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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Wie sauber ist das Wasser in Osnabrück?
 
Ist das Wasser in Osnabrück mit Arznei verseucht?
Zwischenüberschrift:
Umweltrisiko durch Rückstände
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Werden die Abwässer des Osnabrücker Klinikums von Arzneimittelrückständen befreit, bevor sie in die öffentliche Kanalisation eingeleitet werden? Und wie ist es angesichts einer zunehmenden Verunreinigung des Wassers durch Medikamente und ihre Abbauprodukte um die Qualität des wichtigsten Lebensmittels in Osnabrück bestellt? Das wollte die SPD-Fraktion im Rat von der Stadtverwaltung wissen und erhielt eine Antwort, die nur zum Teil beruhigend ist: Krankenhausabwässer werden diesbezüglich in Osnabrück vor der Einleitung ins Netz nicht gereinigt, teilen die Stadtwerke mit. Die Trinkwassergüte entspreche darüber hinaus den Vorgaben. Allerdings gebe es bei der Wasserversorgung und Entwässerung noch keine Grenzwerte für Arzneimittel und ihre Abbauprodukte.

Osnabrück. Diese Anfrage der SPD-Fraktion an die Stadtverwaltung lässt aufhorchen: Gelangen durch das Osnabrücker Klinikum Arzneimittelrückstände in den Wasserkreislauf? Die Stadtwerke geben Entwarnung mit Einschränkungen. Denn hauptverantwortlich für solche Verschmutzung seien nicht Krankenhäuser, sondern die Bürger. Und ganz besonders Bauern.

Zunächst einmal wirkt es wie eine Beruhigungspille, wenn Stadtwerke-Sprecher Marco Hörmeyer im Gespräch mit unserer Redaktion feststellt: " Im Abwasser von Osnabrück sind keine Spuren von Medikamenten und ihren Abbauprodukten nachweisbar." Noch besser klingt es sogar, wenn er erklärt, dass die Stadt in der " glücklichen Lage" sei, ihr Trinkwasser aus tiefen Grundwasserschichten zu gewinnen. Dies gewährleiste eine natürliche Reinheit beim Lebensmittel Nummer eins, wie sie andernorts nicht möglich sei, weil das Trinkwasser dort von der Oberfläche, sprich aus Seen und Flüssen stammt.

Trügerische Sicherheit

Doch die Sicherheit ist trügerisch. Dass in Deutschland zunehmend Arzneimittelrückstände in die Umwelt gelangen, ist wissenschaftlich belegt. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) in Osnabrück berichtet von mehr als 150 Wirkstoffen, die seit 1994 in Erde, Wasser, Luft, aber auch in Klärschlamm und Gülle gefunden wurden. Und zwar in Konzentrationen, die bis zu zehnmal höher seien, als es Grenzwerte im Bereich von Pflanzenschutzmitteln zuließen.

Auffallend hohe Werte zeigten etwa Röntgenkon trastmittel, Schmerzmittel und Entzündungshemmer oder auch Hormonpräparate wie die Antibabypille, heißt es einer DBU-Fachinfo von April 2015. Es sei nachweisbar, dass Tiere etwa Fische und Insekten durch freigesetzte Medikamentenreste geschädigt würden. Gefahren für die menschliche Gesundheit, beispielsweise durch Arzneimittelspuren im Trinkwasser, würden nach Ansicht von Experten heute zwar nicht bestehen. " Allerdings sind Langzeitwirkungen bisher noch nicht untersucht." Und: Als " durchaus gravierend" wird eine mittelbare Gesundheitsgefährdung durch Antibiotika angesehen.

Gefahr durch Antibiotika

450 bis 600 Tonnen jährlich werden laut DBU hierzulande von diesem " Allheilmittel" gegen bakterielle Infektionen über öffentliche Apotheken und Klinikapotheken abgegeben. Annähernd dreimal so hoch sei die Menge an Antibiotika, die für den Einsatz in der Tiermedizin bestimmt ist. Folge: zunehmende Resistenzen bei krankheitserregenden Bakterien.

Auch für Osnabrücks Stadtwerke-Sprecher Hörmeyer ist damit klar: " Hauptverursacher von Arzneimittelrückständen im Wasser sind die Veterinärmedizin und die Allgemeinheit." Was vom städtischen Klinikum und anderen Medikamenten-Umschlagplätzen wie Alten- und Pflegeheimen ins öffentliche Kanalnetz eingeleitet werde, sei diesbezüglich zu vernachlässigen. Ähnliches gilt für die anderen Krankenhäuser in Osnabrück, wie Recherchen unserer Redaktion ergeben haben. Sowohl Paracelsus-Klinik als auch Marienhospital und Franziskus-Hospital Harderberg betonen, dass sie ihre Altmedikamente nicht in das Abwasser geben, sondern fachgerecht entsorgen. Und mit Antibiotika gehe man ohnedies besonders sparsam um, heißt es.

Ein größeres Problembewusstsein wünschen sich die Stadtwerke auch von ihren Kunden in den Haushalten. Anstatt nicht mehr benötigte Medikamente in der Toilette zu verklappen, sollten diese in den Restmüll geworfen, besser noch in einer Apotheke oder im Schadstoffmobil abgegeben werden, empfiehlt Hörmeyer. Auch in der Landwirtschaft könne es letztlich nur darum gehen zu vermeiden, dass übermäßig viele Rückstände von Tierarzneimitteln oder andere, unter Umständen schädliche Stoffe wie Nitrat auf die Felder und somit letztlich in den Wasserkreislauf gelangten.

Pflicht zum Ökolandbau

Die Stadtwerke Osnabrück verfolgen dazu seit 25 Jahren eine eigene Strategie: Um das Grundwasser rund um die beiden Wasserwerke Thiene (Alfhausen) und Wittefeld (Neuenkirchen-Vörden) die zusammen etwa zwei Drittel der benötigten Trinkwassermenge liefern möglichst rein zu halten, hat der Versorger inzwischen 180 Hektar angrenzender Ackerflächen gekauft und weitere 120 Hektar gepachtet. Bewirtschaften dürfen die Felder ausschließlich Ökolandbauern.

Ob und wie das Grundwasser in Osnabrück mit Arzneimittelrückständen belastet ist, wird übrigens zurzeit von der unteren Wasserbehörde untersucht. Das Ergebnis soll dem Rat im Herbst mitgeteilt werden.

Mehr zum Thema Arzneimittelrückstände im Wasser lesen Sie auf www.noz.de/ os. Dort erfahren Sie auch, welchen Weg das Abwasser in Osnabrück nimmt.

Kommentar
Bumerang

Arzneimittel gehören zum täglichen Leben und sind für die Gesundheit von Mensch und Tier unverzichtbar. Ihre unsachgemäße Entsorgung über Abfluss und Toilette belastet die Umwelt jedoch auf vermeidbare Weise. Ihr übermäßiger Gebrauch in der Landwirtschaft, wo Rückstände beim Ausbringen von Dung und Gülle auf die Felder und damit in den natürlichen Kreislauf gelangen, erst recht.

In beiden Fällen hat der Verbraucher die Macht, es zu ändern. Alte Pillen und schale Säfte aus der Hausapotheke in den Müll zu werfen, anstatt sie in der Kanalisation zu verklappen, ist besonders leicht. Schwieriger ist es, durch bewussten Konsum von nachhaltig produzierten Lebensmitteln auf einen schonenderen Umgang mit Nutztieren hinzuwirken.

Ändert sich aber nichts, werden Medikamente für den Menschen möglicherweise eines Tages zum Bumerang und schaden mehr, als sie helfen.
Autor:
Sebastian Stricker


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