahren Diskussion über eine abgeschwächte Baum-Beratungssatzung werde jetzt mit der Satzung endlich ein konkreter Schritt zum wirksamen Schutz der Bäume gemacht. Die von Brickwedde zitierten 14 Fälle von Baumfrevel hätten nicht sein müssen, so Panzer. Die Satzung schaffe eindeutige Regeln und Strafen. Damit komme die Ratsmehrheit auch dem Wunsch vieler Bürger nach, die im Bürgerhaushalt einen besseren Baumschutz gefordert hatten.

Auch Jens Meier (Grüne) hält klare Regelungen und Sanktionsmöglichkeiten für unerlässlich. Bäume in Bebauungsplänen unter Schutz zu stellen sei gut und wichtig, aber kein umfassendes Mittel: " Das dauert einfach zu lange." Die Baumschutzsatzung schließe eine Lücke im Baumschutz.

Die Verwaltung hat einen Satzungsentwurf erarbeitet. Er wird nun dem Stadtentwicklungsausschuss zur Beratung vorgelegt, danach entscheidet der Rat. Die Satzung könnte noch im Winter in Kraft treten.

Pluspunkt oder Popanz? Diskutieren Sie mit: www.noz.de
Bildtext:
120 cm Stammumfang - das ist die Grenze: Bäume dieser Größenordnung sollen nur mit Genehmigung der Stadt gefällt werden dürfen.
Foto:
Michael Gründel

Baumschutzsatzung

Der Schutz gilt für Laubbäume ab einem Stammumfang von 120 Zentimeter (entspricht einem Durchmesser von 38, 2 Zentimeter). Für Nadelbäume setzt der Schutz ab zwei Meter Umfang ein. Ausgenommen sind Bäume in Wäldern, Baumschulen, Gärtnereien sowie Obstbäume, wenn sie Erwerbszwecken dienen. Auch in Kleingärten gilt die Regelung nicht. Wer einen Baum dieser Größenordnung beseitigen will, muss eine schriftliche Genehmigung beim Umweltamt einholen. Der Besitzer ist zu einer Ersatzpflanzung verpflichtet, kann sich aber in Ausnahmefällen von dieser Pflicht durch Zahlung von 300 Euro pro Baum befreien. Die Verwaltung schlägt angesichts der angespannten Haushaltslage vor, eine Bearbeitungsgebühr zu erheben, die zwischen 100 und 300 Euro pro Baum liegen soll.

Kommentar
Das Klima hat sich gewandelt

Die Baumschutzsatzung scheint irgendwie aus der Zeit gefallen zu sein. Ist es SPD und Grünen etwa entgangen, dass sich das Klima in den vergangenen Jahrzehnten spürbar gewandelt hat? Wir reden nicht vom Wetter, sondern über die Sensibilität der Menschen in Umweltfragen.

Sobald irgendwo in der Stadt die Motorsäge kreischt, klingelt im Umweltamt oder bei der Zeitung das Telefon. Skeptische Beobachter fragen sofort nach, ob die Fällaktion denn nötig und rechtens ist. Das zeigt, erstens, dass der heutigen Generation der Schutz der Grünzonen sehr wichtig ist, und, zweitens, dass die soziale Kontrolle funktioniert. Und wo der Politik das nicht genug ist, hat sie es selbst in der Hand, über Festsetzungen in Bebauungsplänen herausragende Gewächse unter Schutz zu stellen.

Die Menschen sind im Denken und Handeln weiter, als einige professionelle Umweltschützer meinen. Osnabrück bleibt auch ohne Baumschutzsatzung eine grüne Stadt. Deshalb: mehr Vertrauen, weniger Bevormundung, bitte.
Autor:
Wilfried Hinrichs
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