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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Kritik am Gutachten zum Neumarkt
 
Macht Internet das Center überflüssig?
Zwischenüberschrift:
Initiative: Gutachten zum Einkaufszentrum ignoriert aktuelle Entwicklungen
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Die centerkritischen Kaufleute fordern ein neues Gutachten über die Wirkung und Verträglichkeit eines Einkaufszentrums am Neumarkt. Die Daten, die den bisherigen Gutachten der Lübecker Firma Cima von 2010 und 2012 zugrunde lagen, seien nicht mehr aktuell, sagt die Initiative " Lebendiges Osnabrück". Die Centerkritiker haben auf eigene Kosten ein Büro beauftragt, die Aussagekraft des Cima-Gutachtens zu überprüfen. Die Gegengutachter kommen zu dem Ergebnis, dass die rasante Entwicklung des Internethandels, Osnabrücks überraschender Einwohnerschwund nach dem Mikrozensus und die mutmaßliche Umsatzumverteilung unzureichend berücksichtigt worden sind. Die Politik laufe Gefahr, eine Entscheidung auf falschen Grundlagen zu treffen.

Osnabrück. Die Gegner des geplanten Einkaufszentrums am Neumarkt stellen das wichtigste Gutachten zur Centeransiedlung infrage. Aktuelle Daten über den explosionsartig wachsenden Online-Handel und Ergebnisse des Mikrozensus seien darin nicht berücksichtigt.
" Wir machen uns Sorgen, dass die Politik auf der Basis veralteter Zahlen entscheidet", sagt Franz-Josef Westerholt von der Initiative " Lebendiges Osnabrück". Die centerkritischen Kaufleute beauftragten das Dortmunder Büro " Stadt + Handel" damit, das Cima-Gutachten über die Wirkung und Verträglichkeit eines Einkaufszentrums am Neumarkt auf seine Plausibilität zu überprüfen. Das Ergebnis sei alarmierend, sagen Franz-Josef Westerholt, Heiko Pohlmann und Hanno Garthaus von der Initiative. Das " sehr einseitige Gutachten" der Lübecker Firma Cima wecke falsche Erwartungen und ignoriere Gefahren vor allem durch den Online-Handel. Die Argumentation für die Ansiedlung eines Shoppingcenters sei nicht nachhaltig und in vielen Punkten nicht nachvollziehbar.
In drei Punkten setzt das Gegengutachten der Centergegner Fragezeichen: Online-Handel, Bevölkerungszahl, Umsatzverteilung.
Online-Handel: Die Gegengutachter sind der Meinung, dass das Cima-Gutachten das Kaufkraftpotenzial überschätzt, das der stationäre Handel in der Innenstadt erreichen kann. In dem Cima-Gutachten von 2010, das 2012/ 2013 aktualisiert wurde, werde die Entwicklung des Online-Handels nicht angemessen gewürdigt. Jährlich wächst der Online-Verkauf nach Angaben des Handelsverbandes Deutschland (HDE) um zehn bis 15 Prozent. Das auf Handel spezia lisierte Forschungsinstitut EHI geht davon aus, dass der Online-Anteil am gesamten Handelsumsatz bis 2025 auf ein Drittel ansteigt. Vor diesem Hintergrund müssten auch die Umsatzerwartungen des Einkaufszentrums überprüft werden.
Bevölkerungszahl: Das Cima-Gutachten legt für Osnabrück die amtliche Einwohnerzahl von 165 139 zugrunde. Diese Zahl ist inzwischen ins Wanken geraten. Laut Mikrozensus leben in Osnabrück 10 500 Menschen weniger. Daraus folgt nach Berechnungen der Gegengutachter, dass die zur Verfügung stehende Kaufkraft in Osnabrück (Stand 2012: 896 Millionen Euro) um 57, 6 Millionen Euro sinkt.
Zur Einordnung: Der Gesamtumsatz des Centers (erster Bauabschnitt mit 16 500 Quadratmeter Verkaufsfläche) wird auf 73 Millionen Euro pro Jahr taxiert. Alle Berechnungen im Cima-Gutachten basierten auf einer offenbar zu hohen Bevölkerungszahl und seien daher zu optimistisch.
Umsatzverteilung: Ein Viertel seines Umsatzes wird das Center laut Cima-Gutachten aus dem weiteren Umfeld generieren. Im Bekleidungsmarkt sind es rund 30 Prozent. Diese Annahmen zweifeln die Gegengutachter an. Gerade im Bekleidungssegment weise Osnabrück eine sehr hohe Zentralität auf. Das heißt, die Innenstadt schöpft den Markt bereits in einem hohen Maße aus. Weiteres Potenzial sehen die Gegengutachter nicht. Daraus folgt wiederum, dass das Center, stärker als von der Cima erwartet, seinen Umsatz aus dem direkten Umfeld in der Innenstadt abschöpft. Dass die Fachmarktzentren am Rande der Stadt Umsatz an das Center verlieren werden, sei im Cima-Gutachten nicht plausibel dargelegt.
Außerdem ignoriere Cima die städtebaulichen Folgen für den östlichen Teil der Innenstadt an Möser- und Wittekindstraße mit Galeria Kaufhof, Sportarena und Gutenberg-Passage. Cima richte den Blick vor allem auf die Nord-Süd-Achse Große Straße/ Johannisstraße und thematisiere zu wenig die unzureichende Anbindung des Centers an die südliche Johannisstraße. Daher bildeten die Cima-Daten " keine hinreichende städtebauliche Abwägungsgrundlage".
Die Gegengutachter schlagen deshalb vor, eine neue Analyse auf der Basis aktueller Daten zu erstellen und die städtebaulichen Folgen detaillierter zu würdigen.
Das Gutachten komplett: www.lebendiges-osnabrueck.de/
Bildtext:
Ist der Bau von Einkaufszentren noch sinnvoll, wenn immer mehr Umsatz in den Internet-Handel abfließt? Die centerkritischen Kaufleute warnen: Bei der Planung der Osnabrück-Arcaden (Bild) seien diese Gefahren nicht bedacht worden.
Grafik:
mfi

Cima-Gutachten

Die Cima Beratung und Management GmbH hat schon 2004 eine erste Wirkungs- und Verträglichkeitsanalyse für ein Center am Neumarkt erarbeitet. Damals wollte Deutschlands Center-Marktführer ECE ein Einkaufszentrum hinter dem Landgericht bauen. 2010 folgte die nächste Analyse, jetzt für das vom Essener Entwickler mfi geplante Center im alten Wöhrl-Komplex. Die Stadt wählte die Cima als Gutachter aus, bezahlt wurde die Expertise von Projektentwickler mfi. 2012 aktualisierte Cima das Gutachten. Der Grund: Weil mehrere Grundstücke nicht mehr zur Verfügung stehen, wurde das Center verkleinert. Cima ermittelte, dass das kleine Center " leistungsfähig und realisierbar" wäre, wenn mit dem Center neue Marken in die Stadt kommen und sich das Angebot von dem in der Innenstadt abhebt.

Kommentar
Berechtigte Sorgen

Die Sorgen der Osnabrücker Kaufleute sind nachvollziehbar, denn sie werden von allen Seiten in die Zange genommen. Amazon & Co. ziehen dem stationären Einzelhandel mit atemberaubenden Zuwachsraten Umsätze ab. Immer mehr Menschen genießen die Weihnachtsmärkte in den schönen Innenstädten, kaufen dann aber ihre Geschenke gemütlich auf dem Sofa mit einem Wisch übers iPad. Auf der anderen Seite greifen die Filialisten weiter aus und teilen die Innenstädte unter sich auf. Und dann sind da noch Centerentwickler, die in die Citylagen drängen und Wohlfühlshopping versprechen.

Der Osnabrücker Einzelhandel reagiert auf diese multiple Bedrohungslage nicht mit dem Ruf nach öffentlichem Schutz, sondern bringt sich mit alternativen Vorschlägen und kritischen Nachfragen in die Diskussion ein. So auch jetzt mit der Frage, ob das Cima-Gutachten wirklich noch die Realität abbildet.

Natürlich ist die Intervention der Kaufleute interessengesteuert. Das bestreitet niemand, das ist auch nicht ehrenrührig. Aber irgendwann ist die Zeit reif für eine politische Entscheidung, damit die Entwicklung nicht zum Stillstand kommt. Dieser Zeitpunkt ist beim Neumarkt längst erreicht.
Autor:
Wilfried Hinrichs


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