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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Ursulaschule zweimal fast vor dem Aus
Zwischenüberschrift:
Osnabrücker Traditionsgymnasium wird in diesem Jahr 150 Jahre alt
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. 150 Jahre wird die Ursulaschule in diesem Jahr alt. Die " Halbzeit" vor 75 Jahren haben einige Zeitzeuginnen live und in Farbe miterlebt. Sie trafen sich jetzt auf Einladung der Schule, um druckfrische Exemplare der Festschrift " 150 Jahre Ursulaschule 1865– 2015" entgegenzunehmen, zu der sie Erlebnisschilderungen beigesteuert hatten.

Als die heute 85-jährigen Damen Annemarie Riemann, Mathilde Hüsemann und ihre Kameradinnen nach einer " knallharten Aufnahmeprüfung", wie sie sagen, 1940 in die Klasse 5b eingeschult wurden, war das Ursulinum schon teilweise von der Städtischen Oberschule für Mädchen vereinnahmt worden. Die Ursulinenschwestern waren ausnahmslos von weltlichen Lehrkräften abgelöst. Statt des vor den Nonnen üblichen Knickses verlangten die den " Deutschen Gruß" und ein kräftiges " Heil Hitler". Unterdessen saßen die studierten Schulnonnen im Keller und mussten als Zwangsverpflichtete im " Wehrkreis-Sanitätspark VI" Pillen drehen und Verbände aufrollen.

Eine tolle Kameradschaft

Haben die Damen auch Gutes aus ihrer Schulzeit mit ins Leben genommen? " Ja, natürlich", versichert Mathilde Hüsemann, " es herrschte eine tolle Kameradschaft. Und wir haben viele Gedichte und Balladen auswendig gelernt. Davon zehrt man ein Leben lang! Bitte schreiben Sie es auf: Es müsste heute viel mehr Wert auf Auswendiglernen gelegt werden!"

Auch Kurioses kommt zur Sprache. So die heute kaum mehr nachvollziehbare Hosenphobie sowohl im Nationalsozialismus als auch im Katholizismus jener Zeit. " Ein deutsches Mädchen trägt einen Rock!", so wurde es ihnen immer wieder eingebläut. " Und wenn wir im Winter wegen der Kälte in Trainingshosen zur Schule kamen, mussten wir anschließend einen Rock drüberziehen", erinnert sich Annemarie Riemann. Ganz kompliziert wurde es im Turnunterricht: In Ermangelung dezenter Turnkleidung mussten die Mädchen sich eine Schürze vorn und eine Schürze hinten umbinden. Fotos davon gibt es nicht.

Wegen der Kriegszerstörung der Ursulaschule gingen die jungen Damen in der Nachkriegszeit zur Angelaschule in Haste. War man nach all den schrecklichen Erlebnissen traumatisiert? " Mal abgesehen davon, dass wir das Wort nicht kannten: nein", ist Hüsemanns eindeutige Antwort, " wir hatten ein gutes Lebensgefühl, wir waren , in the mood′, wie es in dem Swing-Stück heißt." Riemann ergänzt: " Wir brauchten keine Notfallseelsorger, obwohl wir alle genug Leichen gesehen und Angehörige verloren hatten. Wir waren davongekommen, die Welt stand uns offen. Alle waren arm, alle hatten die gleichen Startchancen, wir haben sie genutzt." Dabei nahm man mitunter auch in Kauf, in " Betragen" ein " Mangelhaft" einzukassieren, weil man jeden Mittag von einem jungen Herrn im Auto von der Schule abgeholt wurde. Das gehörte sich nicht.

Diese und weitere Erinnerungen ehemaliger Schülerinnen aufgeschrieben und in die Geschichte der Schule eingeordnet hat Politiklehrer Tobias Romberg.

Zusammen mit Schulleiter Rolf Unnerstall zeichnet er für die Redaktion und He rausgabe der 168-seitigen Festschrift " 150 Jahre Ursulaschule Osnabrück 1865– 2015" verantwortlich. Die Schrift kann ab sofort für 13 Euro im Schulsekretariat erworben werden. Sie ist reich bebildert, lässt neben der Geschichte auch das facettenreiche aktuelle Schulleben nicht zu kurz kommen, bietet Ehemaligen, die zu Prominenten wurden, Raum für Gastbeiträge, wirft einen kurzweiligen Blick auf " Zeugnisse im Wandel der Zeit" und widmet allein 22 Seiten dem fast schon vergessenen Kampf um den Erhalt der Schule im Jahr 1991.

Schonungslose Offenheit

In schonungsloser Offenheit wird der damalige Konflikt mit dem Bistum nachgezeichnet, das Ursulaschule und Angelaschule am Standort in Haste zusammenlegen und den Standort in der Kleinen Domsfreiheit aufgeben wollte. Schulleiter Pater Werinhard wurde fast zerrieben zwischen der Treuepflicht gegenüber dem Dienstherrn einerseits und der in ihm wachsenden Überzeugung andererseits, dass der Bischof einen großen Fehler begehe, wenn er die Ursulaschule auflöse. Ein Interview mit dem damaligen Schülersprecher Heiner Fangerau, heute Professor für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, rundet den spannenden Bericht ab.

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Bildtext:
Am 2. Oktober 2015 begeht die Schule ihre 150-> Jahr-Feier mit einem Festakt. Die ehemaligen Schülerinnen Mathilde Hüsemann (l.) und Annemarie Riemann warfen schon mal einen Blick in die Festschrift.
Foto:
Michael Gründel
Autor:
Joachim Dierks


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