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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Von der Baracke ins Paradies
Zwischenüberschrift:
Die Rückertschule galt 1956 als schönster Nachkriegs-Schulbau Osnabrücks
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Was bei diesem Einst-und-jetzt-Bildvergleich als Erstes ins Auge fällt, sind die vielen Baumkronen jetzt, wo vorher nichts war. Auf dem aktuellen Bild sieht man vor lauter Bäumen fast nichts mehr von der Rückertstraße, die oben rechts parallel zum Hauptgebäude der Rückertschule verläuft. Ansonsten ist die Bausubstanz der Schule über die Zeitspanne von fast 60 Jahren die alte geblieben. 2012 kam lediglich der Erweiterungsbau für Kita und Grundschulen hinzu. Es ist der etwas längere Gebäuderiegel unten links auf dem neuen Foto.

Einheitliche Dachform und - farbe bewirken, dass man Alt- und Neubau aus der Luft nicht unterscheiden kann. Die Satteldach-Architektur der 1950er-Jahre genießt heute wieder eine größere Wertschätzung. Wäre die Rückertschule zehn Jahre später gebaut worden, hätte sie vermutlich ein Flachdach bekommen wie fast alle Schulneubauten der 60er- und 70er-Jahre. Das alte Foto lässt erkennen, dass die Rückertschul-Satteldächer sich gut in die umgebende Bebauung einfügen. In direkter Nachbarschaft der Schule standen 1956 noch landwirtschaftliche Gebäude. Der Hofkomplex oben links, zwischen Ernst-Sievers-Straße und In der Barlage, musste etwa zwei Jahre später dem Neubau der Elisabethschule weichen. Ganz links oben in der Ecke ist der Turm der 1953 geweihten Elisabethkirche zu erahnen.

Der ausgreifend gegliederte, lichte Gebäudekomplex der Rückertschule muss beim Einzug 1955 auf die Schulgemeinschaft wie die Ankunft im Elysium gewirkt haben. Denn sie kam aus der Baracke. 18 Jahre lang war die erste Schule am Westerberg nur ein notdürftiger Behelf. 1937 hatte die Stadt dem Drängen der stark angewachsenen Elternschaft im Musikantenviertel nachgegeben und die " Lieneschwegschule" in einer hölzernen Baracke ins Leben gerufen. Die Eltern wollten ihren Kindern nicht den weiten Weg zur Altstädter Volksschule am Rißmüllerplatz zumuten. Deshalb kam es zur Gründung einer Außenstelle der Altstädter Volksschule mit drei Klassenräumen, einem kleinen Lehrerzimmer und einem Abstellraum.

Nach dem Krieg stiegen die Schülerzahlen drastisch an, einerseits durch den Zustrom Heimatvertriebener aus den Ostgebieten, andererseits durch Zwangseinquartierungen ausgebombter Osnabrücker in der relativ wenig zerstörten Weststadt. Die zur achtklassigen Volksschule gewordene Lien eschwegschule platzte aus allen Nähten, trotz wechselweisen Unterrichts am Vormittag und am Nachmittag. Klassenstärken von bis zu 60 Schülern waren keine Seltenheit.

Um 1950 legten Eltern und Lehrer mit Hand an, um anstelle der Baracke einen Steinbau zu errichten und so die Raumnot etwas zu lindern. Dieser Steinbau wurde später zur Keimzelle des Kindergartens an der Flohrstraße.

Für die Volksschule nahm die Raumnot ein vorläufiges Ende, als der Schulneubau an der Rückertstraße 1955 bezogen werden konnte. Die qualitätvolle Architektur des Neubaus mit dem gediegenen Uhrentürmchen auf dem Dach, dem für damalige Begriffe großzügig verglasten Treppenhaus und der konsequenten Fensterteilung wurde viel gelobt. Rektor Gustav Meyer und das Kollegium setzten sich dafür ein, dass die erste neue Gemeinschaftsschule in der Stadt den Namen Rückertschule bekam.

Die Schülerzahlen stiegen steil an und erreichten 1974 den Höhepunkt, als 60 Lehrer 1400 Kinder unterrichteten. Neun Containerklassen mussten aufgestellt werden. Danach wurde die niedersächsische Schullandschaft neu sortiert und die Aufteilung in Grundschulen und weiterführende Schulen vorgenommen. Die Rückertschule gab die auslaufenden oberen Klassen der Volksschule an das neu erstandene Schulzentrum " In der Wüste" ab. Dadurch wurde im Obergeschoss Platz geschaffen für einen bis heute in guter Symbiose dort einquartierten Dauergast: die Elisabethschule. Die katholische Bekenntnisschule war genau wie die Rückertschule zu einer Grundschule herabgestuft worden. Ihr ebenfalls an der Rückertstraße gelegenes Schulgebäude war dadurch überdimensioniert. Die Elisabethschule räumte ihren 1959 bezogenen Neubau und übergab ihn 1975 an die Montessorischule, eine Förderschule für Kinder mit geistiger Behinderung.

Derzeit teilen sich 234 Elisabethschüler und 171 Rückertschüler das Gebäude. Die Absprachen zwischen beiden Schulen, wenn es etwa um die Nutzung nur einmal vorhandener Funktionsräume, der Sporthalle oder des Pausenhofs geht oder auch um die Organisation von Schulfesten und Weihnachtsfeiern, gelinge stets reibungslos, hört man aus den Schulleitungen. Elternvertreter sprechen von einem Stück guter, gelebter Ökumene unter einem gemeinsamen Dach. Eigentlich auch kein Wunder, wenn man die ähnlich verlaufenen Schulgeschichten nebeneinander- hält. Auch die Elisabethschule wurde in Notzeiten in einer Baracke gegründet, die Eltern und Lehrer großenteils nach Feierabend in Eigenleistung erstellt hatten. Sie stand von 1947 bis 1959 an der Augustenburger Straße.
Bildtexte:
Rückertschule um 1956 mit Turnhalle (oben links), Verwaltungstrakt und Hausmeisterwohnung (rechts) und den Klassentrakten (unten), die durch einen überdachten Gang mit dem Hauptgebäude verbunden waren. Die Ernst-Sievers-Straße, früher als " Kastanienallee" bekannt, verläuft in etwa parallel zum oberen Bildrand. Ansichtskarte der Hamburger Aero-Lloyd GmbH
Rückert- und Elisabethschule 2013. Unten links erstreckt sich der Ergänzungsbau von 2012. Die Rückertstraße verläuft rechts oben parallel zum Hauptgebäude.
Foto:
Gert Westdörp
Autor:
Joachim Dierks
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