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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Mit den Patienten in den Tod
Zwischenüberschrift:
Nazis ermordeten die Jüdin Ruth ten Brink im Konzentrationslager
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Ihren Eltern und ihrem Bruder gelang es, sich in den Niederlanden vor den Nationalsozialisten zu verstecken. Ob Ruth ten Brink es nicht einmal versucht hat? Offenbar wollte sie als Pflegerin bei ihren Patienten bleiben. Gemeinsam mit ihnen wurde sie ins Konzentrationslager Auschwitz verschleppt und ermordet weil sie Juden waren. Jetzt erinnert ein Stolperstein an die junge Frau, die in Osnabrück am Domhof 8 gelebt hat.

Wer heute die moderne Fassade der Bank am Domhof 8 betrachtet, dürfte sich kaum vorstellen können, wie es hier 1926 aussah, als Hermann ten Brink und seine Frau Sophie mit ihrer Tochter Ruth und ihrem Sohn Werner aus Bramsche nach Osnabrück zogen. Damals befand sich hier ein Wohnhaus. Der Vater handelte mit Vieh und arbeitete auch als Kommissionär am Viehhof. Er stammt aus Denekamp in den Niederlanden und war nach wie vor Staatsbürger des Nachbarlandes.

Hetzjagd auf Patienten

Ruth ten Brink war zehn Jahre alt, als sie nach Osnabrück kam. Nach der Schule nahm sie eine Stelle im Modehaus Alsberg an. Ebenso wie den Inhabern des Geschäftes ist auch ihr der Hass der Nationalsozialisten gegen Juden entgegengeschlagen. Das Hitler-Regime begann kurz nach seiner Machtübernahme 1933, Juden zu diskriminieren und ihnen ihre Rechte zu nehmen. 1936 verließ Ruth ten Brink die Stadt und zog in die Niederlande, die Heimat ihres Vaters. Ihr Bruder folgte ihr später. Die Eltern blieben noch bis 1938. Dann folgten sie ihren Kindern. In der Zwischenzeit hatten die Nationalsozialisten begonnen, Juden die Existenzgrundlage zu nehmen.

Die Familie ten Brink lebte nun in Goor. Hermann ten Brink und sein Sohn handelten mit Altwaren. Ruth arbeitete als Pflegerin in der psychiatrischen Anstalt Apeldoornse Bosch. In der jüdischen Einrichtung arbeitete sie weiter, als 1940 die deutsche Wehrmacht die Niederlande überfallen hatte. Die Nationalsozialisten verfolgten die Juden bald auch dort.

Während ihre Eltern und ihr Bruder sich verstecken konnten, scheint Ruth ten Brink dies kaum versucht zu haben. Im Januar 1943 überfielen Nationalsozialisten die psychiatrische Anstalt. Es folgte eine Hetzjagd auf die Patienten, bis sich alle auf den Ladeflächen von Lastwagen wiederfanden. Unter den Pflegerinnen, die ebenfalls verschleppt wurden, befand sich auch Ruth ten Brink. Am Bahnhof von Apeldoorn trieben ihre Peiniger alle in Viehwaggons. Der Zug fuhr zum Lager Westerbork. Am 2. Februar mussten alle wieder in einen Zug steigen. Er sollte sie in das Konzentrationslager Auschwitz bringen.

Die letzte Postkarte

Auf dem Weg dorthin schrieb Ruth ten Brink eine Postkarte, adressierte sie an einen Bekannten und warf sie aus dem Zug. Was sie nicht mehr erfahren sollte: Die Nachricht kam tatsächlich wohl auf Umwegen an. Der Wortlaut ist überliefert: Sitze im Zug. Hab Mut, gerade so wie ich. Ich weiß, dass wir einander wiedersehen.″ Wenige Tage später war Ruth ten Brink tot. Nationalsozialisten ermordeten sie kurz nach ihrer Ankunft in Auschwitz am 5. Februar 1943 in einer Gaskammer. Sie wurde 26 Jahre alt.

Christiane Richter, eine der Patinnen des Stolpersteins für Ruth ten Brink, sagte bei der Verlegung am Domhof: Sie war eine starke Persönlichkeit, die bei ihren Patientinnen geblieben ist.″ Vor ihrem ehemaligen Zuhause befinden sich seit einem Jahr auch Gedenksteine für Henny Marx und Klara Neumann, die ebenfalls Opfer des Rassenwahns geworden sind. In Osnabrück waren sie die Nachbarinnen von Ruth ten Brink. Ihre Eltern und ihr Bruder überlebten Adolf Hitler und sein Regime.
Bildtexte:
Ein Denkmal im Bürgersteig erinnert an die Pflegerin Ruth ten Brink.
Bevor sie die Stadt verließ, arbeitete Ruth ten Brink (rechts) im Modehaus Alsberg.
Domhof 8: Hier lebte Ruth ten Brink, bis sie wegen des Hasses auf Juden in die Niederlande zog. 1943 verschleppten Nationalsozialisten die 26-Jährige und ermordeten sie im KZ.
Foto:
Egmont Seiler

Stolpersteine in Osnabrück
Die in den Gehwegen verlegten Stolpersteine aus Messing erinnern an Opfer des Nationalsozialismus jeweils vor den Wohn- oder Wirkungsstätten der Juden, Sinti, Deserteure, Menschen, die aus politischen und religiösen Gründen, wegen ihrer sexuellen Orientierung, einer psychischen Erkrankung oder einer Behinderung verfolgt und ermordet wurden. Der Kölner Künstler Gunter Demnig ist Initiator des Projekts, dem sich mehrere Hundert Kommunen in Europa angeschlossen haben: außer in Deutschland auch in Ländern wie Österreich, Ungarn, Italien, Tschechien, Belgien, Norwegen, den Niederlanden und der Ukraine. Paten des Stolpersteins für Ruth ten Brink am Domhof 8 sind Christiane, Johannes, Lisanne und Linus Richter. Verlegt haben ihn die Schüler Nando Christ, Jan Ro tert und Atilla Ilman vom Berufsschulzentrum am Westerberg. Das Büro für Friedenskultur nimmt für künftige Gedenktafeln gern Hinweise über das Schicksal von weiteren Opfern des NS-Regimes entgegen. Die Telefonnummer lautet 05 41/ 323-22 87.
Autor:
Jann Weber


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