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Osnabrück. Nach 22 Jahren stellt die CDU wieder den Oberbürgermeister von Osnabrück: Wolfgang Griesert siegte am Sonntag in der Stichwahl mit 54, 85 Prozent gegen die SPD-Bewerberin Birgit Bornemann. Die Wahlbeteiligung lag bei 41, 77 Prozent." Ab Montag wird das Rathaus gerockt", jubelte Griesert im Ratssitzungssaal, wo er von seinen Anhängern gefeiert wurde. Offizieller Dienstbeginn ist der kommende Donnerstag, wenn der Wahlausschuss das Ergebnis amtlich festgestellt und Griesert die Wahl angenommen hat. Der 56-Jährige, der am Wahltag auch seinen Geburtstag feierte, dankte seiner Gegenkandidatin Birgit Bornemann (SPD) für den fairen Wahlkampf. Bornemann kam auf 45, 15 Prozent. Sie war noch vor Ende der Auszählung auf die Bühne der SPD-Wahlparty gestiegen und hatte Griesert zum Wahlerfolg gratuliert. " Wir müssen es nehmen, wie es ist", sagte sie und dankte ihren Unterstützern. Die Genossen reagierten mit tosendem Applaus und stehenden Ovationen für die Verliererin. " Wir finden, Birgit wäre die Bessere gewesen", sagte ein enttäuschter SPD-Vorsitzender Jens Martin. Feierstimmung dagegen im CDU-Lager. Fraktionschef Fritz Brickwedde funkte aus dem Urlaub: " Dies ist ein überzeugender Wahlsieg für Wolfgang Griesert und die Osnabrücker CDU. Die Wähler haben sich für den erfahrenen Stadtbaurat entschieden. Jetzt müssen alle Parteien nach vorn schauen und den neuen OB im Interesse der Stadt unterstützen." Es ist das erste Mal, dass die CDU in Osnabrück eine Direktwahl des Oberbürgermeisters gewinnen konnte. Letzte CDU-Amtsträgerin war Ursula Flick, die bis 1991 ehrenamtliche Oberbürgermeisterin war. Griesert tritt die Nachfolge von Boris Pistorius (SPD) an, der nach der Landtagswahl im Februar niedersächsischer Innenminister wurde. 2005 war Griesert als Stadtbaurat nach Osnabrück gekommen. Zuvor war der gelernte Architekt in leitenden Funktionen in Kiel, Krefeld und Minden tätig gewesen. Der frühere Stadtbaurat hatte bereits bei der Oberbürgermeisterwahl 2006 kandidiert, aber mit 44 Prozent verloren. 2012 lehnte die rot-grüne Mehrheit im Stadtrat die Wiederwahl Grieserts als Stadtbaurat ab. Er schied Ende Mai dieses Jahres aus dem Verwaltungsvorstand aus. Zufriedenheit herrschte in allen Lagern über die Wahlbeteiligung, die mit 41, 8 Prozent zwei Prozentpunkte über der der Stichwahl 2006 lag. Die Sorge war groß gewesen, dass viele wegen der Herbstferien der Wahl fernbleiben würden. In Hannover stellt weiterhin die SPD den Oberbürgermeister. Stefan Schostok setzte sich in der Stichwahl souverän mit 67, 99 Prozent gegen den CDU-Bewerber Matthias Waldraff durch. Schostok wird damit Nachfolger von Stefan Weil, der seit Februar das Land regiert. Bei der Landratswahl in Hameln-Pyrmont erlebte der frühere Innenminister des Landes, Uwe Schünemann (CDU), mit nur 40 Prozent eine herbe Schlappe. Es siegte der SPD-Kandidat Tjark Bartels. Bildtext: Wolfgang Griesert (CDU) verlies am Sonntagabend beschwingt das Osnabrücker Rathaus, wo er am Donnerstag offizell das Amt des Oberbürgermeisters übernimmt. Er gewann überraschend deutlich die Stichwahl gegen Birgit Bornemann (SPD). Foto: Gert Westdörp Kommentar Eine lahme Ente? Die Wahl Grieserts stößt das Machtgefüge in Osnabrück nicht um. Die rot-grüne Zählgemeinschaft verfügt mit 26 Stimmen über die absolute Mehrheit im Rat, wenn auch nur mit einer Stimme Vorsprung. Halten SPD und Grüne zusammen, können sie den neuen CDU-Oberbürgermeister bei allem, was er anstoßen will, gnadenlos auflaufen lassen. Werden sie es auch tun? Werden sie den neuen OB zu einer lahmen Ente (" lame duck") machen, wie die Amerikaner einen Präsidenten ohne Mehrheit im Kongress nennen? Die Fraktionschefs Frank Henning (SPD) und Michael Hagedorn (Grüne) sind sich ihrer Verantwortung für die Stadt gewiss bewusst. Auch sind sie politisch erfahren genug, um professionell mit der neuen Lage umzugehen. Aber sie sind auch so machtbewusst, dass sie dem neuen OB die kalte Schulter zeigen werden, wenn der zu sehr auf der CDU-Parteischiene fahren sollte. Sie sitzen am längeren Hebel. Sie haben die Mehrheit. Deshalb liegt der Schlüssel bei Griesert selbst. Er kann die Gefahr der eigenen Lähmung früh bannen, wenn er, wie man es von einem Oberbürgermeister erwarten kann, sich von seiner Partei keine Fesseln anlegen lässt. Er muss sich als überparteiliche Führungspersönlichkeit profilieren, sich auf Rot-Grün zubewegen und die Zählgemeinschaft bei allen Initiativen frühzeitig mit ins Boot holen. Hannover . Ein Paukenschlag in Osnabrück, ansonsten zumeist erwartete Resultate – das ist das Fazit der Stichwahl von Bürgermeistern und Landräten am Sonntag in Niedersachsen. In Osnabrück siegte der CDU-Kandidat Wolfgang Griesert unerwartet deutlich mit 54, 8 Prozent gegen die SPD-Bewerberin Birgit Bornemann (45, 2 Prozent). Im ersten Durchgang hatte der frühere Stadtbaurat zwar mit 46, 5 Prozent klar vorne gelegen; Bornemann (33, 6 Prozent) wurde jedoch in der Stichwahl unter anderen von den Grünen (11, 9 Prozent) unterstützt und konnte sich so noch gute Chancen ausrechnen. Die Wahlbeteiligung lag in der Hasestadt bei 41, 77 Prozent. In Hannover gewann mit Stefan Schostok (SPD) der Favorit. Nachdem der 49-jährige frühere Chef der SPD-Landtagsfraktion im ersten Durchgang mit 48, 9 Prozent knapp die absolute Mehrheit verfehlt hatte, holte er dies nun nach und gewann in der Stichwahl mit 66, 3 Prozent klar gegen seinen CDU-He rausforderer Matthias Waldraff (33, 7 Prozent). In Hameln-Pyrmont behauptete sich bei der Landratswahl der SPD-Kandidat Tjark Bartels deutlich mit 59, 8 Prozent gegen seinen prominenten CDU-Bewerber. Ex-Innenminister Uwe Schünemann erreichte nur 40, 2 Prozent. Er hatte sich zuletzt Kritik wegen einer Datenaffäre beim niedersächsischen Verfassungsschutz ausgesetzt gesehen. In Northeim fiel dagegen bei der Stichwahl um den Posten des Landrats das Ergebnis knapper als erwartet aus. Amtsinhaber Michael Wickmann (SPD), der im ersten Wahlgang 49, 8 Prozent geholt hatte, siegte mit 51, 9 Prozent vor Bernd von Garmissen (CDU) mit 48, 1 Prozent. Weitere Resultate aus den Gemeinden: Jever: Hauchdünn setzte sich Jan Edo Albers (CDU) mit 51, 1 Prozent gegen Frank Schnieder (SPD) mit 48, 9 Prozent als Bürgermeister durch. Seevetal: Martina Oertzen (CDU/ 59, 7 Prozent) siegte vor Ulrich Sauck (SPD/ 40, 3 Prozent). Adelebsen: Holger Frase (SPD/ 68, 7 Prozent) gewann vor Elke Vetter (CDU/ 31, 3 Prozent). Ronnenberg: Bürgermeisterin ist Stephanie Harms (CDU/ 52, 8 Prozent) vor Torsten Kölle (SPD/ 47, 2 Prozent), der vor zwei Wochen noch vorne lag. Marklohe: Samtgemeindebürgermeister wurde Volker Friemelt (54, 3 Prozent) vor Joachim Rhein (45, 7 Prozent). Beide Kandidaten gehören keiner Partei an. Sulingen: Das Amt des Bürgermeisters übernimmt der parteilose Dirk Rauschkolb, der mit 58, 1 Prozent gegenüber seinem ebenfalls parteilosen Konkurrenten Frank Maatz (41, 9 Prozent) die Oberhand behielt. Hollenstedt: In der Samtgemeinde konnte sich Heiner Albers von der Wählergemeinschaft mit 52, 4 Prozent knapp gegen den parteilosen Mike Wille (47, 6 Prozent) als neuer Bürgermeister durchsetzen. Bildtext: Wahlsieger in Hannover: Ministerpräsident Stephan Weil (rechts) freut sich mit Stefan Schostok (beide SPD) über dessen Einzug ins Rathaus der Landeshauptstadt. Foto: dpa Kommentar Kein einheitlicher Trend Ein landesweiter Trend lässt sich aus den Stichwahlen am Sonntag nicht ableiten. Dazu war die Zahl der Entscheidungen viel zu gering, und mancherorts überlagerten auch lokale Besonderheiten das Geschehen. Dennoch sind einige Resultate bemerkenswert. Das gilt allen voran für Osnabrück, wo es ja Spitz auf Knopf stand und sich die spannende Frage auftat, ob die hektische Wiedereinführung der Stichwahl den erhofften Effekt für Rot-Grün bringen würde. Die Antwort ist klar: Es hat nichts genutzt. Auch mithilfe der Grünen gelang es SPD-Kandidatin Birgit Bornemann im zweiten Durchgang nicht, die Führung ihres CDU-Kontrahenten Wolfgang Griesert wettzumachen. Das bedeutet auch für Rot-Grün auf Landesebene eine herbe Enttäuschung. In Hannover dagegen hatte sich die Waage schon vorher eindeutig in Richtung von Stefan Schostok geneigt. In der Stichwahl setzte sich der SPD-Mann nun souverän durch und wahrte einen Nimbus: Hannover bleibt seit 1946 ununterbrochen rot regiert. Selbst Angela Merkel, so scheint es, hätte hier wohl als Kandidatin für den OB-Sessel keine Chance. Auf verlorenem Posten stand auch Ex-Innenminister Uwe Schünemann bei der Landratswahl in Hameln-Pyrmont. Dass die Niederlage jedoch so krass ausfiel, kam unerwartet. Ob die Datenaffäre um den Verfassungsschutz da doch eine Rolle spielte? Osnabrück. Eigentlich ist Wolfgang Griesert nach langen Wahlkampfwochen am Sonntagabend nach Urlaub. Aber daraus wird nichts, zeigt sich der Wahlsieger an seinem 56. Geburtstag pflichtbewusst. Genau wisse er nicht, wann er morgen im Oberbürgermeisterbüro aufschlägt. Aber er komme. Wenngleich er sein Amt offiziell erst nach Feststellung des amtlichen Endergebnisses antreten kann. Das wird für Donnerstag erwartet. Auf Griesert wartet nach acht Monaten der OB-Sessel-Vakanz einiges an Arbeit. Dessen ist er sich bewusst. Nach seinem Ausscheiden als Stadtbaurat im Mai sei er nicht 100-prozentig auf dem Laufenden, was im Klinikum los ist. Denn neben den bekannten Baustellen wie Neumarkt und Güterbahnhof werde er sich zu Beginn wohl auch um die wirtschaftliche Situation im Klinikum kümmern müssen, obwohl dort sehr engagierte Mitarbeiter arbeiteten. Er werde sich auch mit dem Konversionsprozess befassen, um hier die erfolgreiche Arbeit fortzuführen. Bei dem Trubel im Rathaus wird " seine beste Wahlkampfhelferin", wie sie der Kandidat vor ein paar Tagen auf Facebook gelobt hat, von den zahlreichen Gratulanten und Medienleuten etwas an den Rand gedrängt: Maria-Elisabeth Griesert begleitete zusammen mit ihrem Sohn Nikolaus und Tochter Christina ihren Mann am Sonntagabend vor die Fernsehkameras und strahlt: " Ich bin überglücklich, dass mein Mann die Wahl gewonnen hat." Bis tief in die Nacht hinein habe sie manchmal zusammen mit Sohn Nikolaus – Alexander, das dritte Kind der Grieserts, ist derzeit im Ausland – Plakate nachgeklebt oder abgerissene wieder aufgehängt. Aber die frischgebackene OB-Frau dankt allen Osnabrückern, die ihrem Mann die Stimme gegeben haben. Der Wahlsieger selbst beschreibt seine Stimmung: " Es war in den letzten Stunden eine sehr große Anspannung." Eine Stichwahl habe ihre eigenen Gesetze, und nachdem die Wähler das Ergebnis vom 22. September so klar bestätigt hätten, sei die ganze Last von ihm abgefallen. Er freue sich auf die Arbeit als OB " für diese schöne Stadt". Griesert freut sich auf eine konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Rat und baut bei seiner Arbeit auf die " ganz, ganz tolle Verwaltung". Der Vorstand unter Leitung von Rita-Maria Rzyski habe in der Übergangszeit hervorragende Arbeit geleistet. Schon gegen 18.30 Uhr war im Rampendahl, dem Hauptquartier der Christdemokraten am Wahlabend, die Anspannung einer lockeren Siegesgewissheit gewichen. Ratsmitglied Anette Meyer zu Strohen jubelte unüberhörbar, als gut zwei Drittel der Wahlbezirke ausgezählt waren und Griesert doch schon deutlich in Führung lag. Auch Fritz Brickwedde schaltete sich aus dem Urlaub über Fraktionsgeschäftsführer Alexander Illenseer zu: " Dies ist ein überzeugender Wahlsieg für Wolfgang Griesert und die Osnabrücker CDU." Die Wähler hätten sich für den erfahrenen Stadtbaurat entschieden. Einen Seitenhieb auf die politische Konkurrenz verkniff sich Brickwedde nicht: " Ich bin sehr froh, dass die persönlichen, unsachlichen und unwahren Angriffe des SPD-Fraktionsvorsitzenden Henning nach hinten losgegangen sind." Ganz bewusst habe die CDU-Fraktion OB-Kandidatin Bornemann nicht persönlich kritisiert und einen fairen Wahlkampf geführt. Für den Ratsvorsitzenden Josef Thöle (CDU) war der Grund für Grieserts Wahlerfolg klar: " Kompetenz setzt sich durch." Bürgermeister Burkhard Jasper (CDU) erinnerte seine Parteifreunde an Ursula Flick, die letzte Christdemokratin auf dem Chefsessel im Rathaus. Seit sie 1991 nicht erneut kandidiert hatte, habe die Partei in Osnabrück diesen Tag herbeigesehnt. Nachdem schließlich Griesert selbst bei seinen Parteifreunden im Brauherrensaal eingetroffen und mit Geburtstagsständchen und Wolfgang-Wolfgang-Rufen gefeiert worden war, dankte er den Helfern – von ganz jung bis Mitte 80 – die ihn unter anderem bei seinen rund 8000 Hausbesuchen begleitet hatten. Bildtext: Siegerparty mit Wolfgang Griesert: Der neue OB und seine Frau Maria-Elisabeth danken den Helfern fürs Plakatekleben. Foto: Michael Gründel Osnabrück. 72, 8 Prozent für Birgit Bornemann! Wenn das Wahlergebnis aus der Overbergschule repräsentativ wäre, dann hätte die SPD-Kandidatin den Chefsessel im Rathaus erobert. Hat sie aber nicht. Schon 20 Minuten nach Schließung der Wahllokale wird es beklemmend ruhig auf der Wahlparty der SPD in der Lagerhalle. Immer wieder blendet der Genosse am Laptop das Traumergebnis aus der Overbergschule ein, aber schon bald will es niemand mehr sehen. Je mehr Stimmbezirke ausgezählt sind, desto klarer fällt der Trend für den CDU-Kandidaten Wolfgang Griesert aus. Das sehen alle, aber kaum einer sagt etwas dazu. Birgit Bornemann, an ihrem pinkfarbenen Blazer weithin erkennbar, ist mit ihrem Mann Winfried, ihren Söhnen Frank und Gerrit, Enkel Erik und ihrer besten Freundin Jutta Sajovitz in die Lagerhalle gekommen. Dieses kleine Clübchen stellt sich fast die ganze Zeit schützend im Halbkreis um sie auf, ohne andere Partygäste abzuschotten, die mit aufmunternden Worten kommen. Die Kandidatin lächelt viel an diesem Abend, und dieses Lächeln wandelt sich innerhalb der entscheidenden 30 Minuten. Anfangs erscheint es noch zuversichtlich, dann hoffend, und am Ende, als es um sie herum still wird, wirkt es eingefroren. Um 18.30 Uhr, in diesem Moment, in dem die Gewissheit der Niederlage schon zum Greifen nah ist, gesellt sich der Grüne Michael Hagedorn zum Bornemann-Clan und tröstet die Kandidatin mit dem Hinweis, ihr Wahlkampf habe deutlich mehr Stimmen pro Euro eingebracht als bei der schwarzen Konkurrenz. Sie will seine Einschätzung hören, Hagedorn spricht es leise aus: " Ehrlich gesagt, ich glaub′s nicht mehr." Und fügt beschwichtigend hinzu, dass in den Briefwahlergebnissen ja noch eine Hoffnung stecke. Ein paar Minuten später sagt Birgit Bornemann im kleinen Kreis, die Sache habe sich wohl erledigt. Dann tritt sie entschlossen auf die Bühne und spricht aus, was alle denken: " Ich glaub, das lässt sich nicht mehr drehen." Sie richtet einen Glückwunsch an die Adresse ihres Kontrahenten Wolfgang Griesert, bedankt sich bei ihren Parteifreunden und den Grünen-Unterstützern, tröstet sich und die anderen mit einem Seufzer: " Wir müssen′s so nehmen, wie es ist." Was die Niederlage für die rot-grüne Mehrheit im Stadtrat bedeutet, bringt der SPD-Vorsitzende Jens Martin auf den Punkt: Ein CDU-Oberbürgermeister – " das macht es nicht leicht". Im Hinausgehen wird Birgit Bornemann von einem Fernsehreporter gefragt, warum es denn nicht geklappt habe. Einsilbig gibt sie ihm die Antwort: " Weil weniger Osnabrücker mich gewählt haben als Wolfgang Griesert!" Bildtext: Nein, es hat nicht gereicht: Birgit Bornemann mit Ehemann Winfried (rechts) und ihren Söhnen Frank und Gerrit bei der SPD-Wahlparty in der Lagerhalle, Foto: Klaus Lindemann Kommentar Bloß keinen Dauerstreit Frank Henning, Landtagsabgeordneter und Fraktionsvorsitzender der SPD im Rat, ist ein freundlicher und verbindlicher Mensch. Im Umgang mit dem politischen Gegner allerdings agiert der 46-Jährige knallhart. Seit dem rot-grünen Sieg bei der Kommunalwahl 2011 lautet seine Devise: Wir regieren ohne Kompromisse durch. Das zeigte sich nicht zuletzt beim Umgang mit Wolfgang Griesert, den die von Henning geführte Ratsmehrheit sogar gegen den ausdrücklichen Wunsch des damaligen SPD-Oberbürgermeisters Boris Pistorius aus dem Amt des Stadtbaurats drängte, um an seiner Stelle einen Dezernenten zu installieren, der den Grünen nahesteht. Als dann auch noch SPD und Grüne mit hauchdünner Mehrheit die Macht im Landtag übernahmen und eilig die für rot-grüne Kandidaten günstige Stichwahl wiedereinführten, schien das Ziel zum Greifen nahe: eine auf allen Ebenen von roten und grünen Parteigängern regierte Stadt, in der die CDU stärkste Fraktion im Rat sein mag – aber nichts zu melden hat. Doch die Wähler haben anders entschieden: Ausgerechnet Griesert, dem Henning und Grünen-Fraktionschef Michael Hagedorn brüsk den Stuhl vor die Tür gestellt haben, wird nach 22 Jahren der erste Osnabrücker Oberbürgermeister mit CDU-Parteibuch. Der SPD-Kandidatin Birgit Bornemann ist es trotz eines engagierten Wahlkampfes nicht gelungen, ihr größtes Manko auszugleichen: Unbekanntheit und politische Unerfahrenheit. Henning, Hagedorn und Griesert müssen nun versuchen, zu einem konstruktiven Miteinander zu finden. Ansonsten wird der politische Alltag in Osnabrück von Machtspielchen und Rempeleien zwischen Oberbürgermeister und Ratsmehrheit geprägt sein. Das kann in Zeiten großer kommunalpolitischer Herausforderungen niemand wollen. Wolfgang Wellmann, Stadtsportbund: " Seine Aussagen im Wahlkampf zum Thema Sport waren für uns immer positiv. Bei persönlichen Gesprächen zeigte sich er stets gut informiert. Er unterstützt die strategischen Ziele des Stadtbundes bei der Erhöhung der städtischen Zuschüsse für die Pflege vereinseigener Anlagen und beim Bau- und Erschließungskonzept für den Limberg. Wir sind sicher, dass er im Sinne des Osnabrücker Sports agieren wird." Ralf Waldschmidt, Theaterintendant: " Ich wünsche mir, dass die wichtige und Osnabrück prägende Verbindung von Kultur, Bildung und sozialen Belangen im Sinne einer solidarischen Stadtgesellschaft weitergeführt wird. Soziale und kulturelle Themen sind zwei gleichwertige Komponenten einer lebenswerten Stadt. Ich habe es in Osnabrück immer so erlebt, dass man an einem Strang zieht. Mein Wunsch ist, dass das so weitergeht." Petra Tiesmeyer, Gewerkschaftsbund: " Ich hoffe, dass er in seiner Stadtarchitektur die richtigen Weichen stellt. Ich erwarte, dass er die Prioritäten, wie sein Vorgänger, auf ein soziales Osnabrück setzt und Armut, besonders der Kinder, weiterhin mit System bekämpft wird. Dazu gehört auch, dass Herr Griesert seinen Einfluss für gute Arbeitsplätze einsetzt und die Wirtschaftsförderung und - ansiedlung daran ausrichtet." Herlinde Fohs, Initiative Lebendiges Osnabrück: " Ich erwarte von ihm, dass er die Stärke und Durchsetzungskraft hat, den Stopp des Einkaufscenters am Neumarkt gegen die Ratsmehrheit durchzusetzen. Das ist kein einfacher Wunsch, aber ich bin überzeugt, dass das Center unsere Stadt kaputtmacht, ohne den Neumarkt und die Johannisstraße zu beleben." Stefan Wilker, Klimaallianz: " Wir erwarten, dass er entschieden daran arbeitet, dass Osnabrück ökologischer und sozialer wird. Es geht konkret um globale Gerechtigkeit. Um eine Stadt, die massiv Energie spart, die auf Energiewende, ÖPNV und Fahrräder setzt (statt auf Kohle, Pkw und Flughafen). In der Wohnen und Mobilität für alle bezahlbar sind, Straßen und Plätze den Menschen gehören, die viel mehr Beteiligung wagt." Till Wahl-Lokale Till hätte einen Vorschlag, wie die Wahlbeteiligung zu steigern wäre: Stimmabgabe in der Kneipe. Da sollten die städtischen Wahlbeauftragten ruhig mal ins Umland schauen. Nach der Stimmabgabe noch ein Schwätzchen an der Theke und gemeinsam ein Bierchen auf den Wahlsieg – oder die Niederlage. Das schafft eine Atmosphäre, die in nüchternen Klassenräumen niemals aufkommen kann. Es heißt ja auch: Wahl-Lokal. Bismorgen E-Mail: till@ noz.de
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Autor:
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Michael Schwager, Rainer Lahmann-Lammert, Wifried Hinrichs, Hans Brinkmann, Arne Köhler, Till
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