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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Mus für die Minderbemittelten
Zwischenüberschrift:
Sommer 1915: Armenspeisung, Fleischdiebstähle und Entenjagd
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Ein Jahr nach Kriegsbeginn hat das Heer der Witwen und Waisen auch in Osnabrück erschreckende Größenordnungen angenommen. Wohlfahrtseinrichtungen versuchen, ihnen ihr Los zu erleichtern. Eine wichtige Rolle dabei spielt die Musküche des Hausfrauenbundes. Die Wieman′sche Familienstiftung hat dafür in ihrem Anwesen an der Süsterstraße zwei luftige, helle, saubere Zimmer und einen kühlen Keller unentgeltlich zur Verfügung gestellt.

" Der Hausfrauenbund möchte unserer minderbemittelten Bevölkerung in der gegenwärtigen so teueren Zeit einen billigen und dabei gesunden und nahrhaften Brotaufstrich bieten", schreibt dazu das " Osnabrücker Tageblatt". In den wenigen Wochen seit der Eröffnung seien bereits neun Zentner Rhabarber verarbeitet worden. Die Abgabe zu Vorzugspreisen laufe direkt ab Musküche und über hiesige Geschäfte. Das " Bundesmus" habe bereits eine gewisse Stadtberühmtheit erlangt, heißt es. Nach der Rhabarber-Zeit sollen weitere Früchte, so wie die Jahreszeit sie anbietet, verarbeitet werden. Der benötigte Zucker wird überwiegend aus Vereinsmitteln gekauft. Den Kochherd verlieh ohne Vergütung die Firma Rudolf Lüer, während Anrichte, Gerätschaften und Kochtöpfe von Frauen des Vereins beigesteuert wurden. Eine " bedeutende Menge" Kohlen ließ zudem die Firma Schweppe unentgeltlich anfahren. Ein großer Vorzug der Wohlfahrtseinrichtung sei es, schreibt die Zeitung, dass sie auch arbeitslosen Frauen eine Beschäftigung gegen mäßige Bezahlung biete.

Rentner sollen arbeiten

Regierungspräsident Bötticher ruft alle Pensionäre und Rentenempfänger auf, sich zur Teilnahme an der nationalen Arbeit zur Verfügung zu stellen. Das Vaterland bedürfe jetzt aller Kräfte, auch der sonst nicht mehr voll arbeitsfähigen Männer, weil die Zeit der " angestrengten Erntearbeiten" bevorstehe. " Ich gebe hiermit die Zusicherung, dass aus solcher vorübergehender aushilfsweisen Tätigkeit keine Schlüsse auf die Arbeitsfähigkeit des Einzelnen gezogen werden und insbesondere keine Herabsetzung der Renten zu befürchten ist", lässt der Regierungspräsident verlauten. " Darum, Pensionäre und Rentner, helft mit, was in euren Kräften steht, damit in den nächsten Wochen und Monaten die Ernte geborgen und die neue Saat bestellt wird. Dann werden die Aushungerungspläne unserer Feinde weiter zunichte werden. Helft alle mit in dem Kampfe hinter der Front, bis frei das Meer und frei das Brot für uns", tönt er gegen die britische Seeblockade.

Schlachtzahlen

Der Schlachthof Osnabrück gibt die Schlachtzahlen für Juni 2015 bekannt: Es wurden 17 Pferde geschlachtet, 399 Stück Rindvieh, 7 Stück Jungvieh, 774 Kälber, 625 Schweine sowie 40 Schafe und Ziegen.

Die unter Ernährungsgesichtspunkten nicht unwichtige Entenjagd auf dem Dümmer hat begonnen. Nach ersten Berichten brüten im Schilf mehr Enten als in den Vorjahren. Man meint, dass das häufige Geschützfeuer und die durch militärische Bewegungen in der Nordsee hervorgerufene Unruhe die sonst auf den Inseln brütenden Enten ins Binnenland vertrieben haben. Trotzdem war die Beute von vier Jägern aus Diepholz, die die Entenjagd von Kähnen aus ausübten, nur gering, teilt die " Diepholzer Kreiszeitung" mit.
Notprüfungen in höheren Lehranstalten sollen zurückgenommen werden, schlägt das Kriegsministerium dem Unterrichtsministerium vor. Die bei Beginn des Krieges getroffene Anordnung zur früheren Ablegung der Reifeprüfung sei von dem Gedanken geleitet gewesen, die Heeresergänzung durch junge, gebildete Leute zu fördern. Dadurch sei eine große Zahl junger Leute ins Heer gekommen, die weder körperlich noch sittlich reif für die Anforderungen eines Feldzuges seien. So richteten sich diese vielfach für ihr Leben zugrunde, ohne dem Vaterlande damit zu nützen. Weiterhin berge der große " Verbrauch" des gebildeten Teils der männlichen Jugend im Kriege die Gefahr eines Rückganges der geistigen Betätigung des deutschen Volkes auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens in sich. Deshalb erscheine es zweckmäßiger, die Schüler erst heranreifen zu lassen.

Die hohen Fleischpreise sind wohl mit die Ursache der sich mehrenden Räucherwarendiebstähle. Vor der Strafkammer stand etwa ein Ehepaar aus Bakum. Der Mann war angeklagt, aus einer Fleischwarenfabrik einen größeren Posten Schinken und Wurst gestohlen zu haben. Der Mann bekam wegen Einbruchdiebstahls acht Monate Gefängnis, die Frau wegen Hehlerei einen Monat.

Hauptpost

Größere Umbaumaßnahmen in der Hauptpost Wittekindstraße sind abgeschlossen. Wegen des stark gestiegenen Postverkehrs war eine Erweiterung der Schalter halle nach dem Hofe hin notwendig geworden. In der Halle und an den Geldschaltern sind die Lichtverhältnisse verbessert worden. Die neuen Schließfachschränke sind ebenfalls besser belichtet, sodass man die Nummern jetzt besser lesen kann. Die Gesamtzahl der Postschließfächer stieg von 121 auf 160. Sämtliche Räume sind nun mit elektrischem Licht ausgestattet. Eine Stempelmaschine wurde installiert, die Handstempelungen entbehrlich macht. Beim Publikum hätte die gleichzeitige Aufstellung einer Barfrankierungsmaschine, die das zeitraubende Aufkleben von Marken bei Massenauflieferungen erspart, vielleicht größeren Anklang gefunden, merkt das " Tageblatt" kritisch an.

Ein Leserbriefschreiber geißelt das Mitbringen von Hunden auf den Wochenmarkt: " Da stehen in Körben am Boden Spargel, Kirschen, Gurken, Salat usw. Erst ein gewisses Beschnüffeln und dann als Abschied .... Solche Fälle habe ich mindestens 25-mal beobachtet, eine Rücksichtslosigkeit ohnegleichen. Neulich kam eine Dame mit einem Wolfshund. Als der Hund das obenstehende Manöver ausführen wollte, schlug ihn die Marktfrau mit einem Drahtkorb auf einen gewissen Teil des Körpers mit den ärgerlichen Worten: ' Du Scheißhund, dafür ist hier nicht der Platz!' Als Dank drehte der Hund sich zähnefletschend um, ohne von seiner Herrin eine Zurechtweisung zu erhalten. Im Gegenteil hörte man beim Weggehen die Schmeichelworte: ' Armer Mausi, wollte sie dich schlagen? Recht so, wehr dich nur!' Wäre ich die Marktfrau gewesen, so hätte ich der Dame den Korb mit dem bepinkelten Salat zur Verfügung gestellt mit den Worten: ' Wünsche guten Appetit!' Hoffentlich tragen diese Zeilen dazu bei, dass der groben Unsitte gegengesteuert wird."
Bildtext:
Die Musküche in der Süsterstraße 2 gibt den fruchthaltigen Brotaufstrich " an die minderbemittelte Bevölkerung" ab, wie dieses Foto eines unbekannten Fotografen zeigt.
Quelle:
Niedersächsische Landesarchiv - Standort Osnabrück
Autor:
Joachim Dierks


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