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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Schimpansen unter Vollnarkose
Zwischenüberschrift:
Gesundheitscheck vor Affentransport im Zoo Osnabrück – Kume und Kisha untersucht
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Anfang September werden die westafrikanischen Schimpansen Kume und Kisha ihren Heimatzoo Osnabrück verlassen, um in Basel und Leipzig für Nachzucht zu sorgen. Vor dem Transfer wurden die beiden neunjährigen Menschenaffen am Donnerstag zwei Stunden lang unter Vollnarkose auf Herz und Nieren untersucht ein Blick hinter die Kulissen eines nicht alltäglichen Gesundheitschecks.
Die leichte Anspannung in Kumes Kiefer hätte Warnung genug sein sollen. Fünf Minuten, glaubt Michael Böer, den feinfühligen Finger am Maul des schlafenden Primaten, bleiben jetzt noch, bevor der Schimpanse aus der Betäubung erwacht. Doch diesmal trügt den Zoodirektor seine jahrzehntelange Erfahrung als Tierarzt.
Der Affe schlägt die Augen auf zu früh! Ein letztes Röntgenbild, besser zwei, müssten noch gemacht werden, außerdem der Ultraschall. Im Halbschlaf erkennt Kume, dass er auf einem Stuhl sitzt, auf dem er selbst nie Platz genommen hat. Sieht, wie fünf Männer in Schutzkitteln um ihn herum stehen. Merkt, wie einer seinen Kopf festhält und ein anderer seine Arme. Staunt über die Kamera, mit der ein Dritter, offenbar schwer an dem bierkastengroßen Apparat tragend, auf seinen Bauch leuchtet. Und spürt die Klammer in seinem Maul, von der ein langes Kabel in ein Messgerät führt. Dem Schimpansen wird das zu viel. Er kreischt, fängt an zu zappeln und will sich losreißen was dem Tier leicht fiele im Vollbesitz seiner Kräfte, denn die Muskeln seines drahtigen Oberkörpers sind zehnmal stärker als beim Menschen. Doch bevor Kume entwischen kann, hieven Böer und seine Kollegen den Affen durch eine Gittertür. Aus seiner Weste zückt Böer eine Spritze, wie er sie für unvorhergesehene Fälle immer parat hat, und schickt Kume mit einer weiteren Ladung Betäubungsmittel zurück ins Reich der Träume. Der Zoodirektor gibt Entwarnung: keine Gefahr, alles unter Kontrolle.
Ersatz in Sicht
Als der Schimpanse wenig später erneut zu sich kommt, befindet er sich längst wieder in seinem Gehege der Erlebniswelt Takamanda und hat den Gesundheitscheck hinter sich. Stattdessen schlummert Affendame Kisha auf dem tischgroßen Holzbrett, das die Tierärzte im Schlaftrakt des Affenhauses aufgebockt haben. Denn wie Kume, der in die Schweiz geht, muss das Weibchen reisen. Und wie Kume wird sie deshalb vorschriftsmäßig auf Krankheiten wie Gelbsucht und Schimpansen-Aids untersucht, außerdem auf Herpes, Salmonellen und Tuberkulose. Anders als ihr Gefährte verschläft sie den medizinischen Test jedoch komplett. In Seelenruhe können die Tierärzte und Assistenten die Mikrochips unter Kishas Fell auslesen und auch ihr Blutproben entnehmen, die noch am Nachmittag das Deutsche Primatenzentrum in Göttingen erreichen. Bleiben sie ebenso ohne Befund wie die Röntgenbilder von Kume, werden die beiden Affen den Schölerberg in knapp zwei Wochen verlassen. Ersatz ist jedoch schon in Sicht: Aus Basel soll Schimpansin Samana kommen.
Warum Kume und Kisha überhaupt abgegeben werden, erläutert Revierleiter Wolfgang Festl: Beide Tiere seien inzwischen geschlechtsreif und sollen sich in anderen Familien fortpflanzen. Auf diese Weise soll eine von der Wildbahn unabhängige, überlebensfähige Population aufgebaut werden.
Außerdem gibt es laut Festl Führungsgerangel zwischen Kume und Alphatier Tutu, seinem Vater. " Kume bekommt viel Druck und Prügel, damit er die Weibchen nicht deckt." In der Natur würden die Affendamen das Patriarchat verlassen und abwandern. In der Zucht sei das nicht möglich.

Bildergalerie auf www.noz.de
Bildtexte:
Schimpansen-Männchen Kume liegt narkotisiert auf dem Untersuchungstisch. Das Kabel dient zur Überwachung der Körperfunktionen.
Zootierarzt Thomas Scheibe entnimmt Kume Blut aus dem linken Unterarm, während Takamanda-Revierleiter Wolfgang Festl den Schimpansen festhält. Tierärztin Christina Glier hört die Herztöne des Affen mit einem Stetoskop ab. Zoodirektor Michael Böer überwacht das Ganze.
Fotos:
Sebastian Stricker

Westafrikanische Schimpansen
Der Westafrikanische Schimpanse ist eine von vier Unterarten der Schimpansen. Sie gilt als stark gefährdet und ist mittelfristig vom Aussterben bedroht. Ihr Freiland-Bestand wird auf nur noch 15 000 bis 20 000 Tiere geschätzt. Wilderer und Jäger machen den Menschenaffen zu schaffen. Regenwaldzerstörung nimmt ihnen den Lebensraum.
Schimpansen kommen in freier Wildbahn außer in Westafrika auch in Zentralafrika sowie in der Savanne vor. Sie können über 50 Jahre alt werden, etwa so groß wie ein Schulkind, aber mit 90 Kilogramm so schwer wie ein erwachsener Mann. Schimpansen sind Allesfresser und ernähren sich von Blättern, Knospen, Früchten und Fleisch. Außerdem sind sie gute Kletterer. Mit Vorliebe laufen sie auf allen Vieren und stützen sich dabei auf den Fingerknöcheln ab. Sie leben im Familienverband, in dem es sehr temperamentvoll zugeht. Die Freude am Spiel ist stark ausgeprägt. Als Hordenführer fühlt sich das Männchen für den Schutz verantwortlich. Schimpansen sind ausgezeichnete Beobachter und Künstler in der Herstellung Werkzeuge.
Autor:
Sebastian Stricker


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