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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Eine Diagnose als Tarnung für den Mord
Zwischenüberschrift:
Paul Humbert wurde 1941 getötet
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Glaubte Sophie Humbert, was in der Todesnachricht aus Hadamar stand? Da war von Thrombose und Lungenembolie die Rede. Später stellte sich heraus: Ihr Mann war 1941 ermordet worden, wie so viele Anstaltspatienten zur Zeit des Nationalsozialismus. Jetzt erinnert ein Stolperstein an Paul Aloysius Joseph Humbert.

Es war einer der üblichen Briefe mit erfundenen Todesursachen zur Tarnung ausgestellt nach den jeweiligen Massenmorden an Anstaltspatienten. Tatsächlich hatte Adolf Hitler " Tötungsanstalten" bauen lassen, eine zentrale Verwaltung an der Berliner Tiergartenstraße 4 einrichten lassen und eine " Tötungsermächtigung" erteilt. Nach Aktenlage aus Anstalten entschieden Ärzte und Beamte über Leben und Tod von Menschen mit psychischen Erkrankungen, geistigen und körperlichen Behinderungen.

Hintergrund war der Rassenwahn der Nationalsozialisten. Sie sprachen von " unwertem Leben" und " Rassenhygiene". Bereits in den 1920er Jahren hatte Adolf Hitler gefordert, schwache Menschen zu töten. Nach seiner Machtergreifung machte er seine Gewaltfantasien wahr.

Eines der wehrlosen Opfer der Nationalsozialisten sollte Paul Humbert werden. Er war Kaufmann und lebte mit seiner Frau Sophie am Neuen Graben 15b in einer Häuserreihe zwischen dem Schloss und dem Ledenhof bis zum 11. Februar 1925, als er im Alter von 56 Jahren Patient der Heil- und Pflegeanstalt am Gertrudenberg wurde. Für die Unterbringung musste seine Frau Sophie Humbert die Hälfte ihrer Rente an die Bezirksfürsorge zahlen.

Woran Paul Humbert erkrankt war, ist nicht überliefert. Für die Nationalsozialisten war offenbar die Dauer seines Anstaltsaufenthaltes das Kriterium. Im April 1941 musste er mit 180 weiteren Patienten in einen der Busse steigen, die den Gertrudenberg hinaufgefahren waren, sie dann nach Eichberg in ein Zwischenlager brachten und sechs Wochen später nach Hadamar. Die Nationalsozialisten hatten die hessische Landesheilanstalt in eine " Tötungsanstalt" umfunktioniert. Dort warteten " Vergasungsärzte" auf die Patienten, die sich gleich ausziehen mussten. Sie wurden in einen " Baderaum" geführt. Die Mörder saugten die Luft ab und ließen Gas einströmen.

Dort starb Paul Humbert am 20. Juni 1941 im Alter von 73 Jahren. Seine Frau Sophie schrieb später: " Er ist von Osnabrück dorthin überführt, und [hat] nur ganz kurze Zeit dort gelebt."
Bildtext:
Neuer Graben 15b: Die Adresse gibt es nicht mehr. Längst ist die Häuserreihe zwischen dem Schloss und dem Ledenhof verschwunden. Hier lebte Paul Humbert. Nationalsozialisten ermordeten ihn in Hadamar.
Foto:
Klaus Lindemann

Stolpersteine
Messingplatten in den Gehwegen erinnern an Opfer des Nationalsozialismus jeweils vor den Wohn- oder Wirkungsstätten der Juden, Sinti, Deserteure, Menschen, die aus politischen und religiösen Gründen, wegen ihrer sexuellen Orientierung, einer psychischen Erkrankung oder einer Behinderung verfolgt und ermordet wurden. Der Kölner Künstler Gunter Demnig ist Initiator des Projekts Stolpersteine, dem sich in Europa Hunderte Kommunen angeschlossen haben: außer in Deutschland auch in Ländern wie Österreich, Ungarn, Italien, Tschechien und den Niederlanden. Die Patin für den Stolperstein am Neuen Graben 15b ist Barbara Büter. Verlegt haben ihn die Schüler Nando Christ, Jan Rotert und Atilla Ilman vom Berufsschulzentrum am Westerberg. Das Büro für Friedenskultur nimmt gern Hinweise über Schicksale von weiteren Opfern des Nationalsozialismus entgegen. Die Telefonnummer lautet 05 41/ 3 23-22 87.
Autor:
Jann Weber


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