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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Ein würdiger Rahmen für den Abschied
Zwischenüberschrift:
Wie einer der letzten Sargbauer in der Region sich gegen die immer billigere osteuropäische Konkurrenz behauptet
Artikel:
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Originaltext:
Glandorf. Der Preiskampf unter den Sargbauern wird größer, weil die osteuropäische Konkurrenz immer billigere Produkte anbietet. Das Familienunternehmen Schmidt-Hendker aus Glandorf hat sich auf dem hart umkämpften Markt dennoch etabliert, weil es auch kurzfristig noch auf die immer individuelleren Kundenwünsche eingehen kann. Ein Besuch bei einem der letzten Sargbauer in der Region.

Sein Geschäft ist der Tod. Geschäftsführer Udo Mentrup ist dennoch gut gelaunt. Das liegt vielleicht daran, dass es in seinem Unternehmen betont familiär zugeht. An der Oberteilmontage des Sarges ertönt Reinhard Fendrichs Gassenhauer " Macho Macho" aus den Boxen, und in der Holzhalle riecht es nach Sägespänen. Das Ambiente hat nichts von Schwere, Tod und Trauer, sondern etwas Leichtes. Es ist die Unbeschwertheit einer Tischlerei, die in liebevoller Detailarbeit neue Möbel herstellt.

Das Besondere daran: Diese Möbel sind Särge. Der gelernte Tischlermeister und Holztechniker erklärt es so: " Eigentlich machen wir ja auch Möbel. Es sind eben nur Erdmöbel, die aus zehn Einzelteilen bestehen." Die 16 Mitarbeiter in der Produktion brauchen gut einen Tag, um aus fünf Quadratmeter Holz einen Sarg zu fertigen, sagt Udo Mentrup.

Er führt das Unternehmen bereits in dritter Generation. Vielleicht vergleicht er seine Sargfirma deshalb mit einer Tischlerei für Erdmöbel, weil Josef Hendker das Unternehmen 1898 als Tischlerei gründete. Erst Hendkers Schwiegersohn Clemens Schmidt stellte 1947 auf Sargproduktion um, weil er sich davon das bessere Geschäft versprach. Seitdem trägt der Sargbauer den Namen Schmidt-Hendker. Udo Mentrup übernahm den Betrieb vor zehn Jahren von seiner Mutter, der Kauffrau Annette Mentrup, die mit 65 Jahren immer noch für die Buchhaltung zuständig ist. Auch Udo Mentrups Ehefrau Sonja arbeitet im Betrieb und kümmert sich um das Marketing.
Das Unternehmen musste sich mit den Jahren umstellen. Nur noch wenige Fabriken arbeiten wie Schmidt-Hendker, kaufen das Holz selbst ein, verarbeiten, sägen, schnitzen und lackieren es bis zur Endveredelung und Auslieferung. " Die Ansprüche werden immer individueller. Vor 20 Jahren hatten wir nur Eichen- und Kiefernhölzer, jetzt haben wir noch Buche und Esche, amerikanische Rotkiefer und Mahagoni", sagt der 42-Jährige.

Tonnen von Holz lagern hinter ihm. Dann läuft er an einer Aluminium-Trockenkammer vorbei, in der das Holz künstlich auf neun Prozent Feuchtigkeit runtergetrocknet wird. Eine sogenannte Kappsäge schneidet die verschiedenen Holzarten auf die benötigten Längen für Deckbretter, Seiten-, Fuß- und Kopfstücke. " Man muss dabei bedenken, dass der Sarg konisch verläuft. Das heißt: Das Fußende ist schmaler", erklärt Mentrup.

Im Maschinenraum werden die Bretter aufgetrennt, klein geschnitten und zusammengelegt. Es gibt Stapel, die mit " Gute Deckel" beschriftet sind. " Das sind Deckel, bei denen man alles vom Holz sieht", erklärt Mentrup. An einer Leimstation klebt ein Mitarbeiter aus sechs einzelnen Brettern die Boden- und Seitenteile zusammen. Jedes Brett wird einzeln verarbeitet. Eine computergesteuerte CNC-Fräsmaschine schneidet den Deckel auf Maß und schnitzt verschiedene Muster. So entstehen 25 verschiedene Modelle und Oberflächen.

Weitere Maschinen sind für die Rillen und Schwünge der Seitenteile zuständig. " Allerdings nehmen die Schnitzungen immer mehr ab. Der Zeitgeist ändert sich. Heute sind eher schlichte Truhen gefragt", betont Mentrup, während ein Kollege flötend die verschiedenen Teile miteinander verleimt, mit Klammern fixiert und in eine sogenannte Korpus-Presse steckt. " Zudem kommen nachher noch Verstrebungen rein, damit die Erdstabilität gewährleistet ist", betont Mentrup. Schließlich müsse so ein Sarg eine Erdlast von fünf Tonnen aushalten. " Denn erst soll sich der Leichnam zersetzen und dann der Sarg."

Bevor er in die Lackiererei geht und die Särge in der Endmontage ein Spänebett bekommen oder mit Leinen ausgeschlagen werden, zeigt Mentrup seine Designer-Stücke, die in einer Lagerhalle auf die Auslieferung warten: ein dunkelbrauner Mahagoni-Sarg, ein in Hochglanz lackierter grüner Sarg und ein Sarg in schwarzem Klavierlack mit Chrombeschlägen. " Wir haben sogar schon zwei- bis dreimal in Hochglanz lackierte pinke Särge gemacht." Diese gingen dann ins Hamburger Rotlicht-Milieu", erinnert sich die 40-jährige Betriebswirtin Sonja Mentrup.

Solche Sonderanfertigungen hätten natürlich auch ihren Preis, weil der Hochglanzeffekt erst nach fünf bis sieben Schichten Lack entstehe. Die Sonderanfertigungen nehmen zu, weil die Wünsche für Särge immer individueller werden. Berufsstände wie Jäger beispielsweise ließen auch gerne lodengrüne Särge anfertigen. Für andere, wie zum Beispiel Fans des VfL Osnabrück, hätten sie auch schon lila Särge gefertigt. " Das ist unsere Nische. Wir fertigen individuelle Oberflächen und liefern diese kurzfristig", hat Udo Mentrup erkannt und resümiert: " So versuchen wir der Abschiednahme mit unserem Produkt den bestmöglichen Rahmen zu geben. "
Bildtexte:
Udo Mentrup ist der Geschäftsführer der Sargfabrik Schmidt-Hendker. Er führt das Familienunternehmen bereits in dritter Generation. Nur noch wenige Sargbauer arbeiten wie die Firma aus Glandorf, kaufen das Holz selbst ein, verarbeiten, sägen, schnitzen und lackieren es bis zur Endveredelung und Auslieferung.
Sonja Mentrup kümmert sich um das Sarg-Marketing.
In der eigenen Lackiererei können die Särge mit fünf bis sieben Schichten in Hochglanz lackiert werden.
In der Oberteilmontage geht es betont locker zu, während der Gassenhauer " Macho, Macho" aus den Boxen ertönt.
Eine Kappsäge kappt das Holz im ersten Schritt auf die Längen für Deckbretter, Seiten-, Fuß- und Kopfstücke.
Sargfabrik Schmidt-Hendker, Herr Mentrup, 8. November 2013;
Fotos:
Elvira Parton
Autor:
Jean-Charles Fays


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