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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
SMS per Brieftaube
Zwischenüberschrift:
September 1913: Kartoffelfeuer, Chausseeäpfel und Lebendgeflügel
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Nicht nur Flugzeuge und Luftschiffe faszinierten die Osnabrücker vor hundert Jahren. Auch Freiballone hatten nichts von ihrer Anziehungskraft auf die Massen eingebüßt. Beim Start zu einer Freiballon-Wettfahrt, wie er am 21. September 1913 über die Bühne ging, mussten Platzkarten verkauft werden, um des Ansturms Herr zu werden.

Wer die Vorbereitungen zum Aufstieg und den Start selbst aus der Nähe miterleben wollte, musste 50 Pfennig Eintritt bezahlen und Belehrungen über sich ergehen lassen. Denn das Rauchen und alle sonstigen Handlungen, bei denen Funken entstehen konnten, waren strengstens untersagt. Alle Straßen im Umkreis des Füllplatzes bei der Gasanstalt waren polizeilich gesperrt. Den nötigen Auftrieb besorgte nämlich das leicht entzündliche und zudem giftige Leuchtgas, das die städtische Gasanstalt an der Luisenstraße durch Kohlevergasung herstellte.

Die Freiballon-Wettfahrt trugen je drei Osnabrücker und Bielefelder Ballonbesatzungen der jeweiligen Luftschifffahrtsvereine gegeneinander aus. Für Osnabrück starteten die Ballone " Osnabrück", " Continental II" und " Continental III" mit den Führern Toepken, Pratje und Frau Ortmann, für Bielefeld stiegen natürlich – " Bielefeld", " Elmendorf" und " Münster" auf. Die Reisevereinigung der Brieftaubenliebhaber gab jedem Ballon eine Anzahl Brieftauben in Käfigen mit. In bestimmten Abständen während der achtstündigen Fahrt wurden sie mit Nachrichten vom Fahrtverlauf gespickt und freigelassen. " Die auf diese Weise von den in der Luft befindlichen Ballons einlaufenden Nachrichten wurden noch am gleichen Tage veröffentlicht", schrieb das Osnabrücker Tageblatt.

Die Kartoffelernte hatte bei schönem Spätsommerwetter begonnen. " Allerorts regen sich fleißige Hände, um die Ernte, die mittlere bis gute Erträge liefert, unter Dach zu bringen", schrieb das Blatt. Damit war auch die Zeit der Kartoffelfeuer wieder gekommen. Am letzten Freitag war " amtlicher Brenntag" gewesen, und diese Gelegenheit wurde gründlich benutzt, um sich des Kartoffelkrautes und mit ihm vieler Schädlinge der Feldfrüchte zu entledigen. Viele Bürger rümpften zwar die Nase über die vielen Kokeleien, aber letztlich sei das Verfahren unentbehrlich, meinte die Zeitung. " Über die Hafer- und Weizenstoppeln ziehen bereits Pflugschar und Egge, während Herbst-, Steck- und Runkelrüben noch weiter ihrer Vollreife entgegengehen." So mache der schöne Spätsommer noch vieles wett, was der nasse Frühsommer versäumt habe.

Die Früchte an den Chausseebäumen erfuhren vor hundert Jahren eine weitaus größere Wertschätzung als heutzutage. Das lässt sich an den öffentlichen Aufrufen zum Obstverkauf im Annoncen-Teil ablesen. Da kündigt etwa der Provinzial-Wegemeister Bätz die Versteigerung von " etwa 30 Zentner Spätobst" an der Chaussee Osnabrück–Bremen im Streckenabschnitt Vehrte bis Leckermühle an, Treffpunkt vormittags 10 Uhr beim Handweiser in Haaren. Oder: " Landstraße Osnabrück–Lotte, etwa 50 Zentner, Beginn vormittags 10 Uhr bei Bellevue".

Der " Verein zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für den Polizeibezirk Eversburg", ein Vorläufer des Bürgervereins, hielt unter Vorsitz des Lehrers Schwenke bei Gastwirt Klatte eine Versammlung ab. Die Eingabe des Vereins an den Magistrat, die Wasserleitung endlich bis zum Friedhof Eversburg zu verlängern, war abschlägig beschieden worden. Zur Begründung hatte es geheißen, dass bei der in Eversburg üblichen " einfachen Gräberpflege" die vorhandene Wasserversorgung durch eine Handpumpe genüge. Das brachte die Eversburger auf die Palme. In der Begründung liege eine Beleidigung für jeden Eversburger! Auch wurde festgestellt, dass die Pumpe immer noch nicht in einen gebrauchsfähigen Zustand versetzt sei.

Die beantragte Einfriedigung des Obdachlosenheimes mit einem zwei Meter hohen Bretterzaun war ebenfalls abgelehnt worden. Begründung: Das Haus liege sowieso schon isoliert. Und außerdem seien " verschiedene unruhige Elemente inzwischen aus dem Heim entfernt worden". Das sahen die Mitglieder des Bürgervereins ganz anders. Denn dort hätten kürzlich wiederholt " Skandal-Szenen" stattgefunden, wodurch Nachbarn und Passanten belästigt worden seien.

In einem Leserbrief wird der " sehr reformbedürftige Zustand" beklagt, dass die Zusammenstellung der Zugwaggons zu wenig Rücksicht auf die " minder bemittelte Bevölkerung" nehme: " Während in der Regel so viele 2.- Klasse- und 3.-Klasse-Wagen mitgeführt werden, daß selbige oft nur spärlich besetzt sind, befinden sich im Zuge oft nur 1 bis 2 Wagen der 4. Klasse, eine Erscheinung, die mit der Zahl der diese Klasse benutzenden Personen in gar keinem Verhältnis steht." Sie würden " vollständig zusammengepfercht", selbst Frauen mit Kindern auf dem Arm müssten bis Münster stehen.

Tierquälerei auf dem Wochenmarkt ist ein Thema. Generell sei es verboten, Geflügel an den Beinen befestigt mit herabhängenden Köpfen zu transportieren. In Osnabrück könne man das jedoch an jedem Markttag sehen, schreibt ein Leser. " Ist es nicht genug, daß die armen Tiere durch das Drücken und Befühlen auf ihr Gewicht hin schon genug gemartert werden? Müssen sie auch noch oft eine Stunde lang beim Heimbringen die größten Qualen ertragen?" Einige Tage später schlug ein anderer Leser Abhilfe dadurch vor, dass auf dem Wochenmarktplatz eine geeignete Anlage geschaffen werde, die das Schlachten des Geflügels durch eine sachkundige Person an Ort und Stelle ermögliche, " natürlich dem öffentlichen Anblick entzogen". In anderen Städten wie etwa Bielefeld gebe es so etwas schon. Das bereite nicht nur der Tierquälerei ein Ende, sondern biete auch " den Hausfrauen eine Annehmlichkeit insofern, als sie dann der oft nicht gern geleisteten Arbeit des Schlachtens enthoben sind".

Vom 16. bis zum 22. September gastierte der Zirkus Schumann auf dem Platz an der Alten Münze mit einem " in Osnabrück noch nie gezeigten Riesen-Weltstadt-Programm". Zu den " 30 wirklich erstklassigen Attraktionen", die die Annonce verspricht, gehört " Mr. Laurent, der Mann mit der eisernen Hand! Er zerschlägt Feldsteine von 7 10 Pfund mit der flachen Hand ohne Hülfsmittel". Und ein Herr namens Mac Frog, das lebende Aquarium: " Er verschluckt Goldfische und Frösche lebend zu Dutzenden und bringt dieselben auf Kommando wieder lebend zum Vorschein."
Bildtext:
Taufe des Freiballons " Osnabrück" im Jahr 1909 auf dem Gelände der Städtischen Gasanstalt Luisenstraße/ Sandbachstraße. Das Foto von Rudolf Lichtenberg stammt aus der Ansichtskarten-Sammlung von Helmut Riecken.
Autor:
Joachim Dierks


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