User Online: 3 | Timeout: 17:42Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
"Hut ab vor den Verwundeten"
Zwischenüberschrift:
August 1915: Buntmetall-Abgabe, Pferde-Aufkauf, Apfel-Diebstahl
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Mit dem Beginn des zweiten Kriegsjahres bekommen die Osnabrücker neben den bereits hinlänglich bekannten Rationierungen von Lebensmitteln nun auch die Auswirkungen des Mangels an bestimmten kriegswichtigen Rohstoffen zu spüren. Die alliierte Seeblockade zeigt Wirkung. Sie schneidet die Rüstungsindustrie vom Nachschub an solchen Stoffen ab, die nicht im Reich vorkommen und daher importiert werden müssen. Bleiben die Importe aus, bleibt als Ausweg nur die Heranziehung von im Lande vorhandenen Beständen.

Das " Osnabrücker Tageblatt" druckt die Bekanntmachung des Stellvertretenden Generalkommandos ab, nach der Buntmetall-Gegenstände in Privathaushalten und Firmen beschlagnahmt werden: " Alle Kupfer-, Messing- und Reinnickel-Gegenstände, gebrauchte und ungebrauchte, unterliegen der Meldepflicht, Beschlagnahme und Ablieferung", heißt es da. Auch die aus diesen Materialien hergestellten Geschirre und Wirtschaftsgeräte in Haushalten und Backstuben wie etwa Waschkessel, Badewannen, Kochmaschinen, Warmwasserschiffe in Kochherden, Mörser oder Türen an Kachelöfen gehören dazu. Die Übernahmepreise sind auf vier Mark pro Kilo Kupfer, drei Mark für Messing und 13 Mark für Nickel festgesetzt.

Zunächst besteht nur eine Meldepflicht. Die Gegenstände dürfen vorerst weiter benutzt, aber nicht verändert oder verkauft werden. Bei Übertretungen drohen bis zu sechs Monate Gefängnis und Geldstrafen bis 10 000 Mark. " Wer die Mühe der Bestandsmeldung vermeiden will, kann die beschlagnahmten Gegenstände auch gleich abliefern. Diese freiwillige Ablieferung muss bis zum 25. September erfolgen", schreibt die Zeitung.

Mit einer anrührenden Geschichte werden die Osnabrücker an ihre Pflicht erinnert, Verwundeten Achtung und Respekt entgegenzubringen: " In der Straßenbahn einer westdeutschen Großstadt steckt eine nach der Mode gekleidete Dame ihr Näschen in die Luft, schnuppert mit verhaltener Entrüstung und befiehlt dem Schaffner dann nachdrücklich: Sagen Sie dem Soldaten da, daß er sich auf die Plattform stellt ich kann den Karbolgeruch nicht vertragen.′ Es handelt sich um einen Verwundeten, der den Arm in der Schlinge trägt und gerade vom Verbinden kommt. Der Schaffner sieht in seine Betriebsordnung. Darin steht, daß Fahrgäste, die mit hervorstechenden Gerüchen behaftet sind, nur die Außenplätze benutzen dürfen. Eine Ausnahme für Krieger findet er nicht. Er sagt das dem Verwundeten. Der erhebt sich schweigend und tritt heraus. Das wiederum löst eine große Empörung unter den anderen Fahrgästen hervor. Die Dame sieht sich wüsten Beschimpfungen ausgesetzt und verlässt die Bahn an der nächsten Haltestelle." Und die Moral aus der Geschichte? " Wir sehen jetzt so viele Verwundete in der Stadt", schreibt das Blatt. " Vergessen wir nicht: Jeder einzelne von ihnen ist ein Held! Vor jedem von ihnen den Hut ab!"

Vor anderen Subjekten hingegen wird gewarnt. Landrat Carl von Wangenheim gibt bekannt: " England verdingt nachgewiesenermaßen durch Agenten in Deutschland verbrecherisches Gesindel, um die deutschen Korn- und Mehllager in Brand zu setzen oder in die Luft zu sprengen. Diese echt englische Niedertracht soll dem Aushungerungsplan unserer Feinde zum Erfolg verhelfen. Deutsche Wachsamkeit ist berufen, auch dieses hinterlistige Vorgehen zu vereiteln. Ich bitte alle Kreiseingesessenen, von etwaigen verdächtigen Beobachtungen auf dem schnellsten Wege Kenntnis zu geben."

Durch einen " Blitzstrahl" wird das Haus des Kolonen Meier zu Bergsten in Hollage in Brand gesetzt. Das Feuer greift mit solcher Heftigkeit um sich, dass nur mit knapper Not das Vieh gerettet werden kann. Lediglich ein zwei Tage altes Kalb weiß nicht wohin und fällt den Flammen zum Opfer.

Auch an der Meller Straße bekommt die Feuerwehr Arbeit. Der zum Haus Meller Straße 43 gehörende Pferdestall, ein Gebäude aus Holzfachwerk, gerät in Brand. Der Bereitschaftswehr gelingt es, das Feuer auf seinen Herd zu beschränken, doch brennt das Stallgebäude vollständig nieder. Das Feuer soll durch spielende Kinder verursacht worden sein. Pferde kommen nicht zu Schaden.

Pferde sind kriegswichtig und daher ein knappes Gut. Ein Pferdeaufkäufer ist unterwegs und inseriert: " Kaufe für Militärzwecke brauchbare Pferde, nicht unter 5 Jahre alt. Zahle für Nachweis Provision. J. Levi, z. Zt. in Osnabrück, Hotel Germania. (Im Besitz des Erlaubnisscheins vom Generalkommando des VII. Armeekorps.)"

Nicht fronttauglich sind allerdings Schimmel, da sie durch das helle Fell auch bei schwachem Licht " ein gutes Zielobjekt bilden". Ein Zeitungsschreiber bemerkt: " Auf dem Lande sieht man jetzt wieder viel den hannoverschen Schimmel. Jedenfalls hat man wohl noch nie so viele Schimmel in der Landwirtschaft gesehen, wie jetzt während der Kriegszeit. Er ist in der Kampffront nicht zu gebrauchen, deshalb sieht die Heeresverwaltung von einem Ankauf ab. Ebenso werden Beuteschimmel von ihr an die Landwirtschaft abgegeben."

Streng geht der Landrat mit Obstdieben um. Wer bei den Apfelbäumen an den Chausseen Fallobst bewusst herbeiführt etwa durch das Hineinwerfen von Steinen oder das Herunterziehen der Zweige mit Harken, begeht Diebstahl, der mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder entsprechender Haft geahndet wird.

Französische und englische Bezeichnungen sind zunehmend unerwünscht. Deutsche Namen lassen sich auch für Stoffe, Farben und Bekleidung finden, die vor dem Krieg meistens " feindliche" Namen trugen. Das " Tageblatt" druckt Auszüge aus einer Liste empfohlener Ersatzbegriffe ab: Chiffon = Seidenmull, Diagonal = Schräggewebe, Kamelott = Kamelhaargewebe, Trikot = Strickstoff, chamois = gemsfarbig, crême = elfenbein, Pelerine = Schulterkragen, Cape = Umhang, Bordüre = Kante, Plissé = Flachfalten, Korsett = Schnürleib oder Mieder, Manschette = Stulpe, Cutaway = Gesellschaftsrock.
Bildtext:
Dank und Ehre den Verwundeten! Die Wohlfahrtskarte aus dem Bestand des Kulturgeschichtlichen Museums Osnabrück zeigt Kaiserin Auguste Viktoria nach einem Gemälde vvon Artur Fischer als " Samariterin".
Autor:
Joachim Dierks


Anfang der Liste Ende der Liste