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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Trostloser "Bummel"
Zwischenüberschrift:
Die Jahre 1946 und 1947 standen noch im Zeichen der Trümmerräumung
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Wenige Jahre, bevor das Trümmerbild entstand, war dieser mittlere Abschnitt der Großen Straße der überaus beliebte " Bummel". Grüppchen von jungen Damen und jungen Herren gingen, meist getrennt, scheinbar ziellos auf und ab, " gekippt", also umgedreht, wurde im Norden beim Capitol-Kino und im Süden bei Eklöh. Es gab aber durchaus ein Ziel auf dieser Flirt-Meile: sehen und gesehen werden, ansprechen oder angesprochen werden.

Der Fußgängerverkehr war auf den relativ schmalen Bürgersteigen so dicht, dass die Polizei eine Entzerrung der Gehrichtungen anordnete. Wer Richtung Neumarkt wollte, musste den Bürgersteig auf der westlichen Seite nutzen, wer zum Nikolaiort wollte, wurde auf die Seite des Kaufhauses Alsberg, später L + T, verwiesen. Noch bis in die Nachkriegszeit hinein waren Pfeile und die Aufforderung " Rechts gehen!" vor L + T auf dem Pflaster zu erkennen. Zentraler Punkt des " Bummels" war das Eiskaffee Opitz, kurz " Eiko", wie es abgekürzt von den Teens und Twens der 1930er- und 1940er-Jahre genannt wurde.

Die Kriegszerstörungen bereiteten dem Treiben ein Ende. Keiner hatte Lust, Slalom um Trümmerhaufen zu laufen, wenn es nicht unbedingt sein musste. Der " Bummel" verlagerte sich auf den Herrenteichswall, wo man inmitten der Natur noch etwas " heile Welt" antreffen konnte.

Die Große Straße aber lag in Trümmern. 1946/ 47 war die Trümmerbeseitigung eines der Hauptthemen in der Stadt. Der Wiederaufbau setzte überwiegend erst 1948 ein, als die organisatorischen Voraussetzungen besser wurden und nach der Währungsreform auch leichter an Baumaterial heranzukommen war.

Auf unserer historischen Aufnahme ist davon noch nichts zu spüren. Das Gebäude der Rackhorst′schen Buchhandlung an der Ecke Georgstraße in der linken Bildmitte sieht so aus, als wenn die Sprengbombe gerade erst eingeschlagen hätte. Typisch sind die aus Ruinen herausragenden Schornsteine. Sie waren oft mehrschalig stabil vermauert und hielten den zerstörenden Kräften länger stand als normales Wandmauerwerk. Auf dem Fassaden-Fragment rechts vorne hat die Aufschrift des Schuhgeschäfts Tack & Cie überlebt.

Die Fahrbahn der Großen Straße ist ordentlich geräumt. Schon gleich nach dem Einmarsch der britischen Streitkräfte im April 1945 hatten diese alles daran- gesetzt, die Hauptstraßen wieder befahrbar zu machen. Mit Räumbaggern und Planierraupen verfüllten Pioniere die Bombentrichter und reparierten anschließend das Pflaster, sodass Militärtransporte ungehindert von West nach Ost durch die Stadt rollen und Nachschubeinheiten der vorrückenden Frontlinie schnell folgen konnten.

Priorität genoss auch die Wiederherstellung des Straßenbahnnetzes. Den Aufräumtrupps gelang es erstaunlich schnell, verbogene Schienen zu ersetzen und Oberleitungen zu flicken, sodass wenigstens ein notdürftiger Verkehr wieder rollen konnte. Am 16. Juli 1945 nahmen die Linien 1 und 2 den Betrieb abschnittweise wieder auf, ab dem 6. August auch wieder auf dem hier gezeigten Gleis zwischen Nikolaiort und Schölerberg. Allerdings blieb ein Wagen der stets zweiteiligen Züge dem Militär vorbehalten: " For Allied Troops only". Die ungleiche Belegung erregte bald den Unmut der Osnabrücker. Der Militärwaggon blieb meist weitgehend leer, während auf dem anderen die Fahrgäste bis auf die Trittbretter standen. Der Stadtkommandant hatte ein Einsehen und hob die als Schikane aufgefasste Regelung auf.

Seit 1960 fahren hier keine Straßenbahnen und seit 1973 auch keine Autos mehr. Die Fußgängerzone Große Straße ist zu Osnabrücks 1-A-Shopping-Lage geworden. Ihr China-Pflaster erlaubt heute den modernen " Bummel" mit dem Coffee-to-go in der Hand und dem Handy-Stöpsel im Ohr und das auf ganzer Straßenbreite ohne Verkehrsbeschränkungen.

Stadt im Wandel: Mehr Texte und Fotos auf www.noz.de/ historisch-os
Bildtexte:
Große Straße um 1946: Kein Gebäude war den Bomben entgangen. Der Blick geht vom Jürgensort zur Einmündung der Georgstraße in der linken Bildmitte. Das Foto von Karl Ordelheide wurde entnommen aus: Wido Spratte, Osnabrück 1945 - 1955, Stadtgescichte in Bildern, Verlag Wenner, 2005.
Heute wieder ein " Bummel", der diesen Namen verdient: das Mittelstück der Fußgängerzone Große Straße mit ihrer S-förmigen Verschwenkung.
Foto:
Jörn Martens
Autor:
Joachim Dierks


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