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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
"Der Mann meint das ehrlich"
 
Urteile wie am Fließband
 
Vom Schlauchboot auf die Flüchtlingsfähre
 
Aus diesen zehn Ländern kommen die meisten Asylbewerber
 
Diakonie erfreut über Schweigers Hilfe
Zwischenüberschrift:
Til Schweiger will sich in Osnabrück für Flüchtlinge engagieren – Lob von Pistorius
 
Ägäis-Inseln müssen improvisieren
 
Offizielle Zahlen, Daten und Fakten zu den Hauptherkunftsländern im ersten Halbjahr 2015
 
Zusätzliche Angebote in Absprache mit dem Betreiber und dem Land
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück/ Berlin. Der Schauspieler Til Schweiger will sich für Asylbewerber engagieren, die in der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes für Flüchtlinge in Osnabrück Aufnahme gefunden haben. Unterdessen hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Mittwoch in Berlin erklärt, die Bundesregierung rechne jetzt im laufenden Jahr mit der Rekordzahl von rund 800 000 Flüchtlingen in Deutschland.
In der ARD-Sendung " Menschen bei Maischberger" hatte Schweiger angekündigt, in Osnabrück für die Asylbewerber unter anderem eine Fahrrad- und Holzwerkstatt einzurichten, ein kostenloses WLAN-Netz bereitzustellen sowie Deutschlehrer einzustellen.
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte auf Anfrage unserer Redaktion, die Einrichtung in Osnabrück sei die einzige, die von einer privaten gemeinnützigen Organisation betrieben werde, dem Diakonischen Werk Osnabrück. Deshalb könne auch nur dort eine private gemeinnützige Stiftung wie die von Schweiger tätig werden. Dieser werde sich nach Pistorius′ Überzeugung auch in weiteren Einrichtungen wie der geplanten in Osterode engagieren. Der Minister lobte Schweiger: " Der Mann meint das ehrlich!"
Auch Gerhard Töller, Geschäftsführer des Diakonischen Werkes, freut sich über Schweigers Angebot: " Wir können jede Unterstützung brauchen", sagte er unserer Redaktion. Das Haus in der Hasestadt erfahre weiterhin eine breite Unterstützung auch aus der Bevölkerung und von der Kirche. Wenn sich eine prominente Persönlichkeit wie Til Schweiger ebenfalls engagiere, sei das auch eine Wertschätzung für die vielen Ehrenamtlichen.
800 000 Asylbewerber
Deren Einsatz wird auch weiterhin gebraucht, denn bis zum Jahresende werden insgesamt bis zu 800 000 Asylbewerber und Flüchtlinge in Deutschland erwartet. Dies sei eine " echte Herausforderung", aber " keine Überforderung", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) gestern in Berlin. Bislang ging das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von 450 000 Asylsuchenden aus.
De Maizière führte den Anstieg auf eine " drastische und nicht vorhersehbare Entwicklung" im Juni und Juli zurück. Allein im Juli seien nahezu 83 000 Menschen gekommen; im August liege ihre Zahl vermutlich noch höher. Für die Prognose sei die Zahl der Ankommenden maßgeblich, weil viele Asylsuchende ihren Antrag erst in den Kommunen und damit deutlich später stellten. Deutschland müsse sich für einige Jahre auf mehr Asylsuchende einstellen, da sich die Lage in den Konfliktregionen vorerst nicht bessere.
Nach Angaben des Ministers soll am 24. September ein Flüchtlingsgipfel von Bund, Ländern und Kommunen in Berlin stattfinden. Er kündigte eine weitere Beschleunigung der Verfahren und eine Aufstockung der Beamten des BAMF an, um die anstehenden 250 000 Fälle zu bearbeiten. Dazu würden vier überregionale Entscheidungszentren errichtet.
Flüchtlinge aus dem Westbalkan, die kaum Aussicht auf eine Anerkennung hätten, sollten künftig bis zur Entscheidung in Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben und von dort gegebenenfalls zurückgeführt werden. Dies seien derzeit rund 40 Prozent der Asylsuchenden.
Die Anerkennungsquote aller Asylanträge liege ebenfalls bei rund 40 Prozent, so der Bundesinnenminister. Um winterfeste Quartiere zu errichten, sollten bis Ende September Bauvorschriften erleichtert werden.
Der Minister verlangte ferner eine stärkere Solidarität der EU-Länder. Europa sei als " Solidargemeinschaft" gefordert.

Mehr zur Flüchtlingsaufnahme in Osnabrück auf noz.de
Bildtexte:
Bekommt prominente Unterstützung: die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes für Flüchtlinge in Osnabrück.
Will in Osnabrück helfen: Til Schweiger.
Fotos:
Michael Gründel, dpa

Kommentar
Machtwort gefragt

Die aktuelle Debatte um die steigende Zahl von Asylbewerbern ist geprägt von Aktionismus und Panikmache. Taschengeld-Kürzungen, zusätzliche sogenannte sichere Herkunftsstaaten oder ein paar Änderungen im Baurecht will Deutschland mit diesen Vorschlägen ernsthaft der vielleicht größten Herausforderung des 21. Jahrhunderts begegnen? Nie waren seit dem Zweiten Weltkrieg weltweit mehr Menschen auf der Flucht. Gemessen da ran, ist so mancher Debattenbeitrag unwürdig.

Dabei genügt ein Blick auf die Zahlen, um zu erkennen, wie dringend Besonnenheit und Tatkraft gefordert sind: Womöglich bis zu 800 000 Menschen werden bis Ende 2015 in Deutschland um Asyl ersuchen. Sie werden nicht gehen oder wegbleiben, nur weil wir ihre Heimat als sicher erklären oder ihnen das Gefühl geben, hier unerwünscht zu sein. Die meisten von ihnen sind vor Krieg und Verfolgung geflohen und haben eine gefährliche Reise hinter sich. Wie können wir da anders, als ihnen Schutz zu gewähren?

In der Asyldebatte sind mehr Macher und weniger Lamentierer gefragt. Und angesichts der Angriffe und Anfeindungen gegen Flüchtlinge braucht es ein Machtwort, am besten von der Kanzlerin. Ein eindeutiges: " Ja, wir helfen. Ihr seid willkommen." Nur diese Worte. Das kann doch so schwer nicht sein.

Düsseldorf. Richter Winfried Schwerdtfeger betritt den Gerichtssaal. Er ist dort weitgehend allein. Nur Bedri Iberdemaj wartet auf einem blauen Polsterstuhl. Iberdemaj ist Dolmetscher, er stammt aus dem Kosovo. Da am Verwaltungsgericht Düsseldorf 35 von 90 Richtern auf die Staaten des westlichen Balkans spezialisiert sind, ist er oft hier. Auch heute stehen fünf balkanstaatliche Asylverfahren auf der Agenda. Auch heute haben die wenigsten Aussicht auf ein positives Urteil. Und auch heute wird der Gerichtssaal meist leer bleiben.
Es sei keine Seltenheit, dass die Kläger nicht auftauchten, sagt Schwerdtfeger. " Viele leben in ungewissen Situationen und sind gar nicht sesshaft oder zum Teil sogar ausgereist", erklärt der 52-Jährige. Dann zückt er sein Diktiergerät und verliest den ersten Fall. " Eine Entscheidung wird dem Klagenden schriftlich zugestellt", sagt er und beendet den Fall nach knapp zehn Minuten. Maximal hat er 20 Minuten pro Fall Zeit. Wenn aber niemand kommt, dann geht es wie am Fließband.
Verfahren Nummer zwei beginnt, und Kläger Ismail Z. erscheint mit seinem Vater im Gerichtssaal. Der gebürtige Mazedonier ist 19 Jahre alt und beantragt wiederholt Asyl. Der Fall: In Mazedonien Sozialleistungen entzogen, keine Perspektive, Vater hat politische Probleme und ist mit ihm nach Deutschland geflohen. " Haben Sie dem noch etwas hinzuzufügen?", fragt Schwerdtfeger. " Ja, ich möchte gerne in Deutschland bleiben", antwortet Ismail Z. und zieht zwei Dokumente aus einer weißen Plastiktüte. Ein Schulzeugnis und einen Praktikumsvertrag.
Schwerdtfeger hat nun drei Möglichkeiten: Der Klage nachgeben. Die Klage als " einfach unbegründet" ablehnen. Oder die Klage als " offensichtlich unbegründet" ablehnen. Letzteres erwartet wohl Ismail. An dem Prozedere habe er als Richter nichts auszusetzen: " So sind die Vorgaben vom Bund. Die Verfahren sind fair." Auch wenn ihn die Schicksale natürlich berührten.

Athen. Die griechische Regierung holt mit eigens dafür gemieteten Fähren Flüchtlinge von den Inseln ab. Dort strandeten allein in der letzten Woche mindestens 20 000 Menschen vorwiegend aus Syrien und Afghanistan. Athen will einen neuen EU-Gipfel.

Es erinnert an die Geschichte mit Sisyphos: Eine von der griechischen Regierung eigens gecharterte Fähre traf am Mittwochabend mit etwa 2000 Flüchtlingen im Hafen von Thessaloniki ein. Die " Eleftherios Venizelos" hatte diese zuvor von den griechischen Inseln Kos, Leros und Kalymnos abgeholt und wird sich umgehend wieder auf den Rückweg zu den nahe der türkischen Küste gelegenen Eilanden machen. Dort sind unterdessen bereits weitere 1000 vor Krieg und Zerstörung geflüchtete Menschen gestrandet.

Allein im Juli wurden über 50 000 auf dem Seeweg angekommene Flüchtlinge regis triert, das sind mehr als im gesamten Vorjahr. Und die Tendenz ist steigend: 20 843 Menschen erreichten Griechenland nach den Zählungen des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) allein in der Woche vom 8. bis zum 14. August.

Die weitgehend mittellose griechische Regierung versucht bisher relativ vergeblich, dieses Ansturms Herr zu werden. Vielerorts werden die Flüchtlinge hauptsächlich von der Zivilgesellschaft verpflegt. Selbst im Herzen der Hauptstadt waren 500 Flüchtlinge aus Afghanistan über fast einen Monat von einer Hilfsorganisation versorgt worden. Dazu gehörten Spendenkampagnen für Lebensmittel, Medikamente und Dinge des täglichen Bedarfs, aber auch feste Kochgruppen, die für zwei Mahlzeiten am Tag sorgten.

Einem Team freiwillig arbeitender Ärzte war es sogar gelungen, die anfänglich vor allem unter den über 100 Kindern grassierende Gastritis in den Griff zu bekommen. Erst am vergangenen Sonntag konnten die bis dahin in Zelten in einem öffentlichen Park im Zentrum Athens lebenden Flüchtlinge dann in ein eilig eingerichtetes Containerlager am Rande der Hauptstadt umziehen.

Ähnliche offene Unterbringungszentren will die Regierung nun auch auf den Ägäischen Inseln einrichten, die oft nur wenige Kilometer von der türkischen Küste entfernt sind. Bis es so weit ist, sind zunächst mobile Einheiten geplant, die die Flüchtlinge registrieren und sie mit Essen, Kleidung und Medikamenten versorgen. Auch das Rote Kreuz Griechenlands wird sich beteiligen. Die auf den Inseln schon existierenden geschlossenen Sammellager sind völlig unzureichend ausgestattet und bereits hoffnungslos überbelegt.

Probleme bereitet den Inseln vor allem die Registrierung der zumeist aus Syrien, Afghanistan und dem Irak stammenden Neuankömmlinge. Zwar werden sie relativ rasch als Flüchtlinge anerkannt. Trotzdem kommt es hier immer wieder zu Verzweiflungsprotesten der Menschen, die tagelang auf das zur Weiterreise aufs Festland nötige Papier warten. In Zukunft soll eine Registrierung darum nicht nur in Polizeistationen, sondern auch auf der von der Regierung gecharterten " Flüchtlingsfähre" möglich sein.

Nach Meinung des griechischen Staatspräsidenten Prokopis Pavlopoulos sind neben Griechenland auch größere Grenzstaaten der EU wie Italien mit der Handhabung der Flüchtlingsströme heillos überfordert. Um eine Lösung zu finden, müsse ein weiterer EU-Gipfel unter der Beteiligung des UNHCR einberufen werden.

Dessen Sprecher William Spindler erklärte dagegen, der UNHCR warne seit Monaten, " dass die Flüchtlingskrise in Griechenland immer schlimmer wird". Deshalb empfehle der UNHCR der Regierung, eine einheitliche Struktur für die Koordination der Hilfe zu schaffen. Wenn es eine solche gäbe, " wären wir und andere internationale Organisationen bereit, uns anzuschließen und zu helfen", wurde Spindler am Mittwoch in der griechischen Presse zitiert. " Aber es ist schwierig für uns, vor Ort zu arbeiten, wenn es dort keinen verantwortlichen Ansprechpartner gibt."
Bildtext:
Sie kommen gar nicht erst an Land: Die griechische Küstenwache bringt im Hafen von Kos eine Gruppe Flüchtlinge auf die Fähre zum Festland.
Foto:
Reuters

Weitere Flüchtlings-Brennpunkte
Mazedonien/ Serbien: In den Grenzstädten Gevgelija und Presevo herrscht Chaos. In beiden Orten kommen täglich jeweils 2000 Flüchtlinge an. Alle wollen Richtung Westen und drängen auch durch offene Fenster in die Züge.
Serbien/ Ungarn: Auch in der nordserbischen Grenzstadt Kanjiza treffen jeden Tag bis zu 2000 Flüchtlinge ein. Sie kampieren in Parks oder in einem Lager am Stadtrand, um sich in der Nacht zu Fuß nach Ungarn durchzuschlagen.
Italien: Die Lage vor der libyschen Küste im Mittelmeer ist kritisch. Wegen des guten Wetters starten täglich Flüchtlinge die gefährliche Überfahrt von Libyen. Schiffe der italienischen Marine sind im Dauereinsatz.
Frankreich/ Großbritannien: Verstärkte Sicherheitsmaßnahmen in Calais haben die Lage am Eurotunnel entspannt. Doch in einem Lager kampieren immer noch fast 3000 Menschen, die es irgendwann durch den Tunnel schaffen wollen.

Osnabrück. Im ersten Halbjahr 2015 haben 179 037 Menschen Asyl in Deutschland beantragt. Bis Ende Juli waren es bereits mehr als 200 000. Doch woher stammen sie? Wissenswertes zu den zehn Hauptherkunftsländern von Asylbewerbern. Die folgenden Zahlen beziehen sich auf das erste Halbjahr (Januar bis Ende Juni).
1. Syrien: 34 428 Anträge; 29 500 Entscheidungen. Sieben Anträge wurden abgelehnt. Syrische Flüchtlinge haben gute Chancen auf Asyl. Grund: In ihrer Heimat tobt seit vier Jahren ein Bürgerkrieg. Nach Europa sind seit Beginn des Krieges 310 000 Syrer gekommen, 121 000 von ihnen nach Deutschland.
2. Kosovo: 31 400 Anträge; 23 000 Entscheidungen. 22 Personen erhielten einen Aufenthaltsstatus. Die Menschen fliehen vor Armut und Perspektivlosigkeit aus dem Kosovo. Viele Anträge werden von Angehörigen der Roma-Minderheit im Kosovo gestellt, die dort unter Diskriminierung leiden.
3. Albanien: 22 209 Anträge; 5100 Entscheidungen. 14 Personen erhielten einen Aufenthaltsstatus. 14 Prozent der Albaner leben unterhalb der Armutsgrenze, zwei Prozent sogar in extremer Armut. Die EU-Kommission kritisiert zudem, das Land sei geprägt von Korruption und organisierter Kriminalität.
4. Serbien: 15 822 Anträge; 13 700 Entscheidungen. Niemand erhielt einen Aufenthaltsstatus. Serbien gilt seit 2014 als sicherer Herkunftsstaat. Dennoch treiben Armut und Perspektivlosigkeit viele Serben in die Flucht. Überdurchschnittlich viele der Asylanträge stammen von Roma.
5. Irak: 9286 Anträge; 7400 Entscheidungen. 19 Anträge wurden abgelehnt. Die Situation im Irak ist vor allem seit dem Vormarsch der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) angespannt. Laut UN befinden sich vier Millionen Iraker auf der Flucht.
6. Afghanistan: 8179 Anträge; 3200 Entscheidungen. 402 Anträge wurden abgelehnt. In Afghanistan herrschen seit 30 Jahren Krieg, Gewalt und Terror. Seit dem Abzug der internationalen Truppen 2014 verschlechtert sich die Sicherheitslage wieder. Die Taliban gewinnen an Einfluss. Mehr als 3, 7 Millionen Afghanen sind auf der Flucht.
7. Mazedonien: 6704 Anträge; 4100 Entscheidungen. Sechs Personen erhielten einen Aufenthaltsstatus. Auch Mazedonien gilt seit 2014 als sicherer Herkunftsstaat. Kritiker bemängeln grassierende Korruption. Roma würden zudem systematisch diskriminiert.
8. Bosnien-Herzegowina: 4061 Anträge; 1600 Entscheidungen. Niemand erhielt einen Aufenthaltsstatus. Im Vielvölkerstaat kommt es immer wieder zu Spannungen zwischen den ethnischen Minderheiten. Seit 2014 steht das Land auf der Liste der sicheren Herkunftsstaaten. Angehörige der Roma stellten mehr als die Hälfte der Asylanträge.
9. Eritrea: 3636 Anträge; 2100 Entscheidungen. 19 Anträge wurden abgelehnt. Eritrea ist ein diktatorisch regierter Militärstaat. Seine Bürger sind Unterdrückung, Folter und Willkür ausgesetzt. 400 000 Eritreer befinden sich auf der Flucht.
10. Nigeria: 2864 Anträge; 660 Entscheidungen. 23 Personen erhielten einen Aufenthaltsstatus, 67 Anträge wurden abgelehnt. 85 Prozent der Anträge erledigten sich vor Entscheidung der Behörde. Zu innenpolitischen Spannungen kommt in Nigeria der Konflikt mit der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram. Massaker, Hinrichtungen und Vertreibungen gehen auf ihr Konto.

Woher sie kommen: Mehr zu den Herkunftsländern auf noz.de
Wer sagt was? Die aktuelle Debatte auf noz.de/ fluechtlinge

Osnabrück. " Wir können jede Unterstützung brauchen und freuen uns über Til Schweigers Engagement." Mit diesen Worten reagierte Gerhard Töller auf das Hilfsangebot des Schauspielers. Töller ist Geschäftsführer des Diakonischen Werkes, das das Osnabrücker Flüchtlingshaus seit Dezember vergangenen Jahres betreibt.
Das Innenministerium habe am Dienstag mitgeteilt, dass Schweiger in der Sendung " Menschen bei Maischberger" seine Hilfe in Osnabrück ankündigen werde. Im September sei ein Treffen mit dem Schauspieler geplant, in dem die Einzelheiten besprochen werden sollte. " Herr Schweiger muss ja erst noch seine Stiftung gründen", sagte Töller.
Warum will Til Schweiger sich mit seiner neuen Stiftung für Flüchtlinge ausgerechnet in Osnabrück engagieren? Dafür gebe es einen schlichten formalen Grund, erklärte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius auf Anfrage unserer Redaktion. " Das Osnabrücker Flüchtlingshaus ist ein privater gemeinnütziger Betrieb, in dem die Diakonie als Betreiberin einen tollen Job macht und den Til Schweiger mit seiner gemeinnützigen Stiftung unterstützen möchte", sagte Pistorius: " Ganz formal kann man mit einer gemeinnützigen Stiftung das Land nicht unterstützen."
Das im Dezember vergangenen Jahres eröffnete Haus am Natruper Holz ist die einzige Erstaufnahmeeinrichtung des Landes, die von einer privaten gemeinnützigen Organisation betrieben wird. Noch aus einem anderen Grund sei Osnabrück eine gute Adresse für die ersten Aktionen der noch zu gründenden Stiftung: " Das Osnabrücker Haus kommt der geplanten Erstaufnahmeeinrichtung in Osterode am nächsten."
Pistorius selber habe dem Schauspieler ein Engagement in Osnabrück vorgeschlagen, da sich das Haus noch im Aufbau befinde. " Die Projekte von Schweiger sind ja immer nur zusätzlich zu dem, was wir an Grundausstattung bieten." Da Schweiger vor allem schnell helfen wollte, sei Osnabrück naheliegend gewesen, " um ein erstes Projekt an den Start zu bringen".
Der Schauspieler und Regisseur wird sich nach Pistorius′ Überzeugung auch in weiteren Einrichtungen engagieren. " Das würde dann auch für Osterode gelten, wenn dort tatsächlich eine Erstaufnahmeeinrichtung entstehen sollte."
Pistorius räumte ein, dass sich Schweiger manchmal nicht leicht verständlich ausdrücke. Es sei nie darum gegangen, dass er selbst eine Erstaufnahmeeinrichtung betreibe wolle, vielmehr " möchte er mit gemeinnützig eingesammeltem Geld in Erstaufnahmeeinrichtungen für ein starkes Willkommen sorgen, immer in Absprache mit dem Betreiber und dem Land".
Nachdrücklich sagte Pistorius: " Der Mann meint das ehrlich!". Er wolle helfen " und die Flüchtlinge in ihrer ersten Zeit der Aufnahme etwas zusätzliches tun, die in einer solchen vom Staat finanzierten Einrichtung meist nicht angeboten werden können."
Bei einem Gespräch in Hamburg habe er mit Schweiger über Hilfsmöglichkeiten gesprochen. Zur Diskussion stünden die Einrichtung eines WLAN-Netzwerkes, einer Fahrradwerkstatt sowie Sport- und Freizeitmöglichkeiten für Familien. " Außerdem soll zusätzliches Personal für die Sprachförderung finanziert werden", heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme des Pistorius-Ministeriums. Alles solle aber mit dem Betreiber abgestimmt werden.
Jede Unterstützung zum Erwerb der deutschen Sprache sei dringend notwendig, unterstrich Töller im Gespräch mit unserer Redaktion: " Wir haben Bedarf ohne Ende." Derzeit gebe es bereits Sprachunterricht durch Ehrenamtliche und Schulunterricht für Kinder mit Unterstützung der Landesschulbehörde. Eine Ausweitung der Angebote sei sinnvoll, weil viele Flüchtlinge den starken Wunsch hätten, sich möglichst schnell auf Deutsch verständigen zu können.
Eine Fahrradwerkstatt brauche Schweiger auch nicht auszubauen: " Die haben wir bereits in Betrieb mit Ehrenamtlichen." Aber auch hier sei der Bedarf sehr groß: Mit dem Rad seien die Flüchtlinge ohne zusätzliche Kosten mobil für Einkäufe oder Ausflüge.
Außerordentlich wichtig sei die von Schweiger vorgeschlagene Einrichtung eines WLAN-Netzwerkes. Viele Flüchtlinge seien in großer Sorge um ihre Angehörigen und Freunde. Ein ständiger Kontakt zur Heimat sei da hilfreich.
Die Osnabrücker Einrichtung erfahre weiterhin eine breite Unterstützung aus der Bevölkerung und von der Kirche. Wenn sich eine prominente Persönlichkeit wie Til Schweiger ebenfalls engagiere, sei das auch eine Wertschätzung für die vielen Ehrenamtlichen, sagte Töller: " Vielleicht entsteht ein Schneeballsystem, sodass sich noch mehr Menschen nicht nur in Osnabrück engagieren. " Angesichts steigender Flüchtlingszahlen sei das dringend erforderlich.
Im ehemaligen Bundeswehrkrankenhaus soll im Herbst die letzte Ausbaustufe starten. Bis Ende des Jahres sollen dann am Natruper Holz 600 Plätze für die Erstaufnahme von Flüchtlingen bereitstehen. Um dem steigenden Zuzug Rechnung zu tragen, würden im September am Flüchtlingshaus Container aufgestellt. Töller geht davon aus, dass diese ein Provisorium bis zum vollständigen Ausbau sein werde.

Mehr Informationen über Schweigers Absichten und die Reaktionen im Internet auf www.noz.de
Bildtext:
Der Rasen vor dem Flüchtlingshaus mit seinem Fußballtoren wird täglich von Kindern und Männern genutzt. Til Schweiger möchte in Osnabrück unter anderem mehr Sport für die Gäste anbieten.
Foto:
Michael Gründel

Kommentar
Meckerer

Til Schweiger polarisiert die Menschen. Seine Ausdrucksweise ist öfter fragwürdig. Aussagen unterstreicht er mit zehn Ausrufezeichen, nicht nur wenn er im Internet angepöbelt wird. Man muss Til Schweiger nicht mögen. Aber man sollte ihn das tun lassen, was er im Falle der Flüchtlinge will: helfen.

Ablehnung ist er gewohnt. Mit seinen Filmen begeistert er selten die Kritiker, aber er erreicht die Massen. Und vielleicht kann er mit seiner Bekanntheit andere dazu bewegen zu helfen.

Beschimpfungen und Häme sind in Zeiten des Internets minütlich abrufbar. Schweiger wird damit überschüttet. Angesichts des Flüchtlingsdramas auf der ganzen Welt sind verbale Schnellschüsse und Daumen rauf oder runter fehl am Platze.

Til Schweiger soll seine Stiftung gründen und Geld sammeln, Menschen, die aus ihrer Heimat geflohen sind, mit Angeboten wie Sprachkursen, Spiel und Sport willkommen heißen. Das ist alles andere als unehrenhaft. Auch Karl-Heinz Böhm hat seine Prominenz als " Sissis Kaiser Franz" einst eingesetzt, um seine Hilfsorganisation " Menschen für Menschen" aufzubauen und zu betreiben.

Wer meckert, sollte mit Menschen Kontakt aufnehmen, die sich für Flüchtlinge in Osnabrück einsetzen. Die wissen, dass ein bisschen Sport, ein zusätzlicher Deutschkurs oder ein Kinderspiel den Tag für alle aufhellt, die wegen Krieg, Gewalt oder Hunger alles hinter sich gelassen haben.
Autor:
S., KNA, Franziska Kückmann, dpa, Marie Ludwig, Anke Stefan, Ulrike Schmidt


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