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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
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Überschrift:
Als Deserteur erschossen
Zwischenüberschrift:
Stolperstein erinnert an Hermann Heinrich Möllenkamp
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Seine Henker protokollierten das Todesdatum: Es war Donnerstag, der 2. Juli 1942, im Fliegerhorst Posen, als Hermann Heinrich Franz Möllenkamp frühmorgens vor das Erschießungskommando treten musste. Als er starb, war es 4.55 Uhr. Ein Feldgericht hatte ihn wegen Fahnenflucht zum Tode verurteilt weshalb, ist nicht überliefert. Jetzt erinnert ein Stolperstein an das Opfer der NS-Militärjustiz. Der Osnabrücker wurde nur 31 Jahre alt.

Hermann Möllenkamp stammte aus einer katholischen Familie. Sein Vater war Eisenbahn-Wagenaufseher. Er selbst wurde kaufmännischer Angestellter. Im Juli 1939 keine zwei Monate vor dem Überfall der Wehrmacht auf Polen und dem damit beginnenden Zweiten Weltkrieg heiratete er Agnes Wallenhorst. Das Ehepaar wohnte an der Wittekind straße 1. Heute befindet sich dort kein Haus mehr. Wo es einst stand, zwischen dem Sparkassengebäude und der Hase, beginnt jetzt der Haseuferweg.

Während des Krieges diente Hermann Möllenkamp als Gefreiter in Polen. Der Name seiner Einheit lautete: " 12. Kompanie Luftgau-Nachrichten-Regiment 2 Litzmannstadt." Litzmannstadt die Nationalsozialisten hatten die Stadt Lodz 1940 zu Ehren eines preußischen Generals umbenannt.

Im Februar 1942 kam Hermann Möllenkamp in ein Reserve-Lazarett in Posen. Es war von psychischen Auffälligkeiten die Rede. Anschließend musste er in eine Arrestanstalt. Im April 1942 verurteilte ihn das " Feldgericht des Kommandierenden Generals und Befehlshabers im Luftgau II Posen" zum Tode.

Was dem Urteil vorausgegangen war, ist nicht überliefert. Es bedurfte aber nicht viel, um in Ungnade zu fallen. Während des Zweiten Weltkriegs mussten sich Hunderttausende Soldaten vor der Militärjustiz verantworten. Es fielen 30 000 Todesurteile wegen " Fahnenflucht", 23 000 Soldaten wurden tatsächlich hingerichtet. Zum Vergleich: Im Ersten Weltkrieg wurden wegen dieses Delikts 48 Todesurteile gegen deutsche Soldaten vollstreckt, im Zweiten Weltkrieg richtete die britische Armee 40 ihrer Soldaten hin, die amerikanische Armee einen.

Wie Michael Bünte, Pate des Stolpersteins für Hermann Möllenkamp, es formulierte, haben die Nationalsozialisten die Definition von Fahnenflucht " extrem ausgedehnt". Sie benutzten das Delikt als Instrument. Für Bünte ist auffällig, dass sich in Lodz das nach Warschau zweitgrößte Getto befand, in dem die Nationalsozialisten Juden festhielten. Von dort aus wurden sie in Vernichtungslager verschleppt. Der Stolperstein-Pate stellte Fragen, die wohl für immer unbeantwortet bleiben werden: Wusste Hermann Möllenkamp davon? Stand er den Nationalsozialisten kritisch gegenüber?

Michael Bünte erinnerte daran, dass erst im Jahr 2002 Urteile gegen Deserteure während der NS-Zeit pauschal aufgehoben wurden. Bis dahin war jeweils in Einzelfällen entschieden worden. Viele Familien verschwiegen die Schicksale ihrer verurteilten Verwandten bis heute. Obwohl die Urteile gegen sie im Namen eines kriegerischen Unrechtsstaates gefallen waren, galten sie als Makel. Ob es so auch im Fall von Hermann Möllenkamp gewesen ist? Auch diese Frage bleibt offen. Offizielle Protokolle der Nationalsozialisten geben darüber wenig Auskunft.
Bildtext:
Wittekindstraße 1: Wo heute der Haseuferweg beginnt, stand einst ein Haus, in dem Hermann Möllenkamp lebte. Ein Feldgericht verurteilte ihn 1942 zum Tode. Er starb vor einem Erschießungskommando.
Fotos:
Klaus Lindemann

Stolpersteine

Messingplatten in Gehwegen erinnern an Opfer des Nationalsozialismus jeweils vor den letzten freiwilligen Wohn- oder Wirkstätten der Juden, Sinti, Roma, Deserteure oder Menschen, die aus politischen oder religiösen Gründen, einer psychischen Erkrankung, ihrer sexuellen Orientierung oder einer Behinderung verfolgt und ermordet wurden. Der Kölner Künstler Gunter Demnig ist Initiator des Projekts Stolpersteine, dem sich europaweit viele Kommunen angeschlossen haben. In Osnabrück werden die Gedenksteine seit 2007 verlegt. Paten des Stolpersteins für Hermann Möllenkamp sind Michael Bünte und Jenny Patzelt. Verlegt haben ihn die Schüler Mario Berstermann, Artur Bulanovic, Ilker Ciftci, Fabian Maihöfer, Marvin Aistermann und Lucas Meyer vom Berufsschulzentrum am Westerberg. Das Büro für Friedenskultur nimmt für weitere Gedenktafeln Hinweise über Opfer des NS-Regimes entgegen unter Tel. 05 41/ 323-22 87.
Autor:
Jann Weber


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