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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Triste Kabelkästen sollen bunt werden
 
Osnabrück hatte schon früh was auf dem Kasten
 
Ein Kasten Buntes
Zwischenüberschrift:
Aber die bunte Kunst verblasst mit den Jahren
 
Telekom lockert Genehmigungsverfahren für Sprayer – Ausbeutung von Künstlern?
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Die Telekom will Farbe in das triste Grau der Kabelkästen an deutschen Straßen bringen. Graffiti-Künstlern wird es leichter gemacht, sie zu gestalten. Die Aktion unter dem Motto " Grau raus, bunt rein" erntet aber nicht nur Beifall.

Osnabrück. Die Deutsche Telekom erleichtert ab sofort das Bemalen ihrer Verteilerkästen (siehe Kultur, Seite 28). In Osnabrück gab es bereits vor acht Jahren eine Aktion zur Verschönerung der grauen Kästen. Allerdings nagt der Zahn der Zeit an vielen Gemälden. Und eine Neuauflage ist derzeit nicht geplant.
" Osnabrück hat was auf dem Kasten" hieß der damals einzigartige Wettbewerb der Stadt. Im Sommer 2007 hatte die Osnabrück Marketing und Tourismus GmbH (OMT) gemeinsam mit den Jugendzentren Westwerk und Ostbunker junge Künstler aufgerufen, ihre Ideen kreativ ins Bild zu setzen. Die Stadtwerke unterstützten die Aktion und stellten die Flächen auf den schmucklosen Kästen zur Verfügung. " Das außergewöhnliche Projekt leistet nicht nur einen Beitrag zur Verschönerung der Innenstadt, es fördert zudem das kreative Engagement der Jugendlichen", sagte der damalige OMT-Geschäftsführer Oliver Mix.
Die Entwürfe für die Kästen sollten sich mit typischen Osnabrücker Alltagssituationen beschäftigen. Da gab es Fußballkunst in Lila-Weiß und das Wappen der Stadt, das Osnabrücker Rad. Die meisten Motive aber widmeten sich Comic-Helden wie Spongebob Schwammkopf, Berühmtheiten wie Charly Chaplin und vor allem den Köpfen der Künstler entsprungenen Fantasiegestalten. Lediglich einmal muste die Stadt einschreiten: Eine Comic-Figur, die sich mit einer Pistole das Hirn aus dem Kopf schießt, durfte nicht gemalt werden. Keine Gewaltverherrlichung und Pornografie waren weitere Auflagen.
Elf Straßenzüge, darunter die Lotter Straße, Pagenstecherstraße und Iburger Straße, wurden im Sommer vor acht Jahren zur Kunstmeile. Rund 1000 Farbdosen wurden dabei verbraucht. Die Materialkosten für die Aktion trug damals die OMT. Die Telekom wird in diesen Tagen kritisiert, weil sie zwar ihre Kästen zur Verfügung stellt, aber die Kosten zur Verschönerung den Künstlern überlässt.
Aus der Osnabrücker Bürgerschaft gab es viel Lob und nur einige Beschwerden. Die kamen damals nur von Leuten, die den Verteilerkasten vor ihrem Haus auch gerne schön bunt besprüht haben wollten. Denn die grauen " Multifunktionsgehäuse", wie sie im Fachjargon genannt werden, sind im sauberen Zustand allenfalls unschön. Meistens aber werden sie von illegalen Sprayern mit deren Tags (Signaturen) beschmiert und erscheinen dadurch noch hässlicher und ungepflegter.
Nach der Aktion im Sommer 2007 erfüllte sich zudem die Hoffnung, dass andere Möchtegern-Sprühkünstler die Werke achten und darauf keine eigenen Spuren hinterlassen. Einige der zehn an der Aktion beteiligten jungen Leute hatten ihre Wurzeln übrigens selbst im illegalen Milieu. Finanziell gelohnt hat es sich für sie im Nach hinein: Nachdem öffentlich wurde, was sie auf dem Kasten haben, gab es etliche Aufträge.
Heute sind viele der bunten Kästen verblasst. An einigen Stellen sind sie ganz verschwunden, wurden ausgetauscht oder abgeschafft. Doch auch die Überreste der bunten Aktion sind allemal ansehnlicher als die hässlichen, beschmierten, grauen Verteilerkästen. Allerdings ist eine Neuauflage der Verschönerungsaktion nach Auskunft der heutigen OMT-Vorsitzenden Petra Rosenbach nicht geplant.

Bildergalerie und mehr auf www.noz.de
Bildtexte:
Das grüne Eichhörnchen schien schon 2007 ärgerlich darüber zu sein, dass es mit den Jahren immer blasser werden würde. Der Verteilerkasten mit diesem bröckelnden Motiv steht am Kollegienwall.
Das Häschen von der Martinistraße.
Vorher, nachher und ganz ohne Bemalung. Viele Verteilerkästen sehen mit den Signaturen wilder Graffiti-Sprüher verwahrlost und dreckig aus. Die Motive am Markt (oben links) und an der Johannisstraße (unten rechts) sind gut erhalten.
Fotos:
Michael Gründel

Osnabrück. Mit einem Kasten Buntes will die Deutsche Telekom Farbe in das triste Grau an deutschen Straßenrändern bringen. Das Telekommunikationsunternehmen ermöglicht es Sprayern seit einigen Tagen , ihre Kreativität völlig legal auf den bundesweit mehr als 100 000 Verteilerkästen zu versprühen. Die Aktion unter dem Motto " Grau raus, bunt rein" erntet aber nicht nur Beifall.
So wirft der in Osnabrück geborene Graffiti-Künstler René Turrek der Telekom vor, sie wolle so die Kosten für die längst fällige Reinigung und Instandsetzung vieler Kästen auf die Künstler abwälzen. " Die Aktion ist doch nichts anderes als ein großes Sparprogramm des Unternehmens ", kritisiert Turrek im Gespräch mit unserer Zeitung . Er fordert die Telekom auf, die Sprayer angemessen zu vergüten. Auch auf der Webseite des Unternehmens empören sich Kreative: " Denkt denn jeder, dass Künstler von Luft und Liebe leben? Wieder ein gutes Beispiel für eine kostenlose Künstlerausbeute! Ein Riesenkonzern, der kein Cent für die Künstler zahlt!", schreibt zum Beispiel Eugen.
Bares für Buntes ist aber auch in dem neuen Genehmigungsverfahren der Telekom für die Verschönerung der Kästen nicht vorgesehen. Trotzdem haben sich nach Angaben von Unternehmenssprecherin Stefanie Halle schon wenige Tage nach Bekanntgabe der Aktion an die 100 Bewerber gemeldet, die die grauen Kästen aufmotzen möchten. Das war übrigens auch vorher schon möglich. Die Antragsteller mussten allerdings so viel Papierkram bewältigen, dass das viele abschreckte.
E-Mail-Version
Jetzt hat die Telekom das Verfahren erheblich vereinfacht: Der Antrag steht nun als E-Mail-Version zur Verfügung, die nur noch formlos bestätigt werden muss. In einem Flyer sind alle wichtigen Bedingungen zusammengefasst. Und unter der E-Mail-Adresse " produktion@ telekom.de" gibt es eine zentrale Anlaufstelle. Angesichts der anhaltenden Debatte über eine mögliche Ausbeutung der Künstler betont Telekom- Sprecherin Halle ausdrücklich: " Wir haben nur die , Barrieren′ gesenkt und den Ablauf vereinfacht. Wir rufen aber nicht mit Nachdruck auf, sich bei uns zu melden."
Doch auch, wenn Hürden für die Sprayer nun aus dem Weg geräumt wurden, von freier Kunst kann nicht die Rede sein: Bewerber müssen Standort, Entwurfsskizze und Informationen über den aktuellen Zustand des Gehäuses einreichen. Kommerzielle, aber auch religiöse Botschaften sind tabu. In den Regionen wird dann von der Niederlassung geprüft, ob es sich überhaupt um ein Gehäuse der Telekom handelt und ob das gewünschte Motiv umsetzbar ist.
Auch bei der Wahl der Farben gibt es eine Einschränkung. Die hat allerdings ausschließlich technische Gründe: " Klar ist, dass unsere Kästen nicht tiefschwarz angemalt werden dürfen", erläutert die Corporate Bloggerin der Telekom Luisa Vollmar. Der Grund: Die verstärkte Wärmeentwicklung könnte einen Hitzestau hervorrufen und der Technik schaden. Aus gleichem Grund dürfen auch die Lüftungsauslässe, Schließvorrichtungen und Scharniere nicht bemalt oder lackiert werden. Für die künstlerische Gestaltung empfehlen die Telekom-Experten wetterbeständige Farbe auf Dispersionsbasis.
Damit sei es aber längst nicht getan, meint Graffiti-Künstler Turrek: " Bevor die Kästen besprüht werden können, müssen die Künstler sie intensiv reinigen und grundieren, sonst haftet die Farbe nicht auf der Oberfläche und blättert schon nach kurzer Zeit ab. Und wie erbärmlich das dann aussieht, kann man ja überall sehen."
Nach Schätzungen kostet es im Schnitt etwa 100 Euro, einen Kasten von missratener Kunst zu befreien. Etwas preiswerter dürfte die Reinigung sein, wenn das Gehäuse zwar schmutzig aber noch unbemalt ist. " Bei etwa 100 000 Verteilerkästen bundesweit müssten die Unternehmen dafür ganz schön tief in die Tasche greifen", meint Turrek. Er sieht auch noch einen anderen Vorteil für die Besitzer der Kabelkästen, zu denen neben der Telekom auch RWE und zum Beispiel die jeweiligen Stadtwerke gehörten: " Wenn Sprayer sie einmal farbig gestaltet haben, werden sich wohl so schnell keine anderen Graffiti-Künstler illegal über sie hermachen."
Digitaler Wandel
Der digitale Wandel hat dafür gesorgt, dass es im Stadtbild inzwischen sehr viele unterschiedliche Varianten des Kabelkastens gibt: die gewöhnlichen Kabelverzweiger, die mit einer Höhe von 135 Zentimetern und einer Breite von 75 Zentimetern keine aktive Technik enthalten. Mehr und mehr kommen sogenannte Multifunktionsgehäuse, die für die Glasfasertechnik nötig sind, hinzu: 1, 60 Meter hoch, ein Meter breit und 50 Zentimeter tief sie sind so klotzig, dass viele Bürger sich an ihnen stören.
So mussten jüngst in Nordhorn Kommunalpolitiker darüber diskutieren, wie solch ein unattraktives Sammelsurium grauer Plastikkästen in zentraler Lage der Stadt verschönert werden könnte. Der Vorschlag aus dem Dezernat des Stadtbaurates, die Verteilerschränke unterschiedlicher Größe mit einer Holzkonstruktion " einzuhausen", sollte allerdings rund 30 000 Euro kosten und fand allein schon deshalb keine Zustimmung. Auch die Aussicht, dass diese Gesamtkonstruktion die Möglichkeit zum Sitzen bietet und mit vier unterschiedlichen Höhen zu einem " attraktiven Erscheinungsbild" beitrage, konnte nicht überzeugen.
Turreks Vorschlag, die grauen Kästen von Graffiti- Künstlern gegen Bezahlung verschönern zu lassen, wäre da preiswerter. Doch es gibt ein Problem: Ausgerechnet die Multifunktionsgehäuse, deren große Flächen für Bürger besonders störend, für Sprayer dagegen besonders attraktiv sind, bleiben für Künstler wohl weiterhin tabu: Denn die Giganten unter den Kabelkästen stehen unter Strom. Sie beherbergen aktive Technik, Stromversorgungseinrichtungen inklusive. Und beim unsachgemäßen Hantieren mit Flüssigkeiten droht den Sprayern die Gefahr eines elektrischen Schlages.

Bildergalerie Graffiti auf Verteilerkästen in Osnabrück finden Sie im Internet unter www.noz.de Dort lesen Sie auch " Osnabrück hat schon lange was auf dem Kasten"
Bildtext:
Vorher, nachher: Aus beschmierten Verteilerkästen können ambitionierte Sprayer Schmuckstücke machen, wie diese Beispiele zeigen.
Fotos:
imago/ imagebroker/ Tekekom
Autor:
Ulrike Schmidt
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