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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Thema der Woche: Friedhöfe
 
Streit um wackelige Grabsteine
Zwischenüberschrift:
Gestern felsenfest, heute lose: Hinterbliebene zweifeln an städtischer Prüfmethode
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Mit dem Streit zwischen Hinterbliebenen und Verwaltung um wackelige Grabsteine auf Osnabrücker Friedhöfen starten wir in der heutigen Ausgabe das Thema der Woche " Leben mit dem Sterben". Darin geht es um Fragen rund um die letzte Ruhestätte.

Osnabrück. Ein greller Aufkleber am Grabstein verheißt nichts Gutes: Auf diese Weise mahnt die Stadt Osnabrück die Befestigung eines losen Grabmals an. Manchen Hinterbliebenen stößt diese Aufforderung sauer auf. Erst recht, wenn sich der Vorgang jährlich wiederholt. Sind die Kontrollen der Friedhofsverwaltung zu streng?

2002 beerdigte Hardy Siefker auf dem Schinkeler Friedhof seine Mutter. Ein hüfthoher Stein erinnert an sie. Zehn Jahre lang stand der Granit felsenfest gesichert durch einen ellenlangen verzinkten Stahldübel, der vom Stein durch den Sockel bis ins Fundament reicht. Dann ergab eine städtische Routinekontrolle im Herbst 2012: " Grabstein lose, Unfallgefahr. Bitte umgehend befestigen lassen." So las es Siefker auf jenem orangefarbenen Aufkleber, den die Friedhofspatrouille in solchen Fällen am Stein zu hinterlassen pflegt und er kam dieser Aufforderung umgehend nach.

84-seitige Anleitung

Jetzt, ein knappes Jahr und eine weitere Prüfung später, ist der Stein wieder locker und Siefker wütend. Sein Verdacht: Der Prüfer selbst brach das Grabmal vom Sockel, als er unlängst mit seinem Messgerät dagegendrückte. Möglicherweise habe auch der Steinmetz seines Vertrauens beim letzten Mal schlampig gearbeitet, denn die schadhafte Stelle scheint dieselbe zu sein wie damals. Die neuerliche Reparatur will Siefker jedenfalls nicht ohne Weiteres bezahlen die 90 Euro vom vergangenen Jahr haben ihm gereicht.

" Ich weiß, dass der Stein vor der Prüfung fest war. Da konnte man sich bequem dranlehnen. Der ist ja nicht mal beim Orkan umgefallen!", sagt Siefker. Er hält die Prüfmethoden der Stadt für überzogen. " Die nehmen es zu genau." In der Tat liegt dem Verfahren in Osnabrück ein 84-seitiges Regelwerk zugrunde, das selbst erfahrene Handwerksmeister schlucken lässt: die Technische Anleitung zur Standsicherheit von Grabmalanlagen, kurz TA Grabmal. Entwickelt wurde sie von der Deutschen Naturstein-Akademie in Kaiseresch (Rheinland-Pfalz), und ihre Anwendung ist gedeckt durch die Unfallverhütungsvorschrift VSG 4.7 " Friedhöfe und Krematorien" der Gartenbau-Berufsgenossenschaft. Die wiederum schreibt nach einer Reihe schwerer Unfälle seit 2009 einen jährlichen Standsicherheitstest von Grabsteinen vor. Wackelige Grabmale sind zu sichern oder zu entfernen, heißt es in Paragraf 9. Konkret verlangt die TA Grabmal Abnahme- und Wiederholungsprüfungen für Grabsteine zwischen 50 und 120 Zentimeter Höhe. Dabei müssen die Male je nach Größe mindestens zwei Sekunden lang einer Gebrauchslast von 300 bis 500 Newton standhalten. Das entspricht in etwa einem Druck von 30 bis 50 Kilogramm. Während bei kleineren und historischen Grabsteinen eine Sichtkontrolle und Prüfung von Hand genügt, kommt bei den größeren ein Spezialgerät zum Einsatz ein sogenannter Kipptester, der an einem festgelegten Punkt horizontal gegen das Grabmal presst. Das Gerät soll die Gleichmäßigkeit der Prüfungen gewährleisten und Beschädigungen vermeiden, wie sie bei einem Test durch Rütteln entstehen können.

Nach Auskunft von Eva Güse, Leiterin der Abteilung Bestattungswesen/ Friedhöfe beim Osnabrücker Servicebetrieb (OSB), verfügt die Stadt über zwei solcher Apparate zum Stückpreis von über 1000 Euro. Eine Fehlbedienung sei praktisch ausgeschlossen und damit höchst unwahrscheinlich, dass der Prüfer selbst Siefkers Grabstein beschädigt hat. Grabsteine können durch Witterungseinflüsse wie Frost, Hitze und Regen, aber auch durch Setzung ihre Standfestigkeit verlieren, heißt es. Matthias Pufe, Geschäftsführer des Osnabrücker Steinmetzbetriebs Granit Pufe, bestätigt: " Je nachdem, wo sich der Stein löst, besteht Lebensgefahr!" Meist nage der Zahn der Zeit tief unten an den Fundamenten. Oberirdische Schäden am Sockel wie im Fall Siefker seien die Ausnahme, aber vordringlich zu beheben. Denn bei Gefahr im Verzug ist die Stadt befugt, den Grabstein hinzulegen.
Bildtexte:
Erst vor einem Jahr ließ Hardy Siefker den Grabstein seiner Eltern auf dem Schinkeler Friedhof befestigen. Jetzt wackelt der Granitklotz schon wieder, und ein orangefarbener Aufkleber mahnt zur Reparatur.
Unfallgefahr durch lose Grabsteine.
Fotos:
Klaus Lindemann

Zur Sache
Von insgesamt 25 400 Gräbern auf den elf genutzten Friedhöfen der Stadt sind laut Schätzung des Osnabrücker Servicebetriebs ungefähr zwei Drittel mit Grabsteinen versehen. Davon seien etwa drei Prozent zu beanstanden. Macht 500 schadhafte Grabsteine pro Jahr.
Autor:
Sebastian Stricker


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