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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Ein Exportschlager kehrt zurück
Zwischenüberschrift:
Die Presse war auf Anhieb hingerissen
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Ein Karmann Ghia. Im " unverbastelten Zustand", nicht geschweißt, im ursprünglichen Lack. Das Angebot auf dem US-Portal thesamba.com sprang dem Göttinger Karmann- und Volkswagen-Spezialisten Lars Neuffer vor zwei Jahren sofort ins Auge. 2013 kaufte er den Ghia und holte ihn zurück nach Deutschland. Inzwischen hat der Karmann in Osnabrück seine neue alte Heimat gefunden. Vor 60 Jahren, im Sommer 1955, ging der Exportschlager an den Start.
Rückblick in das Jahr 1953: Das Ende des Zweiten Weltkriegs ist gerade mal acht Jahre her. In Osnabrück träumt Wilhelm Karmann von einem " schnittigen Volkswagen". Das Käfer-Cabriolet ist dem Autobauer aus der Hasestadt nicht genug. Und der Plattformrahmen des Wolfsburgers bietet sich für solche Träume geradezu an.
Ein " schnittiger Volkswagen" auf Basis des Käfers? Im Frühjahr 1953 nimmt Wilhelm Karmann Kontakt zu Luigi Segre auf, der das Turiner Designerbüro Carrozzeria Ghia führt. Ghia mit G gesprochen nicht wie es in Deutschland gerne eingeschliffen wird mit J oder Gsch. Man kennt sich von Automessen. Und Segre sieht die Chance der Kombination aus Osnabrücker Wertarbeit und italienischer Leichtigkeit. Seinem Chefdesigner Mario Felice Boano gelingt mit dem Karmann Ghia der große Wurf.
Kaum sechs Monate später bekommt Wilhelm Karmann am Rande des Pariser Autosalons in einem Vorort der Seine-Metropole den Prototyp zu Gesicht. Ein hinreißendes Coupé, unter dessen betörender Blechhaut sich ein Käfer-Serienfahrgestell und Käfer-Technik verbirgt.
Aber wie sollte man den konservativen VW-Generaldirektor Heinrich Nordhoff vom italienischen Flair überzeugen? Der Mann an der Spitze von Volkswagen steht für eine klare Linie: Keine Experimente, und schon gar nicht mit dem VW Käfer.
Im November 1953 präsentierten die Karmänner trotzdem ihr Sportcoupé einer Delegation aus Wolfsburg, darunter auch Nordhoff. Fast wider Erwarten stand der Generaldirektor dem Projekt nicht völlig ablehnend gegenüber. " Wunderschön, aber natürlich viel zu teuer", soll Nordhoff höflich angemerkt haben. " Wie wollen Sie das wissen? Ich habe den Preis doch noch gar nicht genannt", soll Wilhelm Karmann gekontert haben. Vielleicht war das ganz gut so: Bei Markteinführung kostete der Karmann Ghia mit 7500 Mark rund 3000 Mark mehr als der Käfer. 1955 eine echte Ansage.
Immerhin: Nordhoff gab am Ende grünes Licht für den VW-intern als " Typ 14" geführten Wagen. Die Vereinbarung: Wolfsburg liefert fahrfertige Chassis nach Osnabrück, dort werden die Fahrzeuge montiert. Als Karmann Ghia sollte er dann von VW-Händlern verkauft und gewartet werden. Ohne die Chassis wäre das Projekt zum Scheitern verurteilt gewesen.
Am 14. Juli 1955 war es dann so weit: Im Saal des Georgsmarienhütter Kasinos wurde der Karmann Ghia der Presse vorgestellt. Und die war hingerissen: Das Coupé aus Osnabrück wurde begeistert aufgenommen. Einen Monat später begann die Produktion.
Der Karmann wurde ein Erfolg, besonders in den USA. Der Export in die Staaten begann 1956, rund 61 Prozent der Produktion wurden dorthin geliefert. Über den Großen Teich ging damals auch der nun im " unverbastelten Zustand" aus Kalifornien nach Osnabrück zurückgekehrte Ghia. Als eines von 23 334 " Typ 14"- Fahrzeugen, die im Jahr 1968 offiziell in die USA geliefert wurden.
Per Bahn wurden die Wagen aus Osnabrück in die Seehäfen transportiert, auf Volkswagen-eigne oder von Volkswagen gecharterte Frachter verladen und in die Staaten verschifft. Gut möglich, dass er an Bord der " Johann Schulte" die Reise in die Neue Welt antrat. Das Anfang 1963 vom Stapel gelaufene Schiff fasste 1750 Fahrzeuge und war der bis dahin größte und schnellste für Volkswagen gebaute Seetransporter.
Fast 20 Jahre blieb der Ghia im Programm: Bis zum 31. Juli 1974 wurden 362 601 Coupés und 80 881 Cabrios produziert. Der Nachfolger, das bei Giorgio Giugiaro gezeichnete Scirocco-Coupé auf Golf-Basis, wird bereits ab Februar 1974 ebenfalls bei Karmann gebaut.
Knapp 40 Jahre nach dem Produktionsende kehrt der einst nach Kalifornien ausgelieferte regattablaue Ghia nach Europa zurück. Wieder per Schiff, diesmal aber in einem Container, Zielhafen Rotterdam. Von dort geht es zu Neuffer nach Göttingen. Anfang April 2014 ist der Karmann dann zurück in seiner alten Heimat an der Hase. Sein neuer Besitzer wohnt in Osnabrück und will den in die Jahre geratenen Beau wieder auf die Straße bringen. Viel Arbeit wartet.
Im zweiten Teil der Serie stellen wir den Spätheimkehrer genauer vor .

Mehr Fotos auf www.noz.de/ os
Bildtext:
Spätheimkehrer: Im Sonnenschein zeigt sich der regattablaue Karmann wieder von seiner Schokoladenseite.
Foto:
Jörg Martens

Vor 60 Jahren, am 14. Juli 1955, hat Karmann den Ghia der Presse präsentiert. Wir begleiten einen automobilen Spätheimkehrer, der den Weg zurück nach Osnabrück gefunden hat. Das Automuseum Melle plant ab dem 12. Juli 2015 eine kleine Ausstellung mit Karmann-Fahrzeugen. Mit dabei: der regattablaue Karmann, der nach fast fünf Jahrzehnten unter der Sonne Kaliforniens nach Osnabrück zurückgekehrt ist.
Autor:
Frank Wiebrock


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