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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
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Überschrift:
Massen von Windstrom verpuffen ungenutzt
Zwischenüberschrift:
2014 hat Netzbetreiber Tennet in Niedersachsen 100 000 Megawattstunden "abgeregelt"
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück/ Bayreuth. Riesige Mengen Windstrom sind im Jahr 2014 in Niedersachsen nutzlos verpufft, weil das Netz sie nicht aufnehmen konnte. In diesem Jahr könnte sich die Menge des " abgeregelten" Stroms beim Übertragungsnetzbetreiber Tennet TSO verdreifachen. Die Verbraucher müssen dennoch dafür bezahlen.
Wie Tennet TSO unserer Redaktion auf Anfrage mitteilte, wurden in Niedersachsen im vergangenen Jahr schätzungsweise 100 000 Megawattstunden Strom " abgeregelt". Abregeln bedeutet unter anderem, dass überschüssiger Strom von speziellen Kondensationsspulen des Netzbetreibers aufgenommen und faktisch vernichtet wird.
Die Gesetzeslage verpflichtet Verbraucher, von den Netzbetreibern erhobene Netzentgelte für diesen Strom über ihre Stromrechnungen zu begleichen. Die Kosten des 2014 in Niedersachsen erzeugten, ungenutzten Stroms bezifferte Tennet mit etwa zehn Millionen Euro.
Noch höher waren die Summen 2014 im an Windkraftanlagen reicheren Schleswig-Holstein: Dort wurden laut Tennet TSO rund 220 000 Megawattstunden Windenergie abgeregelt. Bei den Verbrauchern schlug das mit rund 50 Millionen Euro zu Buche.
Von 2013 auf 2014 habe sich der Abregelbedarf verdoppelt, für das laufende Jahr rechnet Tennet für Niedersachsen und Schleswig-Holstein sogar mit einer Verdreifachung. " Der Grund ist der fortschreitende Zubau von Windkraftanlagen", sagte Tennet-Sprecher Matthias Fischer.
Die in Bayreuth angesiedelte Tochtergesellschaft des niederländischen Unternehmens Tennet ist einer von vier Übertragungsnetzbetreibern in Deutschland. Um die Netze stabil zu halten, musste zuletzt neben Tennet vor allem der Betreiber " 50 Hertz" eingreifen, der unter anderem für das windenergiereiche Bundesland Mecklenburg-Vorpommern zuständig ist. Südniedersachsen deckt zum Teil der Übertragungsnetzbetreiber Amprion ab. Er teilte auf Anfrage mit, er habe in den beiden vergangenen Jahren keinen Abregelbedarf gehabt.
Unterdessen schreitet der Windkraftzubau voran: 2014 kamen nach Angaben des Bundesverbands Windenergie 4750 Megawatt an Land dazu, dieses Jahr sollen es noch einmal bis zu 4000 Megawatt werden. Und dem europäischen Windenergie-Verband Ewea zufolge ist Deutschland im ersten Halbjahr 2015 in der EU erstmals als Wachstumsmarkt für Meeres-Windenergie an Großbritannien vorbeigezogen. Demnach wurden Offshore-Turbinen mit einer Kapazität von rund 1700 Megawatt angeschlossen.
Hauptgrund für das Abregeln von Windstrom ist laut Tennet: Es fehlen starke Übertragungsleitungen, die den Strom nach Süden transportieren können. Ihr Bau hakt besonders am Widerstand des Bundeslands Bayern, aber auch am Widerstand lokaler Bürgerinitiativen entlang der geplanten Trassen. (Mit dpa)

Der Nordwesten und die Energiewende: Hintergründe lesen Sie auf noz.de/ energie

Kommentar
Geringeres Übel

Man kann eigentlich nur die Hand vor den Kopf schlagen: Privatverbraucher zahlen über das Netzentgelt für Windstrom, den sie nie erhalten haben. Strom, der absichtlich vernichtet wurde, weil im Netz kein Platz für ihn war.

Das ist absurd, aber es gibt dafür Gründe. Der gewichtigste: Politiker wie auch Planer in Verwaltung und Wirtschaft haben das Hinterland unterschätzt. Sie hätten voraussehen müssen, wie aufwendig und politisch schwierig es ist, den im Norden reich geernteten Windstrom in Industrie- und Ballungsgebiete zu leiten, wo er in vollem Umfang verwertet werden kann. Stromtrassenbau ob Erdkabel oder Freileitung bedeutet Eingriffe in die Lebenswelt von Menschen.

Viel früher hätte diskutiert und vermittelt werden müssen, hätten Behörden, Unternehmen und Politiker aller Ebenen Überzeugungsarbeit leisten müssen. Stattdessen beschränkte sich die deutsche Energiedebatte lange auf die Stromerzeugung und deren Kosten.

Dennoch: Das Problem ist erkannt. Früher oder später wird der Windstrom dorthin fließen, wo er genutzt werden kann, werden auch neue Speichertechnologien helfen, das Missverhältnis zwischen Erzeugung und Verwertung zu beheben.

Verglichen mit den Kosten, die eine Verstromung von noch mehr Kohle, Uran und Plutonium verursachen würde, ist das Netzentgelt das geringere Übel.
Autor:
Christian Schaudwet, dpa


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