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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Pistorius verspricht Entlastung
 
Getrennte Lager für Asylbewerber?
 
EU verstärkt Kooperation mit Diktaturen
 
Auf jeden Einwohner kommt ein Flüchtling
Zwischenüberschrift:
Minister besucht nach Streit Aufnahmelager – Schon 202 Übergriffe auf Heime
 
Migrationsbeauftragte Özoguz offen für Vorstoß Bayerns – Grüne strikt dagegen
 
Das Aufnahmelager in Hesepe ist hoffnungslos überbelegt – Stadtrat: Tabuisieren und Verschweigen hilft nicht
Artikel:
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Originaltext:
Bramsche/ Berlin. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat nach den gewaltsamen Zusammenstößen im Flüchtlings-Aufnahmelager Bramsche-Hesepe die strafrechtliche Verfolgung der Vorfälle und eine Entlastung der Unterkünfte angekündigt.
Bei einem Besuch in Hesepe kündigte der Minister am Donnerstag an, das Land werde " innerhalb der nächsten zwei Monate" einen neuen Standort bekannt geben und kurz danach eröffnen. Die Belegung in Hesepe sei " viel zu hoch". Außerdem würden " so schnell wie möglich" 50 neue Stellen geschaffen.
Der Konflikt in der Nacht zu Mittwoch zwischen nordafrikanischen und syrischen Flüchtlingen ist nach Auffassung von Pistorius nicht so sehr ethnisch bedingt gewesen: " Das potenziert sich durch die Enge, das ist schon eine Lagerkoller-Situation." Gegen die Straftäter würden alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft. Die verstärkte Polizeipräsenz solle auch " der Bevölkerung zeigen, dass sie sich vor nichts fürchten muss".
Auch die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, mahnte zur Besonnenheit.? " Wenn viele Menschen auf engem Raum miteinander leben, ohne dass sie arbeiten gehen können oder Deutschkurse bekommen, kann es schon mal zu Auseinandersetzungen kommen", sagte Göring-Eckardt unserer Redaktion mit Blick auf Vorfälle im Lager Bramsche/ Hesepe, wo Bewohner mit Eisenstangen aufeinander losgegangen waren. " Diese Menschen stehen zusätzlich unter hohem psychischen Druck."
CDU-Landtagsfraktionschef Björn Thümler kritisierte, die Landesregierung sei mit dem enormen Flüchtlingsstrom völlig überfordert. " Statt zügig ausreichende und menschenwürdige Kapazitäten aufzubauen, werden Aufnahmeeinrichtungen mit Menschen hoffnungslos überbelegt", sagte Thümler unserer Redaktion. Die Kommunen " fühlen sich vom Land alleingelassen".
In den ersten sechs Monaten des Jahres hat es in Deutschland bereits mehr Angriffe auf Flüchtlingsheime gegeben als im gesamten Jahr 2014. Wie das Bundesinnenministerium mitteilte, wurden im ersten Halbjahr bundesweit 202 Übergriffe gezählt. Im gesamten Vorjahr waren es 198 Fälle und auch das war schon eine Verdreifachung im Vergleich zu 2013.
Von den 202 Attacken im ersten Halbjahr 2015 gingen rund 85 Prozent auf das Konto von " rechtsmotivierten Tätern", aber immer öfter gibt es auch Akteure, die nicht direkt zum Neonazi-Milieu gehören. 26 Delikte konnten den Angaben zufolge keinem eindeutigen Täterspektrum zugeordnet werden.

Vom Umgang mit Asylbewerbern: Details und Kommentare auf noz.de
Fern der Heimat: Flüchtlingsschicksale auf noz.de/ migration
Bildtext:
Hört sich die Sorgen vor Ort an: Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (2. von links) im Aufnahmelager Bramsche-Hesepe.
Foto:
Michael Gründel

Kommentar
Ruhig Blut

Jetzt heißt es kühlen Kopf bewahren. Im laufenden Jahr hat es bereits mehr als 200 Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte gegeben. Und viele Heime sind so hoffnungslos überfüllt, dass es zwangsläufig zu Spannungen und in Einzelfällen wie im Aufnahmelager Bramsche auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommt.

Parteipolitisch begründete gegenseitige Schuldzuweisungen helfen da nicht weiter. Stattdessen ist mehr denn je Solidarität gefordert. Parolen wie " Das Boot ist voll" sind tunlichst zu vermeiden. Damit bereiten Politiker oder Medien nur Extremisten den Boden, die auch vor Anschlägen nicht zurückschrecken.

Festzuhalten bleibt vielmehr: Deutschland ist groß und reich und durchaus in der Lage, die in diesem Jahr erwarteten 450 000 Asylbewerber aufzunehmen. Solche Herausforderungen hat es auch in der Vergangenheit schon gegeben. Und sie sind zwar nicht mit Bravour, aber doch ordentlich bewältigt worden.

Damit es wieder gelingt, bleibt viel zu tun: Es muss zum Beispiel dringend mehr Wohnraum geschaffen werden, damit Flüchtlinge nicht auf Dauer Turnhallen und andere öffentliche Gebäude belegen. Und es müssen Antragsteller ohne Chance auf Asyl schnell erkannt und in ihre Heimat zurückgeschickt werden. Nur so bleibt genug Platz für diejenigen, die vor Gewalt und Verfolgung fliehen.

Berlin. Mit wachsenden Flüchtlingszahlen wachsen auch die Probleme bei der Prüfung der Asylanträge und bei der Unterbringung. 450 000 Asylbewerber werden in diesem Jahr in Deutschland erwartet. Immer mehr Politiker fordern deshalb, neue Wege zu beschreiten.

Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), hat sich offen für den bayerischen Vorschlag gezeigt, Flüchtlinge nach Herkunftsländern auf Erstaufnahmestellen zu verteilen. Das sei durchaus eine Idee, sagte Özoguz am Donnerstag im rbb-Inforadio. Über die Asylanträge müsse zudem möglichst innerhalb von drei Monaten entschieden werden, forderte sie.

Bayerns Regierung hatte am Montag einen schärferen Kurs gegenüber Flüchtlingen vom Balkan beschlossen. Demnach sollen solche Asylbewerber mit wenig oder keinerlei Chancen auf ein Bleiberecht künftig in zwei neuen, speziellen Aufnahmezentren in Grenznähe untergebracht werden. Außerdem will die Landesregierung für deutlich schnellere Abschiebungen solcher Flüchtlinge sorgen.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warnte dagegen dringend davor, Flüchtlinge gesondert unterzubringen, wie es Bayern für Asylbewerber aus dem Westbalkan plant. " Wir wollen keine Roma-Lager, das können wir uns aus historischen und aus humanitären Gründen nicht leisten", betonte die Politikerin im Gespräch mit unserer Redaktion.

Als " wenig hilfreich" wies Göring-Eckardt den Vorstoß des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zurück, den Flüchtlingen aus dem Westbalkan das Taschengeld zu streichen. Der Chef dieser Behörde, Manfred Schmidt, diskriminiere diese Asylbewerber mit dem Pauschalvorwurf, sie kämen nur wegen des Taschengelds. Stattdessen hätte Schmidt nach den Worten von Göring-Eckardt rechtzeitig dafür sorgen müssen, dass es in seinem Amt genügend Personal gebe . Das BAMF habe mit der Fehleinschätzung der Flüchtlingszahlen die organisatorischen Probleme selbst verursacht und schiebe nun über 200 000 unerledigte Verfahren vor sich her, kritisierte die Politikerin. Der Großen Koalition warf sie Versagen vor, weil sie " viel zu spät" die derzeit 2200 Stellen im BAMF um bis zu 2000 aufstocken wolle.

Die niedersächsische Grünen-Landesvorsitzende Meta Janssen-Kucz betonte, die Landesregierung habe zwar die Kapazitäten in den Erstaufnahmeeinrichtungen von 1700 auf 3400 Plätze erweitert, doch reiche dies bei Weitem noch nicht. Daher bemühe man sich um Herrichtung von drei weiteren Standorten in den nächsten Monaten.

Mit Blick auf einen gewaltsamen Zusammenstoß zwischen Flüchtlingen im Erstaufnahmelager Bramsche merkte Janssen-Kucz an, durch die Unterbringung verschiedener Ethnien auf engstem Raum sei es schwierig, Auseinandersetzungen zu verhindern. Sie trat dafür ein, hier mehr Personal einzusetzen.

CDU-Landtagsfraktionschef Björn Thümler betonte mit Blick auf die Vorfälle in Bramsche: " Kulturell und ethnisch zum Teil völlig unterschiedliche Gruppierungen werden auf engstem Raum untergebracht, das kann auf Dauer nicht gut gehen." Thümler forderte im Gespräch mit unserer Redaktion, Bewerber mit offensichtlich geringen Chancen auf Asyl müssten in den Landesaufnahmeeinrichtungen bleiben und zügig abgeschoben werden. " Dazu muss die Rückführungsquote des Landes dringend gesteigert werden." Eine CDU-Anfrage an die Landesregierung hat nach den Worten von Thümler ergeben, dass die Quote der Ausreisepflichtigen, die nicht abgeschoben werden, von 62, 5 Prozent im Jahr 2012 auf mittlerweile 73, 9 Prozent gestiegen ist.
Karikatur:
Klaus Stuttmann

Osnabrück. Die EU setzt angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen verstärkt auf die Zusammenarbeit mit autoritären Regimen in Afrika. Das geht aus vertraulichen Dokumenten hervor, die dem ARD-Magazin " Monitor" nach eigenen Angaben vorliegen.
Demnach ist unter anderem geplant, die Institutionen der Regierung in Eritrea zu " stärken" und sie bei der Bekämpfung von Fluchthelfern zu unterstützen. Sudanesische Beamte sollen einem Vorab-Bericht zufolge im " Migrationsmanagement" geschult werden. Auch sei geplant, " das " Grenzmanagement" des Südsudans zu verbessern: Darüber hinaus solle ein Trainingszentrum an der " Polizeiakademie in Kairo" etabliert werden und sollten Polizisten und Strafverfolgungsbehörden der afrikanischen Staaten mithilfe der EU ausgebildet werden.
Der EU-Kommissar für Migration, Dimitris Avramopoulos, sagte dem Magazin: " Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass wir es dabei mit autoritären Regimen zu tun haben, mit Diktaturen. Aber sie bekommen von uns keine politische oder demokratische Legitimation. Wir konfrontieren sie nur mit ihrer Verantwortung."
Menschenrechtler prangern immer wieder die Lage in Eritrea, Sudan oder Südsudan an. " Wenn wir über mögliche Bündnisse der EU sprechen, dann sprechen wir da rüber, dass das genau die Regierungen sind, die Menschen in brutaler Weise unterdrücken, foltern, töten", betonte die Generalsekretärin von Amnesty International, Selmin Çaliskan.

Bramsche. Was zu viel ist, ist zu viel, finden die weitaus meisten Heseper. Nicht erst seit den Vorfällen in der Nacht zum Mittwoch, als Flüchtlinge aus Nordafrika und aus Syrien aufeinander losgingen, ist die Überbelegung der Landesaufnahmebehörde (LAB) in ihrem Ortsteil das einzige Thema. Dabei geht es zunächst einmal gar nicht um Vorbehalte gegen Flüchtlinge, sondern um deren schiere Zahl: Hesepe hat 2531 Einwohner, in der Aufnahmebehörde sind aktuell 2496 Flüchtlinge gemeldet.
Er finde es " gut, dass wir hier in Hesepe die LAB haben und den Flüchtlingen geholfen wird", betont deshalb Hans Macke. Nicht gut findet der Rentner allerdings den Trubel, der vor seiner Haustür auf der Hauptstraße herrscht. Diese Straße nehmen die Asylbewerber, wenn sie von der LAB zum Bahnhof wollen. " In der Aufnahmestelle selbst ist offenkundig auch ständig Stress", sagt Macke. Nicht so schlimm wie bei den Vorfällen in der Nacht zum Mittwoch, aber dennoch sei von dort nachts häufig Lärm zu hören: " Sie singen, grölen, telefonieren in einer Lautstärke, dass man zwangsläufig wach wird."
Mitarbeiter im Lager, die ihren Namen lieber für sich behalten möchten, berichten von unkontrollierten Strömen von Neuzugängen. Da komme es gelegentlich schon vor, dass die nachts auf Matratzen oder gar dem Fußboden in und vor den Büros der Mitarbeiter übernachten müssten. Einen Nachbarn, der ebenfalls anonym bleiben möchte, stört, dass seiner Meinung nach die weitaus meisten Asylbewerber aus Staaten kämen, in denen ihnen keine Verfolgung drohe: " Für Bürgerkriegsflüchtlinge würde ich notfalls auch meine Garage räumen, aber doch nicht für die Leute vom Balkan."
Beim Besuch von Innenminister Boris Pistorius fordert Bramsches Bürgermeister Heiner Pahlmann (SPD) " kurzfristige Sachen ein, die der Bevölkerung helfen". Mehr Polizeipräsenz und Ideen gegen die " Müllproblematik". Er verweist darauf, dass Hesepe seit über 25 Jahren klaglos mit der Einrichtung lebt, in der zunächst Spätaussiedler, dann verschiedene Gruppen von Asylbewerbern untergebracht waren. Die Heseper Bevölkerung " verhält sich außerordentlich vernünftig", lobt Pistorius.
" Die Situation ist meiner Meinung nach inzwischen sowohl für die Bewohner, aber auch für Anwohner nicht mehr haltbar", sagt Andreas Quebbemann, CDU-Fraktionsvorsitzender im Bramscher Stadtrat. " Tabuisieren und Verschweigen von Problemen hilft auf Dauer nicht", meint Quebbemann, der aber einen sensiblen Umgang mit dem Thema anmahnt.
Zufällig trifft am Donnerstag Hans Macke den Minister, als der gerade von Hesepe weiterfahren will. " Ich habe ihm spontan gesagt, dass wir uns als Anwohner von der Politik vernachlässigt fühlen und noch nie so wirklich einer mit uns das Gespräch gesucht hätte", berichtet er danach. Der Minister habe ihm " verbindlich zugesagt, nach den Sommerferien zu uns zu kommen und mit den Anwohnern zu sprechen".
Autor:
Heiner Beinke, Hans Brinkmann, Beate Tenfelde, Uwe Westdörp, dpa


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