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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Das ist die Osnabrücker Luft
Zwischenüberschrift:
Gestank oder Düfte: Wie riecht die Stadt an der Hase?
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Viele kennen die Berliner Luft, jedenfalls den alten Schlager, der sie besingt. Aber was ist mit Osnabrück? Wir sind den Gerüchen in unserer Stadt einmal nachgegangen.
Hat Osnabrück einen eigenen Geruch? Eines ist sicher: Früher schon gab es Ecken in der Stadt, die einen ganz spezifischen, teilweise sehr beißenden und nicht von allen geschätzten Duft hatten. So wie die Bohmter Straße: Dort roch es fast immer nach Essig. Der Duft entströmte riesigen Bottichen, in denen Weingeist in milde Säure umgewandelt wurde. Der Grund dafür: Die Essigfabrik Kühne hatte an der Straße eine Filiale und produzierte rund 70 Jahre die doch sehr spezifisch duftende Flüssigkeit. In den besten Jahren sollen es bis zu zehn Millionen Liter Essig gewesen sein.
Doch Mitte 2004 wurde der Betrieb geschlossen, heute erinnert kaum noch etwas an die Fabrik. Wohnhäuser stehen nun da, wo einst bis zu 200 Mitarbeiter damit beschäftigt waren, Essig, Senf, Sauerkraut und eingelegte Gurken herzustellen. Der Geruch? Fortgeweht vom Lauf der Zeit.
Vergessen wie der Duft nach Essig ist noch ein anderer: der nach Bier und seiner Herstellung. Etwa dort, wo heute das Wohnstift am Westerberg steht, befand sich bis zum Jahr 1987 die Osnabrücker Aktien-Brauerei (OAB). 127 Jahre prägten sie und ihr Geruch diesen Teil der Stadt. 2011 erinnerte sich eine Leserin an Folgendes: " Seit 1923 lebe ich an der Bergstraße neben der Brauerei. Bis in die 50er- und 60er-Jahre kamen die Pferdewagen, um den Treber (Gerstenabfall) abzuholen. Der Geruch des Trebers war auf der Bergstraße besonders bei Südwestwind stark zu riechen." Heute erinnert nur noch wenig an Brauerei und Geruch.
Und Osnabrück heute? Natürlich gibt es immer noch Ecken, die ganz eigen riechen: so wie der Schlossgarten im Sommer, wenn an warmen Abenden die Grills ausgepackt werden. So unerlaubt wie das ist, wird es doch geduldet, und der Geruch von gebratenem Fleisch zieht vom Ratsgymnasium bis zum Schloss. Ebenfalls Würstchengeruch gibt es regelmäßig im Stadion an der Bremer Brücke zu erschnuppern, wenn der VfL Osnabrück eines seiner Heimspiele hat. Auch Bier und Zigaretten riecht man an diesen Tagen auf den Tribünen, denn viele Fans beruhigen ihre vom Verein manchmal arg strapazierten Nerven mit dem Glimmstängel.
Anders ist es in den Klubs der Stadt: Wo bis zur Einführung des Rauchverbots Mitte der 2000er-Jahre jeglicher Eigengeruch von einer Wolke aus Zigarettenrauch verdeckt wurde, riecht es heute nach Mensch, Schweiß, Alkohol und Deo. Das ist nicht immer schön, aber wenigstens gesünder. Am Wall hingegen und auf den Einfallstraßen riecht es besonders zu den Stoßzeiten des Verkehrs nach Abgasen, worüber sich nicht wenige Anwohner bitter beschweren. Ähnlich wie die, die in der Nähe der Klärwerke in Eversburg und Hellern wohnen. Wenn der Wind falsch weht, riecht es dort, vorsichtig ausgedrückt, nicht nach Rosenblüten.
Frischer ist da die Luft im Bürgerpark, wo es immer etwas moosig riecht, und im Frühling nach der aufkommenden Natur. Ein Geruch, der sich auch im Botanischen Garten findet, wo im Laufe des Jahres fast immer irgendetwas blüht oder das Tropenhaus seine Besucher mit einer Mischung aus Modder, Feuchtigkeit und undefinierbar Exotischem umhüllt. Spezifischer nach Dung hingegen riecht es an bestimmten Tagen am Schölerberg: Der Osnabrücker Zoo und seine tierischen Bewohner hinterlassen dann ihre eigene Duftmarke.
Doch nicht nur die Tiere, auch einige Menschen in Osnabrück tun zu mehreren Gegebenheiten alles dafür, ihr Revier zu markieren. Besonders der Ossensamstag ist für die Anlieger der Festivitäten immer wieder eine Herausforderung für Augen und Nase: Urinierende und sich übergebende Besucher finden leider nicht immer die nächste Toilette, und so erfüllt nicht selten ein übler Geruch und Anblick die Straßen der Innenstadt.
Beliebter bei den Bürgern der Stadt ist dann doch der Geruch von " Osnabrück isst gut", wenn es am Markt nach Köstlichkeiten riecht. Überhaupt ist der Duft von frischem Essen immer wieder ein olfaktorisches Highlight: Die diversen Märkte bieten ein endloses Gemisch an Gerüchen, die Jahrmärkte an der Halle Gartlage Osnabrück locken mit Zuckerwatte und gerösteten Mandeln, und zu Zeiten der Maiwoche riecht es schon mittags nach Bratgut.
Der Weihnachtsmarkt lockt ebenfalls damit, aber auch mit Glühwein und gerösteten Maronen. Sehr spezifisch und gut riecht es das ganze Jahr hindurch an der Krahnstraße, nämlich nach den Waffeln, die bei Leysieffer frisch gebacken werden.
Inwieweit diese bestimmt nicht vollständige Liste an Düften spezifisch für die Hasestadt ist, muss jeder selbst erriechen. Und doch erfüllen sie tagtäglich die Stadt und bilden so die noch unbesungene Osnabrücker Luft.
Bildtexte:
Die Jahrmärkte an der Halle Gartlage locken mit dem Duft von Grillgut, Zuckerwatte und Mandeln.
Auf den Einfallstraßen riecht es besonders zu den Stoßzeiten des Verkehrs nach Abgasen…
während die Luft im Bürgerpark vor allem im Frühling und Herbst immer etwas moosig ist.
Nicht erlaubt, aber meist geduldet: sommerliches Grillen im Osnabrücker Schlossgarten.
Das ehemalige Kühne-Werk verströmte bis 2004 Essiggeruch.
" Der Geruch des Trebers war auf der Bergstraße besonders bei Südwestwind stark zu riechen."
Großveranstaltungen können stinken.
Foto:
Archiv/ David Ebener, Archiv/ Arne Köhler, Archiv/ Michael Gründel, Archiv/ Jörg Martens, Archiv/ Michael Münch
Autor:
Corinna Berghahn
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