User Online: 2 | Timeout: 05:34Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Als die Düte im Wohnzimmer stand
 
"Das Haus zu verlassen war das Schlimmste"
Zwischenüberschrift:
Bei Starkregen kommt die Erinnerung
 
Vor fünf Jahren meldete Wissingen Land unter – 74 Zentimeter Hochwasser im Wohnzimmer
Artikel:
Kleinbild
 
Kleinbild
 
Kleinbild
 
Kleinbild
 
Kleinbild
 
Kleinbild
 
Kleinbild
Originaltext:
Georgsmarienhütte. Das Wasser kam in der Nacht vom 26. auf den 27. August 2010: Damals wurden in Georgsmarienhütte unter anderen die Familien Breer-Korte und Berg-Borker sowie der Marien-Kindergarten Opfer eines starken Hochwassers.
Anfangs war Thomas Korte noch zuversichtlich, dass ein Absperrventil für die Oberwasserentwässerung und eine 60 Zentimeter hohe Mauer im Garten das Haus seiner Familie an der Eisenbahnstraße genügend sichern würden: " Ich habe gedacht, wir kommen vorbei", so Korte, der zunächst anderen Nachbarn half. " Wir waren das letzte Haus", ergänzte seine Frau Martina Breer-Korte. Doch als das Wasser gekommen sei, hätten sie keine Chance mehr gehabt.
Gemeinsam mit der Feuerwehr konnten die beiden nur noch den Trockner und die Waschmaschine aus der gerade fertig renovierten Waschküche retten, dann flutete das Wasser den Keller und die Garage. Dort stand es bald 1, 70 Meter hoch.
Als das Wasser schon wieder abgeflossen war, saßen die Kortes noch zwei Tage im Dunkeln, weil die Elektrik ausgefallen und die Rollläden beim Hochwasser unten waren. " Und weil die Heizung kaputt war, mussten wir zum Duschen in die Michaelisschule", so Breer-Korte.
Nach dem Wasser kam das Aufräumen: Fast den gesamten Inhalt ihres Kellers musste die Familie entsorgen unter anderem alte Dias waren nicht mehr zu retten.
Während Breer-Kortes schon abends mit dem Hochwasser kämpften, ging Familie Berg-Borken im Eschholz nichts ahnend zu Bett.
Doch in der Nacht wurde Antje Berg von einem Geräusch wach: " Ich dachte, da stimmt was nicht." Sie hatte recht, das Wasser kam. " Wir haben in Windeseile die Autos höher gefahren", erklärte ihr Mann Siegfried Borker hinzu. Dass Berg auch noch die Tornister ihrer Söhne Robin (14) und Finn (11) rettete, sorgte bei diesen für widersprüchliche Reaktionen.
" Von der Treppe im Haus aus sahen wir, dass das Wasser vor der Tür 50 Zentimeter hoch stand, und innerhalb von 15 Minuten war unser Haus voll Wasser", so Borker. " Wir waren absolut machtlos und völlig überrascht."
Was die Beseitigung der Schäden anging, hatten Berg-Borkers mehr Glück als die Breer-Kortes: Während die Familie in der Eisenbahnstraße vor dem Hochwasser keine Elementarversicherung abschließen konnte und somit nichts erstattet bekam, hatten Berg-Borkers zumindest eine Gebäude-Elementarversicherung.
Die Sanierung ihres Hauses dauerte mehrere Monate und forderte von allen starke Nerven und Improvisationstalent: " Weil die Luft durch die Kondenstrockner wahnsinnig schwül war, habe ich nur noch in Scheiben abgepacktes Brot wie im Flugzeug gekauft", berichtete Berg.
Außerdem investierte die Familie in ein professionelles Hochwasserschutzsystem und zusätzlich eine Elementar-Hausratversicherung.
Erst am Morgen des 27. August 2010 entdeckten die Mitarbeiterinnen des Oeseder Marienkindergartens den Hochwasserschaden der Kita: Deren Gelände hatte sich in einen See verwandelt, und in den Gebäuden stand das Wasser 70 Zentimeter hoch. " Ich habe auf vier Wegen versucht, zum Kindergarten zu kommen, vergebens", berichtete Luise Uhlmann. " Der Pastor hätte Boot fahren können", ergänzte Beate Westenberg-Schulhof.
Die Frauen starteten mittags einen Versuch, zu retten, was zu retten war. " Als ich die Tür aufschloss, kam uns alles entgegen, unter anderem Gummistiefel, Spielsachen und Puschen", berichtete die Rendantin Kirsten Riedmann. Aber auch die Kindergartenmappen der Kinder sowie Fachbücher der Mitarbeiter wurden Opfer der Fluten. " Und vieles, was wir zuerst aufbewahrt hatten, haben wir später doch weggeworfen, weil die Sachen zu stark rochen", erinnerte sich Renate Krause, und Westenberg-Schulhof fügte hinzu: " Zum Beispiel die Turnmatten konnten nicht desinfiziert werden."
Das große Aufräumen begann am Tag nach dem Hochwasser mit der Unterstützung von über 100 freiwilligen Helfern. Und auch in der Folgezeit nahmen beispielsweise Eltern Tische oder Stühle mit nach Hause, um sie dort abzuschleifen. Da das ganze Gebäude saniert werden musste, zogen die meisten Kita-Gruppen in Ausweichquartiere und konnten erst im April 2011 in ihre alten Räumlichkeiten zurück.
Die Kita-Mitarbeiterinnen waren sich einig: " So etwas brauchen wir nie wieder." Wie bei den anderen Betroffenen auch kommt die Erinnerung ans Hochwasser wieder, sobald es stärker regnet.

Bildergalerie auf www.noz.de
Bildtexte:
Im Keller und in der Garage des Hauses von Thomas Korte in der Eisenbahnstraße stand das Wasser 1, 70 Meter hoch.
Siegfried Broker und Antje Berg investierten nach dem Hochwasser 2010 in ein Hochwasser-Schutzsystem vom Profi .
Renate Krause, Kirsten Riedmann, Beate Westenberg-Schulhof, Luise Uhlmann und Claudia Rohlauf von der Kita.
Thomas Korte Eisenbahnstraße
Familie Berg/ Borker Escholz - Hochwassermarke
Familie Berg/ Borker Escholz für vorher/ nacher Variante 2
Fotos:
Claudia Sarrazin

Bissendorf. Gisela und Günther Kameier gönnen sich ihre Kaffeepause in der Idylle ihres Gartens. Vor der Terrasse steht ihr privater Wasserstandspegel Marke Eigenbau. Grün, gelb, rot, so die Markierung. " Gelb bedeutete früher: allmählich die Teppiche aufrollen", berichtet Gisela Kameier. " Das passiert bestimmt nie wieder", beruhigt ihr Mann Günther.
Vor fünf Jahren war an dieser Stelle nichts mehr von Garten, Terrasse, Hecke oder Pegel zu sehen. Das Haus der Kameiers war beim Hochwasser komplett überflutet worden. Es gibt Tage, die man nie vergisst. Ein solcher Tag ist für Gisela und Günther Kameier der 27. August 2010. Nachts um drei Uhr klingelte sie die Feuerwehr aus dem Bett. Sie wurden vor dem Hochwasser gewarnt, das einige Stunden später ihr Haus an der Kleinen Mühlenstraße überfluten würde. Ähnliches hatte die Familie bereits 1998 erlebt. Auch zwischendurch stand nach starken Regenfällen das Wasser vor der Haustür. Jetzt kam es noch schlimmer. Am 27. August stieg der Wasserstand im Erdgeschoss auf 74 Zentimeter an. Am Mittag dieses Tages wurden die Kameiers per Schlauchboot evakuiert. Bis dahin hatten sie sich beharrlich geweigert, ihr Haus zu verlassen. " Dieser Moment war der schlimmste. Das Haus zu verlassen, das war wirklich das Schlimmste an diesem Tag", sagt Gisela Kameier, es ist offensichtlich, dass die Schrecken dieses Tages noch immer lebendig sind. " Vielleicht hätten wir doch im Obergeschoss bleiben können, aber es ging ja nichts mehr, keine Toilette, kein Strom, nichts", so Günther Kameier.
Schon einen Tag später kehrte das Ehepaar in sein Haus zurück. Von der Einrichtung konnte es kein Stück retten, vieles vom Hausrat war nicht mehr nutzbar. Vier Monate dauerte es, bis die Kameiers ihre renovierte und neu eingerichtete Wohnung beziehen konnten. Kurz vor dem 80. Geburtstag des Hausherrn war es so weit. Bis dahin hatten sie bei der Tochter im Obergeschoss gelebt.
" So etwas möchte ich nie mehr erleben", sagt der Wis singer, und dann kommt von ihm ganz viel Lob und Dankbarkeit: Verwandte, Nachbarn und die Gemeinde
haben geholfen, mit Versicherungen und Handwerkern habe alles bestens geklappt.
" In den letzten fünf Jahren haben wir schön ruhig gelebt", erzählt seine Frau Gisela. Allerdings schaute sie mit mulmigen Gefühlen auf den Privatpegel, als es vor zwei Wochen wieder stark regnete. " Überhaupt keine Gefahr mehr, das Wasser lief in den Gräben sehr ruhig ab", meint Günther Kameier mit der Erfahrung von mindestens drei Hochwassern. Das sei wohl ein gutes Ergebnis der
Hochwasserschutzmaßnahmen flussaufwärts der Wierau. " Die Flutmulde und die Spundwand bringen wohl eine ganze Menge", so der 84-Jährige.
Bildtexte:
Günther und Gisela Kameier genießen heute die Idylle ihres Gartens. Direkt dahinter verläuft die Bahnlinie. 2010 stand das Wasser in Höhe der Gleise.
Die Rettung: Mit dem Schlauchboot wurden die Kameiers in Sicherheit gebracht. " Das Haus zu verlassen, das war wirklich das Schlimmste."
Fotos:
Bärbel Recker-Preuin
Autor:
Claudia Sarrazin, b.r.


Anfang der Liste Ende der Liste