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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Symbol amerikanischer Lebensweise
Zwischenüberschrift:
In Haste wird seit 1958 Coca-Cola abgefüllt – voraussichtlich nur noch wenige Wochen
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Nein, die Geheimrezeptur von Coca-Cola kennt er leider auch nicht, wenn er auch sonst alles über die Herstellung der braunen Brause in Osnabrück weiß. Harald Hammerich hat 46 Jahre lang in Diensten der Firma Heydt Coca-Cola produziert und vertrieben, von 1959 an war er als Geschäftsleiter der erste Mann im Haster Abfüllbetrieb und nur den Chefs in Haselünne, zuletzt Hubert und Franz-Herbert Heydt, verantwortlich.

Nach wie vor wissen nur wenige Menschen auf der Welt, wie sich das Flüssigkonzentrat zusammensetzt, aus dem die rings um den Globus bekannte Cola gemixt wird. Wir bekamen das Konzentrat geliefert, haben in der nächsten Produktionsstufe Sirup daraus gemacht und den dann mit dem guten Osnabrücker Wasser und Kohlensäure versetzt″, erläutert Hammerich.

Jedes Jahr verließen bis zu 325 000 Hektoliter des Erfrischungsgetränks den Betrieb an der Oldenburger Landstraße, der bis 1998 Tochterbetrieb der Kornbrennerei Heydt war und seitdem ein Eigenbetrieb der Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG Berlin (CCE AG) ist.

Wer glaubt, Coca-Cola sei erst nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus nach Deutschland gekommen, sozusagen im Gepäck der US-Armee, der täuscht sich. Das Markenprodukt war in Lizenz vielmehr schon von 1929 bis 1942 in Deutschland abgefüllt und vertrieben worden. Der große Durchbruch kam aber tatsächlich erst nach dem Krieg, als Coke″ als Ausdruck amerikanischer Lebensweise und Genusskultur in den Westzonen sprunghafte Verkaufssteigerungen erfuhr.

Hubert Heydt senior, in dritter Generation geschäftsführender Inhaber der traditionsreichen Kornbrennerei Heydt in Haselünne, bewarb sich 1949 um eine Herstellungs- und Vertriebslizenz, um neben den Spirituosen ein zeitgemäßes weiteres Standbein hinzuzugewinnen. Die Coca-Cola-Deutschland-Zentrale bediente sich bei der Konzessionsvergabe gern eingeführter Getränkehersteller, weil die den Markt kannten und bereits über ein Kundennetz in Großhandel und Gastronomie verfügten.

Lizenz mit Bullenstall″

Noch im gleichen Jahr 1949 lief die erste Abfüllanlage in Haselünne in den Räumen der nicht mehr benötigten Mälzerei an, praktisch Wand an Wand mit dem Bullenstall, der zu der landwirtschaftlich fundierten Kornbrennerei gehörte. Das brachte den Haselünnern bei den Mitarbeitern der Coca-Cola-Zentrale in Essen den Beinamen die Konzession mit dem Bullenstall″ ein.

Es gab damals nur die kleinen 0, 2-Liter-Flaschen, die in Holzkisten ausgeliefert wurden. Zu dieser Zeit fing Harald Hammerich als einer von drei Verkaufsfahrern in Haselünne an. Da das Konzessionsgebiet neben dem Emsland auch den Raum Osnabrück bis ins nördliche Münsterland umfasste, gingen startgleich in Osnabrück fünf Verkaufslaster auf Tour. Ihr Stützpunkt war ein kleines Lager in Hellern an der Großen Schulstraße.

Die Bullenstall-Konzession″ entwickelte sich prächtig. Hammerich erinnert sich: Trotz unseres in weiten Teilen ländlich strukturierten Verkaufsgebiets konnten wir unter den rund hundert deutschen Coca-Cola-Konzessionen vom unteren Ende der Rangliste in das obere Drittel aufrücken.″ Maßstab bei diesem konzerninternen Ranking war der Absatz je Einwohner des Konzessionsgebiets.

Die Produktion in Haselünne schaffte die geforderten Mengen nicht mehr. Eine neue, größere Anlage musste her. Da zwei Drittel des Absatzes in den Raum Osnabrück gingen, beugte sich Hubert Heydt den betriebswirtschaftlichen Erfordernissen und entschloss sich schweren Herzens, den neuen Betrieb nicht am emsländischen Stammsitz, sondern in Osnabrück zu bauen.

Mit dem gefundenen Standort in Haste konnte immerhin ein Wunsch des Inhabers erfüllt werden: Wer aus Haselünne oder dem übrigen Emsland nach Osnabrück einfuhr, erblickte als erstes den Heydt′schen Coca-Cola-Betrieb. Ende 1958 drehte sich das Füll-Karussell zum ersten Mal.

Die Coca-Cola-Philosophie gebot damals, dass sich das durstige Publikum jederzeit vom hohen Reinlichkeitsstandard bei der Abfüllung überzeugen möge. Deshalb lag das Herzstück der Anlage im rechten Gebäudeteil hinter großen Schaufenstern. Darüber befanden sich die Sirupherstellung und das Rohstofflager, dahinter im Anbau das Voll- und das Leergutlager. Links war der Bürotrakt, während im mittleren Eingangsbereich Gäste und Besucher empfangen wurden. Die drei Fontänen vor dem Eingang ließen allerdings klares Wasser sprudeln und nicht etwa Coca-Cola damit Kinder nicht auf falsche Gedanken kamen.

Während der 40-jährigen Coca-Cola-Geschichte unter der Flagge Heydt wurden mehrfach Um- und Erweiterungsbauten vorgenommen. 1974 wanderte die neue Großabfüllung in den Anbau. Man konnte das jetzt nicht mehr so gut zeigen″, sagt Hammerich dazu, denn wegen der enorm gestiegenen Produkt- und Verpackungsvielfalt kam es häufig zu Produktionsunterbrechungen, die der Laie vielleicht als Pannenserie missverstanden hätte.″

Der durchgreifende Strukturwandel auf der Absatzseite führte Ende der 1990er-Jahre zu einem Umdenken bei Coca-Cola Deutschland. Die großen Handelsketten agierten ebenso wie die Systemgastronomie bundesweit zunehmend zentral. Das dezentrale Produktions- und Vertriebsnetz über selbstständige Konzessionäre passte nicht mehr dazu. Deshalb kündigte Coca-Cola die bisherigen Konzessionsverträge.

Die Bedingungen waren fair, wir sind gut auseinandergekommen″, sagt Hammerich im Rückblick. Die CCE AG habe auch die Liegenschaft in Haste übernommen. Die Coke-Produktion in Osnabrück war dadurch aber nicht für alle Zeiten gesichert. Schon 2003 war eine Schließung im Gespräch. Damals retteten die Einführung des Dosenpfands und die dadurch eingetretene höhere Nachfrage nach den in Osnabrück abgefüllten Literflaschen fürs Erste den Fortbestand.

Bald ist Schluss

Aber nun scheint das Produktions-Aus wohl unabwendbar: Die CCE AG hat kürzlich angekündigt, die Standorte Osnabrück und Haselünne bis spätestens zum Jahresende zu schließen der fortschreitende Strukturwandel gebiete eine weitere Bündelung an wenigen großen Standorten. Für 123 betroffene Mitarbeiter bekommt der alte Coke-Werbespruch Mach mal Pause″ dann eine neue, zynische Bedeutung.

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Bildtexte:
Abfüllen im Schaufenster entsprach 1958 der Coca-Cola-Philosophie - jedermann sollte sich von den hygienischen Produktionsabläufen überzeugen können. Am nördlichen Stadteingang entstand 1958 der mustergültige neue Abfüllbetrieb nach den Vorgaben des Lizenzgebers. Lange vor dem Bau der vierspurigen B 68 führte die alte Oldenburger Landstraße dichter als heute am Betrieb vorbei.
Nicht mehr auf dem Präsentierteller: Die Betriebsgebäude des Konzernbetriebs Coca-Cola sind heute von der Bramscher Straße aus nicht mehr einsehbar. Die moderne Abfüllanlage steht in einem Anbau.
Fotos:
Privatarchiv Hammerich/ Georg Bosselmann, Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks


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