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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Rückenwind von den Alliierten
Zwischenüberschrift:
Methodistenkirche steht seit 1924 am Platz zwischen Schlosswall und Heinrichstraße
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Beim Stichwort Kirchen in Osnabrück denkt man zuerst an die großen Gotteshäuser, die in römisch-katholischer oder evangelisch-lutherischer Hand sind, vielleicht noch an die evangelisch-reformierte Bergkirche. Dass es aber unter den evangelischen Freikirchlern auch solche gibt, die nicht nur in schlichten Versammlungssälen zusammenkommen, sondern ein stattliches traditionsbehaftetes Kirchengebäude ihr Eigen nennen, ist weniger bekannt. Die Methodisten-Gemeinde hat seit 1924 ihre Kirche an der Heinrichstraße 64.

Auf der historischen Aufnahme aus den 1930er-Jahren begegnet uns der vorgelagerte Hindenburgplatz mit einer formalen, geometrisch abgezirkelten " französischen" Gartenarchitektur, die in dieser Perspektive geradezu auf die Methodistenkirche in der Bildmitte ausgerichtet zu sein scheint. Die Nachkriegsplatzgestaltung hat sich hingegen mehr den englischen Landschaftsgarten zum Vorbild genommen. Der hohe Baumbewuchs lässt keine Sichtachse auf die Kirche in ihrer ganzen Fassadenbreite mehr frei.

Apropos Hindenburgplatz: So hieß der Platz bis in die späten 1940er-Jahre. Dann wollte der Rat den " Steigbügelhalter Hitlers" nicht länger auf dem Stadtplan verewigt sehen und taufte den Platz in den unverdächtigen Neustädter Platz um. Übrigens brauchte unsere Nachbarstadt Münster bis 2012, um ihrem Hindenburgplatz einen neuen Namen zu geben. Osnabrücks Stadtväter blieben beim Neustädter Platz nicht stehen, sondern waren politisch stets auf Ballhöhe. So musste es sich der Neustädter Platz schon wenige Jahre später gefallen lassen, in " Platz des 20. Juli" umbenannt zu werden. Und auch dieser Name sollte nicht für die Ewigkeit sein. Ein Jahr nach seinem Tode wurde Willy Brandt 1993 zum Namenspatron des Platzes erhoben. Damit wollte man aber das Gedenken an das Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 nicht abwürgen, und so marschierte man mit den Schildern " Platz des 20. Juli" ein paar Straßenkreuzungen weiter und schraubte sie am Platz vor der Dominikanerkirche wieder an.

Zum Glück brauchten die Methodisten ihre Briefköpfe nicht laufend zu ändern. Ihre Anschrift lautete bei der erstmaligen Weihe der Kirche genau wie heute Heinrichstraße 64. Die " erste" Kirche, wie sie auf der alten Postkarte abgebildet ist, hatte nur 20 Jahre Bestand. Geweiht wurde sie am 24. Mai 1924, zerstört wurde sie im Herbst 1944 durch Spreng- und Brandbomben. 1947 begannen die Gemeindemitglieder überwiegend in Eigenhilfe mit der Enttrümmerung. Nach Plänen des Georgsmarienhütter Architekten Dälken entstand auf alten Grundmauern zwischen 1949 und 1955 ein Neubau, der sich in seiner schlichten Linienführung stark an die Vorkriegsarchitektur anlehnt. Unterschiede, die sogleich ins Auge fallen, sind der Glockenturm (früher mit barockisierender Kuppelhaube, heute ein Spitztürmchen nach Zister zienser-Art) und die Fensterformate im Hauptgeschoss (früher mit Rundbogen, heute rechteckig). Der relativ zügige Wiederaufbau 1950 Neuweihe des Kirchensaals unter provisorischem Flachdach, 1955 Fertigstellung des zweiten Bauabschnitts mit Obergeschoss, Walmdach und benachbartem Pastorenhaus Heinrichstraße 63 ist umso mehr zu würdigen, als die Methodistengemeinde alles aus eigener Kraft finanziert hat. Wie alle Freikirchen müssen die Methodisten ohne staatlich eingezogene Kirchensteuern auskommen und sind auf die freiwilligen Beiträge der Gemeindemitglieder angewiesen.

Was nach 1945 allenfalls half, war ein leichterer Zugang zu Genehmigungen und Materialzuweisungen. So schrieb Gemeindeprediger Pastor Röhlig an die Stadt: " Es wird im Sinne der Alliierten sein, daß unsere Kirche nicht zuletzt wiederaufgebaut wird. Vielleicht ist es Ihnen bekannt, daß die Methodistenkirche in Amerika die größte evangelische Kirche ist, und in England spielt sie auch eine führende Rolle." Der Militärgeistliche der britischen Besatzungstruppen, Reverend A. Stott, unterstützte die Eingaben. Er war selbst Methodist.

Die Methodisten sind aus der anglikanischen Kirche hervorgegangen, als der Engländer John Wesley um 1730 eine Erweckungsbewegung begründete. Religiöse Studentengruppen um die Gebrüder Wesley fielen in Oxford durch systematische Zeiteinteilung und Lebenseinstellung auf. Die Studenten dieses " Heiligen Clubs" wurden deshalb spöttisch als " Methodisten" bezeichnet. Der Name setzte sich fest. Im Osnabrücker Land traten die ersten Anhänger 1868 in Westerkappeln-Metten in Erscheinung, während die Osnabrücker Gemeinde 1886 als ihr Gründungsjahr betrachtet.
Bildtexte:
Die Methodistenkirche auf der Ecke Heinrichstraße/ Schlossstraße in der Bildmitte bildete in den 1930er-Jahren einen repräsentativen Abschluss des Hindenburgplatzes. Ansichtskarte aus der Sammlung Helmut Riecken
Die gärtnerische Anlage des heutigen Willy-Brandt-Platzes lässt keine Sichtachse auf die Methodistenkirche in ihrer Gesamtgröße zu.
Foto:
Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks


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