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1
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1.
Erscheinungsdatum:
29.08.2015
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
Alles schon mal da gewesen?
Zwischenüberschrift:
Der Umgang mit Asylsuchenden vor 25 Jahren war anders als heute
Artikel:
Originaltext:
Osnabrück.
In
diesen
Tagen
lesen
wir:
"
Flüchtlingsheime
massiv
überbelegt"
, "
Antragsflut
überfordert
Bundesamt"
, "
Kommunen
fordern
mehr
Geld
von
Land
und
Bund"
, "
Zusammenprall
zweier
Welten"
, "
Zustrom
von
Flüchtlingen
in
nie
gekanntem
Ausmaß"
.
Noch
nie
gekannt?
Die
Schlagzeilen
unserer
Tage
täuschen
darüber
hinweg,
dass
vor
einem
Vierteljahrhundert
alles
schon
einmal
da
gewesen
ist.
Vielleicht
nicht
genauso,
aber
ähnlich.
So
lauteten
Schlagzeilen
dieser
Zeitung
zwischen
Juni
1989
und
Dezember
1992:
"
Asylbewerber
kaum
noch
unterzubringen"
, "
600
Menschen
müssen
in
Notquartiere"
, "
Mehr
Hilfe
vom
Land
gefordert"
, "
Jetzt
sollen
Container
helfen"
, "
OB
Fip:
Osnabrück
ist
dicht"
, "
Zelt
ist
nicht
menschenwürdig"
, "
Schüsse
auf
Asylantenheim"
, "
Überwintern
im
Wohnwagen?
".
Damals
war
die
Zahl
der
in
Deutschland
Asylsuchenden,
die
in
den
1980er-
Jahren
zumeist
unter
100
000
pro
Jahr
gelegen
hatte,
plötzlich
steil
angestiegen.
Wie
kam
es
dazu?
Mehrere
Faktoren
überlagerten
sich:
Der
Warschauer
Pakt
und
damit
die
strengen
Grenzregime
lösten
sich
auf.
Mit
dem
Ende
des
Kommunismus
hob
sich
der
"
Eiserne
Vorhang"
,
und
die
Unzufriedenen
und
teils
weiterhin
Verfolgten
aus
Osteuropa
und
den
Nachfolgestaaten
der
Sowjetunion
fanden
Wege
in
den
Westen.
Die
Bürgerkriege
im
zerfallenden
Jugo
slawien
trieben
große
Mengen
in
die
Flucht.
Weiterhin
wurden
die
westdeutschen
Aufnahmekapazitäten
durch
zuwandernde
ehemalige
DDR-
Bürger
und
Russlanddeutsche
beansprucht.
Rechtsschutz
gekappt
Der
Höhepunkt
war
1992
mit
438
000
Anträgen
erreicht.
Danach
fielen
die
Zahlen
wieder.
Hauptgrund
dafür
war
die
1993
im
Rahmen
des
"
Asylkompromisses"
zustande
gekommene
Grundgesetzänderung.
Das
zuvor
quasi
unbegrenzt
gewährte
Asylgrundrecht
wurde
nun
in
wesentlichen
Punkten
eingeschränkt.
Seitdem
können
sich
etwa
Ausländer,
die
über
einen
EU-
Staat
oder
einen
sonstigen
"
sicheren
Drittstaat"
einreisen,
nicht
mehr
auf
das
Asylrecht
berufen.
Die
Verfahrensdauern
wurden
durch
Beschneidung
des
Rechtsschutzes
abgekürzt.
Auch
die
Beruhigung
der
Lage
im
ehemaligen
Jugoslawien
trug
dazu
bei,
dass
ab
1993
die
Antragszahlen
kontinuierlich
fielen.
Der
Tiefpunkt
war
2008
mit
28
018
Anträgen
erreicht.
Seitdem
steigen
sie
wieder
an,
was
bekanntermaßen
mit
den
großen
weltpolitischen
Konfliktherden
in
Nahost,
Mittelost
und
Afrika
zusammenhängt.
2014
stellten
202
834
Menschen
einen
Asylantrag.
Für
das
laufende
Jahr
hatte
das
Bundesamt
für
Migration
und
Flüchtlinge
(BAMF)
zunächst
die
Hochrechnung
450
000
abgegeben,
diese
aber
inzwischen
auf
800
000
korrigiert.
Keine
"
Mischbelegung"
Wenn
man
die
heutigen
Zahlen
mit
denen
zu
Beginn
der
1990er-
Jahre
vergleicht,
muss
man
feststellen,
dass
sie
heute
rund
doppelt
so
hoch
liegen.
Aber:
Vor
25
Jahren
brach
die
Flüchtlingswelle
unangekündigt
über
die
deutschen
Kommunen
he
rein.
Die
jahrzehntelang
nicht
für
möglich
gehaltene
deutsche
Wiedervereinigung
kam
genauso
überraschend
wie
die
Auflösung
des
ehemaligen
Ostblocks
und
Jugoslawiens.
Die
Gemeinwesen
mussten
in
allerkürzester
Zeit
Aufnahmestrukturen
schaffen.
Seit
1989
gab
es
zwar
das
"
Grenzdurchgangslager"
in
Bramsche-
Hesepe,
aber
es
war
mit
Spätaussiedlern
aus
der
Sowjetunion
ausgelastet.
Es
gab
die
durch
den
ersten
Teilabzug
der
Briten
frei
gewordene
Caprivikaserne
am
Westerberg,
aber
sie
war
ebenfalls
Spätaussiedlern
und
sogenannten
Kontingentflüchtlingen
vorbehalten
–
der
Bund
als
Betreiber
ließ
nicht
mit
sich
reden
und
wollte
keine
"
Mischbelegung"
.
Von
den
"
normalen"
Asylanten
musste
Niedersachsen
nach
dem
bundesweiten
Verteilungsschlüssel
9,
3
Prozent
aufnehmen
und
davon
wiederum
die
Stadt
Osnabrück
7,
9
Prozent,
entsprechend
1524
Menschen.
Das
gelang
der
Stadt
mehr
schlecht
als
recht.
Es
gab
zunächst
nur
die
schon
lange
überbelegte
Gemeinschaftsunterkunft
an
der
Bohmter
Straße.
In
großer
Hektik
wurden
nun
leer
stehende
Immobilien
oder
auch
dezentral
gelegene
Einzelwohnungen
gesucht.
Ein
Lagergebäude
an
der
Bohmter
Straße
wurde
angemietet,
Wohnwagen
auf
dem
Gelände
des
ehemaligen
Schweizerhauses,
am
Kanal
an
der
Haster
Schleuse
und
rund
um
die
vormalige
Jugendherberge
Tannenhof
in
Eversburg
aufgestellt.
Die
Turnhalle
der
Heiligenwegschule
musste
ebenso
herhalten
wie
ein
altes
Bürogebäude
der
Eisengießerei
Weymann
am
Petersburger
Wall.
"
Norwegerhäuser"
In
die
bunte
Palette
der
Notunterkünfte
reihten
sich
die
"
Niedersachsenschänke"
an
der
Tannenburgstraße,
die
ehemalige
Diskothek
"
Get
Crazy"
an
der
Lengericher
Landstraße
und
das
Hotel
"
Schwanenburg"
an
der
Bremer
Straße
ein.
Ein
städtisches
Grundstück
neben
dem
Sportpark
Illoshöhe
an
der
Bredowstraße
erlebte
nacheinander
erst
Zelte,
dann
Wohnwagen
und
schließlich
wintertaugliche
"
Norwegerhäuser"
in
Fertigbauweise,
die
übrigens
heute
noch
stehen
und
von
den
VfL-
Junioren
genutzt
werden.
Immer
wieder
appellierte
die
Stadt
an
die
Bürger,
Leerstände
zu
melden
und
eigenen
freien
Wohnraum
anzubieten.
Die
Osnabrücker
Hochschulen
freuten
sich
über
immer
mehr
Studenten,
aber
auch
die
mussten
irgendwo
unterkommen.
"
In
Osnabrück
fehlen
mindestens
3000
Wohnungen"
,
stellte
Sozialdezernent
Heinz
Fitschen
im
Januar
1991
fest.
Eine
Sammelunterkunft
am
Goethering
und
ein
Containerdorf
an
der
Gesmolder
Straße
schafften
etwas
Entlastung.
Manche
Vorschläge
wurden
von
Politikern
ins
Spiel
gebracht,
ohne
zuvor
die
Rechnung
mit
dem
Wirt
gemacht
zu
haben.
Der
Standortälteste,
Oberstleutnant
Hans-
Otto
Klos,
hielt
die
Tore
der
Kaserne
am
Hauswörmannsweg
eisern
geschlossen:
"
Hier
sind
Waffen
und
Munition
untergebracht,
allein
aus
Sicherheitsgründen
verbietet
sich
ein
Unterbringen
von
Asylbewerbern"
,
sagte
er.
Auch
der
Leiter
des
Bundeswehrkrankenhauses
an
der
Sedanstraße,
Oberstarzt
Dr.
Winfried
Kluge,
lehnte
ab,
da
sich
die
Aufnahme
von
Asylbewerbern
nicht
mit
der
notwendigen
Ruhe
und
den
Betriebsabläufen
eines
Krankenhauses
vertrage.
Frei
wäre
höchstens
das
unterirdische
Bunker-
Hospital,
aber
die
Möglichkeit
schloss
er
selbst
aus:
"
Familien
mit
Kindern
ohne
Tageslicht
mit
künstlicher
Klimatisierung
unterbringen
zu
wollen
wäre
nicht
zumutbar."
Molotow-
Cocktails
Die
ehemalige
Hebammenlehranstalt
an
der
Knollstraße
wollte
Eigentümer
Kabelmetal
auch
nicht
übergangsweise
zur
Verfügung
stellen.
Bei
der
Villa
an
der
Lürmannstraße,
die
als
Gästehaus
der
Universität
vorgemerkt
war,
wäre
der
Umbau
für
eine
vorübergehende
Nutzung
zu
teuer
geworden.
Hotelier
Schöpper
wäre
zwar
bereit
gewesen,
sein
Hotel
"
Himmelreich"
in
Nahne
an
die
Stadt
zu
verkaufen,
aber
Anwohnerproteste
schon
im
Vorfeld
ließen
ihn
davon
Abstand
nehmen.
Wie
stellten
sich
die
Osnabrücker
auf
ihre
neuen
Nachbarn,
die
auf
viele
Stellen
im
Stadtgebiet
verteilten
rund
1500
Asylsuchenden,
ein?
Schüsse
auf
das
Heim
an
der
Bohmter
Straße
im
Oktober
1991
und
Molotow-
Cocktails
gegen
einen
Container
am
Tannenhof
im
selben
Monat
richteten
nur
geringen
Sachschaden
an
und
blieben
untypische
Einzelfälle.
Den
Begriff
"
Willkommenskultur"
gab
es
noch
nicht,
dennoch
erreichten
die
neuen
Mitbürger
auf
Zeit
zahlreiche
Sachspenden
und
Hilfsangebote.
Initiativen
aus
dem
Umkreis
der
Martinskirche
in
Hellern
und
der
Bonnuskirche
an
der
Bredowstraße
wirkten
segensreich.
Der
Flüchtlingshilfeverein
"
Exil"
kritisierte
häufig
"
menschenunwürdige
Zustände"
in
einzelnen
Unterkünften
und
setzte
die
Verwaltung
dadurch
bisweilen
unter
Druck.
Mit
heftiger
Kritik
preschte
auch
Bürgermeisterin
Lioba
Meyer
vor.
Im
Februar
1992
bezeichnete
sie
es
als
"
beschämend"
und
"
skandalös"
,
dass
im
ehemaligen
"
Get
Crazy"
trotz
anderslautender
Zusagen
das
Sozialamt
wiederum
eine
fünfköpfige
rumänische
Familie
im
Schlafsaal
untergebracht
habe,
trotz
völlig
unzureichender
sanitärer
Anlagen,
fehlender
Trennwände
und
ohne
Bettzeug.
Am
Folgetag
lieferte
der
kommissarische
Sozialdezernent
Reinhard
Sliwka
eine
ganz
andere
Darstellung
des
Sachverhalts:
Eine
Roma-
Familie
mit
drei
Kindern
habe
sich
ohne
Wissen
des
Sozialamts
eigenmächtig
an
der
Lengericher
Landstraße
einquartiert.
Nachdem
die
Verwaltung
davon
erfahren
habe,
habe
sie
den
Sachverhalt
überprüft
und
festgestellt,
dass
der
Familienvater
bereits
in
einer
Landkreisgemeinde
gemeldet
sei
und
dort
auch
schon
Leistungen
bezogen
habe.
Die
Familie,
die
widerrechtlich
nach
Osnabrück
gezogen
sei,
sei
richtigerweise
an
den
Landkreis
zurückverwiesen
worden.
Weniger
zimperlich
Im
Vergleich
der
Berichterstattungen
zwischen
damals
und
heute
fällt
auf,
dass
damals
häufiger
"
Klartext"
geredet
wurde.
Während
heute
im
Zusammenhang
mit
unschönen
Vorkommnissen
in
der
Regel
keine
Nationalitäten
genannt
werden,
um
keine
verallgemeinernden
Vorurteile
zu
schüren,
war
man
damals
weniger
zimperlich.
Die
Begriffe
"
Asylmissbrauch"
und
"
Scheinasylanten"
standen
noch
nicht
auf
dem
Index.
Der
Leiter
der
städtischen
Einwohnermeldeabteilung
gab
im
August
1989
freimütig
bekannt,
dass
schwarzafrikanische
Asylbewerber
aus
Gambia
wegen
Handels
mit
Heroin
festgenommen
worden
seien
und
nun
auf
ihre
Aburteilung
und
anschließende
Abschiebung
warteten.
Auch
Nigerianer,
Senegalesen
und
Ghanaer
seien
bereits
wegen
Rauschgifthandels
aufgegriffen
worden.
Der
Heimleiter
der
Unterkunft
Gesmolder
Straße
bezeichnete
den
Konsum
von
Drogen
durch
Heimbewohner
als
Problem.
Vom
Tannenhof
wurden
mutwillig
zerstörte
Einrichtungsgegenstände
gemeldet.
Helleraner
Kaufleute
aus
der
Nachbarschaft
des
"
Get
Crazy"
wurden
ausführlich
mit
ihrer
Kritik
an
Übergriffen
seitens
der
Heimbewohner,
die
einen
tatsächlich
verrückt
werden
lassen
könnten,
zitiert.
Sachbeschädigungen,
Diebstähle
und
Hausfriedensbruch
ordneten
sie
ohne
Umschweife
"
den
Rumänen"
zu.
"
Massiv
bedroht"
Aus
der
"
Fischzucht
gegenüber
gestohlene
Fische"
würden
auf
dem
Firmengrundstück
eines
Autohandels
über
offenem
Lagerfeuer
gegrillt,
"
und
morgens
sieht
es
bei
uns
aus
wie
auf
einem
Schlachtfeld,
aber
von
der
Stadt
ist
natürlich
niemand
zuständig"
,
beklagte
sich
der
Autohändler
auf
einer
Anliegerversammlung.
Sozialamtsleiter
Udo
Kunze
räumte
ein,
dass
seine
Mitarbeiter
in
ihren
Amtsräumen
von
rumänischen
Asylsuchenden
"
massiv
bedroht"
worden
seien,
als
sie
offensichtlich
gefälschte
Personalpapiere
zurückwiesen.
Auch
die
Stellungnahmen
der
Ratsmitglieder
waren
damals
weniger
von
Mitgefühl
mit
den
Flüchtlingen
und
deren
Traumatisierungen
durchdrungen
als
heute.
Asylbewerber
wurden
weniger
mit
ihren
Einzelschicksalen
betrachtet
und
eher
als
zahlenmäßiges
Problem
aufgefasst,
das
es
zu
lösen
galt.
Man
muss
den
Politikern
vielleicht
zugutehalten,
dass
die
Mechanismen,
die
rechtsradikale
Gewalttaten
auslösen
können,
noch
nicht
so
bekannt
waren.
Die
schlimmen
Vorfälle
in
Mölln,
Rostock-
Lichtenhagen
und
anderswo
hatten
noch
nicht
stattgefunden.
Osnabrück
–
früher
und
heute:
Mehr
Informationen
und
mehr
Fotos
unter
www.noz.de
Bildtexte:
Die
Unterbringung
von
Flüchtlingen
in
der
abbruchreifen
Diskothek
"
Get
Crazy"
in
Hellern
löste
damals
auch
Kritik
aus.
Im
Oktober
1992
wandte
sich
diese
Demonstration
gegen
die
Verschärfung
des
Asylrechts.
Flüchtlingskinder,
die
1992
im
ehemaligen
Hotel
Schwanenburg
an
der
Bremer
Straße
untergebracht
waren.
Was
ist
wohl
aus
ihnen
geworden?
Die
Wohnwagen
für
Asylbewerber
standen
1990
am
Tannenhof
in
Eversburg.
Fotos:
Archiv/
Gert
Westdörp,
Michael
Hehmann,
Jörg
Martens
Autor:
Joachim Dierks