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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Vom Schuhmacher zum "Bankdirektor"
Zwischenüberschrift:
Die Fellensiekstraße erinnert an ein Atteraner Original
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Früher kannte jeder in Atter Wilhelm Fellensiek, weil er 35 Jahre lang, von 1929 bis 1964, die örtliche Sparkassen-Zweigstelle leitete. Er war das Gesicht der Sparkasse und für Atteraner Kinder, die noch nie eine andere Sparkasse gesehen hatten, die leibhaftige Verkörperung eines Geldinstituts schlechthin. Die älteren Atteraner nannten ihn leicht spöttisch, aber liebevoll den " Bankdirektor von Atter". Spöttisch deshalb, weil die Nebenstelle der " Sparkasse des Landkreises Osnabrück", die er in einem Zimmer seines Wohnhauses an der Kreisstraße 8 (jetzt Birkenallee 11) eingerichtet hatte, wenig gemein hatte mit einem prachtvollen Bankgebäude.
Die Bedeutung der Sparkasse als Kommunikationszentrale für Atter war gleichwohl nicht zu unterschätzen. Immerhin 180 Kunden hatte Fellensiek zu betreuen, da runter auch welche aus den Nachbargemeinden Lotte, Düte und Wersen, sodass stets Neuigkeiten aus dem Umkreis bei ihm zusammenliefen. Manch einer kam regelmäßig vorbei, um nachzuhören, ob sein eingezahltes Geld auch noch da ist.
Treffpunkt war Fellensieks Haus auch deshalb, weil hier Atters erste öffentliche Fernsprechstelle eingerichtet war, für den unteren Teil der Gemeinde (" Unten-Atter") eine wichtige Neuerung. Erstmals konnten von hier aus Telefonate " in alle Welt" geführt werden. In der Praxis muss es dabei mitunter ziemlich laut zugegangen sein einerseits wegen schlechter Verbindungsqualität, andererseits, weil die Meinung verbreitet war, dass man umso lauter sprechen müsse, je weiter der Teilnehmer am anderen Ende der Leitung entfernt sei. Und das Wand an Wand mit dem Sparkassenraum, sodass die Kunden dort alles mitbekamen.
Einer der Autoren der " Atterschen Ortsteil-Geschichte( n)", der heute 87-jährige Hermann Siegert, schildert in seinem Aufsatz über Fellensiek, weshalb die Telefonate oftmals sehr lange dauerten: " Angerufene, die noch über keinen eigenen Anschluss verfügten, mussten erst umständlich an den Apparat geholt werden. Das war dann die Aufgabe der Kinder, die dafür losgeschickt wurden." Die Zwischenzeit überbrückte man mit einem Plausch mit dem Anschlussinhaber, von dem man eigentlich gar nichts wollte. So erfuhr man immer wieder Neues, und das lange vor Handy und ständiger Radio- und TV-Berieselung.
Den Belegaustausch mit der Hauptstelle der Kreissparkasse in Osnabrück erledigte Fellensiek durch tägliche Fahrten in die Stadt mit dem Fahrrad. Dieses Training hielt ihn bis ins hohe Alter fit. Noch an seinem 80. Geburtstag beeindruckte er seine Gäste mit einer Bauchwelle am Reck, als das eine Teppichstange im Garten herhalten musste.
80 Jahre zuvor, am 13. März 1889, kam Wilhelm Fellensiek in Horn (Lippe) zur Welt. Er lernte Schuhmacher, musste zum Militär (1907 bis 1909 bei den Ulanen in Paderborn) und ging danach, wie es sich für einen lernwilligen Handwerksgesellen gehörte, auf Wanderschaft. Beim Schuster Buck in Hasbergen blieb er hängen und arbeitete zwei Jahre für ihn. Während dieser Zeit schaute er sich in der Nachbarschaft um, wo er sich selbstständig machen könnte. Im Hause August Hischemöller in Atter fand er diese Möglichkeit. Er baute seine kleine Schuhmacherei immer weiter aus, beschaffte sich bei den Bauern Rinderhäute, gerbte sie selbst und legte sich ein beachtliches Lager an. Praktischerweise nahm er sich die Tochter des Hauses, Frieda Hischemöller, zur Frau. Das Paar hatte zwei Kinder. Nach nur sieben Ehejahren verstarb die Frau am Silvesterabend 1927 ganz plötzlich.
Im Jahr darauf heiratete Fellensiek erneut, und zwar eine Luise Peters. Aus dieser Verbindung stammt eine weitere Tochter. Gleichzeitig traten bei Fellensiek gesundheitliche Probleme auf, die ihm die weitere Arbeit als Schuster unmöglich machten. Er sattelte um und übernahm die neu eingerichtete Sparkassen-Nebenstelle. Gleichzeitig führte er bis 1933 das Versorgungswerk der Bauernkasse und verkaufte Düngemittel. Von Mitte der 1930er-Jahre bis 1948 war er außerdem im Nebenamt Rechnungsführer der Gemeinde Atter. Auch im Ehrenamt, bei Sängern und Schützen, war Fellensiek gern gesehen und viel beschäftigt. Im Alter von 75 Jahren entließ ihn die Kreissparkasse 1964 in den Ruhestand. Fellensiek starb 91-jährig im Dezember 1980 an den Folgen eines Autounfalls auf der Birkenallee. Die nach ihm benannte Straße im Atterfeld liegt keine 500 Meter von seiner Wirkungsstätte an der Birkenallee entfernt.
Bildtexte:
Wilhelm Fellensiek (1889– 1980).
Die Fellensiekstraße im Stadtteil Atter.
Foto:
privat, Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks


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