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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Hinterhof-Kirchlein war immer voll
Zwischenüberschrift:
Die Elisabethkapelle zwischen Lotter und Augustenburger Straße um 1936
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Schlecht zu finden, aber immer brechend voll. So charakterisieren Zeitzeugen die erste katholische Kirche im Westen Osnabrücks, die 1931 von der Domgemeinde in eine zunächst noch begrenzte Eigenständigkeit entlassen wurde. Die Elisabethkapelle war von bescheidener Gestalt und von Anfang an nur als Übergangslösung gedacht. Nach der Weihe der neuen Elisabethkirche an der Rückertstraße 1953 wurde sie zum Gemeindehaus zurückgestuft, verlor nach dem Neubau des Gemeindezentrums 1979 aber gänzlich ihre Daseinsberechtigung und wurde abgerissen.

Ein schmaler Durchgang zwischen den Häusern Lotter Straße 64 und 66 führt an dem Spielplatz des Heilpädagogischen Kindergartens Irmgard-Kestner-Haus vorbei zu der rückwärtigen Parzelle Lotter Straße 65, auf der die Elisabethkapelle stand. Von ihr ist nichts mehr zu sehen. Der Neubau des etwas aus der Straßenflucht zurückgesetzten Wohnhausblocks Augustenburger Straße 92 bis 96 mit den zugehörigen Garagen hatte eine Neugestaltung des Bereichs ausgelöst. Gärten und schlichte Zweckbauten bestimmen heute das Bild zwischen den beiden Straßenzügen.

Konrad Nölker, Elisabeth-Pfarrer von 1969 bis 1993, wurde nach dem Tod seines Vorgängers Joseph Sprehe nach Osnabrück berufen. Er hatte zuvor an Lübecker Gymnasien katholischen Religionsunterricht erteilt und war Jugendseelsorger für Schleswig-Holstein. Bischof Wittler hatte in ihm den passenden Hirten erkannt, der mit Schwung den Aufbau der jungen Elisabethgemeinde fortsetzen sollte. Der heute 87-Jährige hat die Elisabeth-kapelle erstmals erlebt, als sie bereits entweiht war und als Jugendheim genutzt wurde. Sein erstes Erlebnis: " Ich machte die Tür auf, und mir kam eine Staubwolke entgegen. Dazu das Gekreische einer Handvoll Jungens, die mit dem Besen in der Hand einem Tennisball hinterherjagten. Da wusste ich: Hier bin ich richtig." Besenfußball war vom Kirchenvorstand erlaubt worden. Beim richtigen Fußballspiel, so Nölkers heutige Lagebeurteilung, hätten die Fensterscheiben wohl keine Chance gehabt.

Die Gründung der Elisabethgemeinde geht auf das Jahr 1930 zurück. Die Domgemeinde platzte mit mehr als 20 000 Seelen aus allen Nähten. Der Wunsch der Katholiken im Westteil der Stadt, eine eigene Gemeinde zu bilden, wurde immer drängender. Bischof Berning verfügte die Abspaltung eines eigenständigen Seelsorgebezirks von der Domgemeinde und berief Carl Schulte zum ersten Kaplan, ab Dezember 1931 zum Pastor. Die Domgemeinde kaufte von Textilhändler Albert Schwinges ein 1000 Quadratmeter großes Grundstück mit aufstehendem Lagerhaus an der Lotter Straße. Das wurde mit einem Mansardendach, wie es zur übrigen Bebauung passte, aufgestockt, bekam einen Glockenturm als Dachreiter aufgesetzt und wurde im Innern für kirchliche Zwecke hergerichtet. Glashändler Deppen stiftete vier Fenster mit Bleiverglasungen. Im ersten Obergeschoss war die Wohnung des Pastors.

1938 trat Kaplan Hermann Vogelsang in die Dienste der jungen Gemeinde, 1941 löste Pastor Sprehe Gründungspastor Schulte ab. Es zeigte sich bald, dass die Elisabeth-kapelle mit ihren knapp 100 Sitzplätzen der wachsenden Gemeinde nicht genügend Raum bot. Wenn die Feuerwehr wegguckte, passten mit Stehplätzen 250 Menschen in den Kirchensaal. Anfangs reichten zwei heilige Messen am Sonntag, um allen Gemeindegliedern Gelegenheit zu geben, dem Sonntagsgebot nachzukommen. Im Krieg waren dafür bis zu sieben Messen erforderlich.

Nach dem Krieg spitzte sich die Enge durch den Zustrom Heimatvertriebener noch zu. Eine kleine Entlastung brachte die sogenannte Barackenkirche. Sie wurde im Zusammenhang mit der Schulbaracke 1946/ 47 an der Augustenburger Straße eingerichtet. Sie bot zwar mehr Sitzplätze, war aber ansonsten ein noch erbärmlicheres Provisorium als die Elisabethkapelle. Die schon lange verfolgten Pläne zum Bau einer " richtigen" Elisabethkirche erlitten einen Rückschlag durch die Währungsreform, die die angesammelten Spendengelder des Kirchenbauvereins entwertete. Am 24. August 1952 war es endlich so weit: Bischof Berning legte den Grundstein der Elisabethkirche. Am 7. Juni 1953 wurde sie in einer mehrstündigen Prozedur feierlich geweiht und gesalbt.

Die Elisabethkapelle wurde weiterhin gebraucht. Sie diente fortan als Jugendheim. In der ehemaligen Pastorenwohnung im Obergeschoss richteten die Pfadfinder ihre Gruppenräume ein. 1972 unternahm die Gemeinde noch einmal eine Kraftanstrengung und verschönerte mit großen Eigenleistungen den alten Kirchensaal. An die Ostwand, wo früher der Altar gestanden hatte, zauberte Malermeister Eichholz eine riesige Bildtapete mit einer Darstellung des mittelalterlichen Osnabrücker Marktplatzes. Als dann 1979 das neue Gemeindehaus eingeweiht war, hatte die alte Kapelle endgültig ausgedient.
Bildtexte:
Ein umgebautes Lagerhaus diente der Elisabethgemeinde von 1931 bis 1953 als Gotteshaus. Blick von der Rückseite der Häuserzeile Lotter Straße in Richtung Augustenburger Straße.
Ansichtskarte aus der Sammlung Helmut Riecken
Gärten, Garagenhöfe und viel Grün haben das Areal der früheren Elisabethkapelle zurückerobert.
Foto:
Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks
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