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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Warum es in Osnabrück nicht mehr Nacht wird
Zwischenüberschrift:
Lichtverschmutzung hat fatale Folgen für Mensch und Natur – Grund sind zu viele falsch montierte und schlecht abgeschirmte Leuchten
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Mit der Umstellung der Uhren auf Winterzeit werden die Tage ab Sonntag wieder kürzer. Es wird morgens später hell und abends früher dunkel. Oder nicht? Lichtverschmutzung bewirkt, dass es auch in Osnabrück gar nicht mehr richtig Nacht wird. Was dahintersteckt und welche Folgen das hat, weiß kaum einer so gut wie Andreas Hänel. Der Planetariumsleiter ist Sprecher der Fachgruppe Dark Sky, einer Abteilung der Vereinigung der Sternfreunde Deutschlands größtem Verein für Amateurastronomen mit über 4000 Mitgliedern.
Herr Hänel, was bedeutet Lichtverschmutzung?
Das Wort ist eine direkte Übersetzung des englischen Fachbegriffs " light pollu tion". Gemeint ist der übermäßige Eintrag von künstlichem Licht in das natürliche Nachtlicht. Problematisch sind vor allem Straßenlaternen, Fassadenstrahler, Flutlichter, Leuchtreklamen und andere Außenlampen, die oft schräg montiert und nicht ausreichend abgeschirmt sind. Ganz zu schweigen von Bodenstrahlern und Kugelleuchten. Sie strahlen viel Licht sinnlos in den Nachthimmel und in die Umgebung.
Welche Folgen hat das?
Menschen werden geblendet, das kaltweiße Licht vieler moderner LED-Leuchten bringt mit seinem hohen Blauanteil ihren Tag-Nacht-Rhythmus durcheinander und beeinträchtigt die Bildung des Hormons Melatonin, das ihre innere Uhr reguliert. Das kann zu Schlafstörungen führen, Stress und Aggressivität hervorrufen und psychische Erkrankungen begünstigen. Die Medizin geht außerdem von einem erhöhten Risiko für Krebs und Herzinfarkt durch Lichtverschmutzung aus.
Was ist mit Tieren?
Zugvögel, die sich am Mond und an den Sternen orientieren, werden durch zu viel künstliches Licht am Boden irritiert und abgelenkt. Schlimmstenfalls finden sie ihre Brutplätze nicht wieder. Unnötig hell erleuchtete Wohnsiedlungen und Gewerbegebiete stören außerdem nachtaktive Tiere wie Fledermäuse und schränken sie in ihrem Aktionsradius stark ein. Mögliche Auswirkungen sind auch hier Abwanderung und Artensterben. Nicht zuletzt fliegen viele Insekten zwanghaft die künstlichen Lichtquellen an, bis sie vor Erschöpfung verenden oder verbrennen. Damit verringert sich das Nahrungsangebot für andere Tiere, Blüten werden nicht mehr bestäubt eine Kettenreaktion. Von erhöhten Reinigungs- und Instandhaltungskosten für die Leuchten ganz zu schweigen.
Wo liegen die Ursachen für Lichtverschmutzung?
Hauptgrund für die Zunahme der künstlichen Aufhellung des Nachthimmels ist die Zersiedelung der Landschaft. Mit den Verkehrs- und Gewerbeflächen breitet sich auch das künstliche Licht aus. Die Leuchten werden dabei meist ineffektiv angebracht. Seit 20 Jahren informiert die Fachgruppe Dark Sky in Deutschland über das Problem. Als ich damals anfing, hätte ich nicht geahnt, welche Dimension das hat.
Welche Stellen in und um Osnabrück sind besonders betroffen?
Ganz so dramatisch wie etwa in der Rhön, wo im Biospährenreservat ein internationaler Sternenpark entstehen soll, ist es bei uns zum Glück nicht. Dort steht eine Kirche, die nachts mit zwei 400-Watt-Strahlern angeleuchtet wird. Die sehen wir dann sogar aus dem Weltall! Aber auch in Osnabrück sind Pilzleuchten im Gebrauch, die viel Licht zur Seite abstrahlen, wo es nicht gebraucht wird. Werbeflächen wie beispielsweise am Nahne-Center oder an der Iburger Straße werden zu hell angestrahlt da ist der Werbeinhalt teils überhaupt nicht mehr zu lesen. Und die bunte Beleuchtung des Gewerkschaftshauses in der Nacht mag zwar schön sein, ist aber Energieverschwendung. Was soll das? Alles führt dazu, dass die Lichtglocke von Osnabrück noch in 15 Kilometer Entfernung messbar ist.
Gibt es auch positive Beispiele?
Mit neuen Techniken findet vielerorts ein Umdenken statt. In Georgsmarienhütte werden neuerdings hier und da asymmetrische Strahler eingesetzt, die nur nach unten leuchten. Ganz toll sind auch die vollabgeschirmten Leuchten an der Lotter Straße. Am Rosenplatz sind sehr gut abgeschirmte und energieeffiziente LED-Lampen in Gebrauch ein Fortschritt, allerdings viel heller als die umliegenden Straßen. Man könnte hier mit weniger Licht auskommen. Ebenso am Haseuferweg: Da habe ich eine Beleuchtungsstärke von 150 Lux gemessen ein bis zwei Lux wären ausreichend.
Aber bedeutet mehr Licht in der Nacht nicht auch mehr Sicherheit?
Es ist statistisch nicht belegt, dass mehr Licht die Zahl von Einbrüchen und Unfällen verringert. Im Gegenteil: Laternenmasten stellen für Verkehrsteilnehmer eine viel größere Gefahrenquelle dar. Beleuchtung sollte so eingesetzt werden, dass sie das subjektive Sicherheitsempfinden erfüllt. Aber dafür ist nicht unbedingt eine sehr helle Komplettausleuchtung notwendig.
Was empfehlen Sie?
Es geht nicht darum, alle Lampen auszuschalten, sondern ihr Licht bei Bedarf dorthin zu lenken, wo es gebraucht wird. Voll abgeschirmte Leuchtkörper hat eigentlich jeder Hersteller im Angebot sie einzusetzen ist keine utopische Forderung. Auch auf die Leuchtmittel kommt es an: Moderne Natriumdampflampen und warmweiße LEDs sind effizient, schonen wertvolle Ressourcen und sparen Steuergeld. Grundsätzlich sollte maßvoll beleuchtet werden und von oben nach unten statt umgekehrt. So können wir die Nacht retten und auch wieder häufiger die Milchstraße sehen.
Bildtexte:
Andreas Hänel ist Planetariumsleiter in Osnabrück und Sprecher der Fachgruppe Dark Sky, einer Abteilung der Vereinigung der Sternfreunde Deutschlands größtem Verein für Amateurastronomen.
Die Schattenseite des künstlichen Nachtlichts: Die Lichtglocke von Osnabrück ist noch in 15 Kilometer Entfernung messbar. Grund sind zu viele falsch montierte und schlecht abgeschirmte Leuchten.
Foto:
Elvira Parton, Andreas Hänel
Autor:
sst
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