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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
"Konkret mehr Raum" in Osnabrück: Kunst am Heger Tor und in drei Museen
 
Schimmernder Fond für das Kirchenschiff
Zwischenüberschrift:
"Konkret mehr Raum": In drei Osnabrücker Ausstellungshäusern gelingt ein Parcours der Installationen
Artikel:
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Originaltext:
Ungewohnte Perspektive auf das Heger Tor, das Wahrzeichen der Osnabrücker Altstadt: Michael Johansson, schwedischer Installationskünstler, hat das Entree zur Altstadt mit einer aus Hausrat und Möbeln gestapelten Skulptur verfremdet. Diese Arbeit gehört zur Ausstellung " Konkret mehr Raum", die ab dem 14. Juni zu sehen ist. Die Präsentation in Kunsthalle, Felix-Nussbaum-Haus, Kulturgeschichtlichem Museum und an Standorten im Stadtraum ist die größte Osnabrücker Kunstpräsentation seit Jahren. 20 internationale Künstlerinnen und Künstler haben die Ausstellungsbeiträge in den letzten zwei Wochen vor Ort erstellt.
Foto:
Michael Gründel

Osnabrück. Kunst als Parcours der intensivierten Wahrnehmung: Mit " Konkret mehr Raum" gelingt in Osnabrück eine Kunstpräsentation in gleich drei Ausstellungshäusern und dem öffentlichen Raum.
Statt konkret mehr Raum gibt es am Heger Tor weniger Platz. So sehen es Fußgänger und Radfahrer, die sich unter Michael Johanssons " Public Square" in die Altstadt zwängen. Der Installationskünstler hat in das Triumphtor ein zweites, aus alten Schränken gestapeltes Entree gepresst. Nun geht es unter Tischtennisplatte und Küchenspüle ins heimelige Kneipenquartier. Passanten schimpfen, Facebook-Kunstkritiker schäumen. Osnabrück hat sein Kunstskandälchen. Und die selbst erklärte Friedensstadt ihre Toleranzprüfung.
Mehr Raum: Das meint im Fall der Kunst natürlich das Areal erweiterter Wahrnehmung und das Ideal einer dadurch beförderten Kommunikation. Kunsthallenleiterin Julia Draganovic sowie die Kuratorinnen Elisabeth Lumme und Valerie Schwindt-Kleveman versammeln in drei Ausstellungshäusern und im Stadtraum Werke von 20 Künstlerinnen und Künstlern.
Aus Schränken gestapelt
Was hält die Ausstellungsbeiträge zusammen? Eine künstlerische Philosophie, wie sie etwa an Johanssons " Public Square" beispielhaft ablesbar ist. Dessen Stapelskulptur aus Schränken, Spinden und allerlei Hausrat verfremdet das Stadtbild, verändert das Raumgefühl, irritiert eine Wahrnehmung, die unablässig zwischen realem Objekt und dessen Stellenwert als Bildelement im fertigen Kunstwerk hin- und herwandert. Solche Kunst versteht sich als Intervention auf Zeit, als Kommentar auf vorgefundene Räume und Situationen.
Der rote Faden der Schau führt nach Erklärung der Kuratorinnen zurück zu Friedrich Vordemberge-Gildewart (1899–1962), jenem Osnabrücker Vertreter der Konkreten und Konstruktiven Kunst, dessen 50. Todestag erst kürzlich gefeiert worden war. " Konkret mehr Raum": Der Ausstellungstitel verweist ostentativ auf dieses künstlerische Erbe. Allerdings ist Konkrete Kunst insofern Geschichte, als ihre Utopien erloschen sind. Heute bleibt oft nur noch das zitathafte Label wie bei Documenta-Künstler Pedro Cabrita Reis, der seine " Gildewart Line" als Lichtinstallation hoch oben an der Kunsthalle, der ehemaligen Dominikanerkirche, angebracht hat. Dort leuchtet die weiße Linie als neues Signet des Ausstellungshauses. Linie und rechter Winkel minimaler und damit unverbindlicher lässt sich auf Konkrete Kunst allerdings kaum verweisen.
Besser, weil gehaltvoller macht es da Susanne Tunn, die die Fugen zwischen den Tonkacheln im Kirchenschiff mit flüssigem Zinn ausgegossen hat. Das silbrig glänzende Metall hebt das Bodenraster hervor, versieht den gotischen Kirchenraum mit glänzendem Fond. Wenn frisches Tageslicht durch die hohen Bogenfenster flutet, leuchtet Sonnenglanz auf dieser Bodenskulptur wie auf schimmerndem Geschmeide. Tunn verwandelt Winkelgeometrie in ein lebendig pulsierendes Lichtgebilde ausgezeichnet.
Diese Arbeit macht klar, dass " Konkret mehr Raum" als straffe Thesenschau missverstanden wäre. Die Präsentation gliedert sich in einen Parcours von Wahrnehmungssituationen, die vor allem um ihrer selbst willen geschätzt werden sollten. Die einzelnen Kunstwerke exponieren Räume und den Betrachter selbst, der sich in der Auseinandersetzung mit der Kunst als sensibel Wahrnehmender neu entdecken darf. Wichtiger als die Werke sind die Prozesse, die sie auslösen. Dies trifft sich mit der Philosophie, die Kunsthallen-Chefin Draganovic seit ihrem Start im Herbst 2013 Schritt für Schritt umsetzt.
Ausstellung mit Qualität
Eine ganze Reihe der Werke, die nun in der insgesamt qualitätvoll besetzten und einfühlsam inszenierten Ausstellung gezeigt werden, unterstützt diesen Anspruch. Jose Dávila etwa hält zwei schwere Marmorplatten mit einem Spanngurt in prekärem Gleichgewicht. Baptiste Debombourg lässt einen ganzen Raum über eingebaute Winkel scheinbar zur Seite kippen. Angela Glajcar verwandelt den Oberlichtsaal im stadtgeschichtlichen Museum mit einer schneeweißen Plastik aus hängenden, eingerissenen Papierbahnen in einen Zauberort der Stille. Schade allerdings, wie unverbindlich, weil beliebig sich dagegen Rüdiger Stankos Litfaßsäule mit bunten Farbstreifen ausnimmt. Nicht wirklich gelungen wirkt auch Diana Siriannis Bildgestöber aus fragmentierten Architekturfotos im Felix-Nussbaum-Haus. Ausgerechnet in dem Vordemberge-Gildewart gewidmeten Raum funktioniert der postulierte Bezug zu diesem Altmeister der Konkreten gar nicht.
Das macht in der Summe aber nichts. Mit " Konkret mehr Raum" gelingt in Osnabrück eine Präsentation, die keinen überregionalen Vergleich zu scheuen braucht. Zugleich akzentuiert sie das Programm der Kunsthalle. In dem Kirchenschiff wird es nach den Worten von Julia Draganovic " auf absehbare Zeit" ausschließlich situative Installationsarbeiten geben. Dies im Hinblick auf das Programm einer Kunsthalle als Konsequenz oder Verengung zu begreifen, möge dem Publikum überlassen bleiben.
Osnabrück, Kunsthalle, Felix-Nussbaum-Haus, Kulturgeschichtliches Museum, Außenraum: Konkret mehr Raum. Eröffnung: Samstag, 13. Juni, 17 Uhr. Bis 13. September. Öffnungszeiten: Di. 13–18 Uhr, Mi.–Fr. 11–18 Uhr, Sa., So. 10–18 Uhr (Kunsthalle), Di.–Fr. 11–18 Uhr, Sa., So. 10–18 Uhr. Info: www.konkret-mehr-raum.de

Bilder und Infos zu " Konkret mehr Raum" auf www.noz.de/ kunsthalle.
Bildtexte:
Schimmerndes Raster aus Zinn: Susanne Tunns Bodenskulptur aus flüssigem Metall in der Kunsthalle Osnabrück.
Da staunt der Passant: Michael Johanssons Stapelskulptur " Public Square" im Heger Tor.
Weithin sichtbar: Rüdiger Stankos farbige Litfaßsäule vor der Kunsthalle Osnabrück
Der Windzug zweier Ventilatoren hält die schwebende Lemniskate von Zilvinas Kempinas in der Luft.
Kuratorin Elisabeth Lumme erläutert eine Arbeit von Jose Dávila.
Künstlerin Susanne Tunn hat die Kunsthalle gestaltet.
Fotos:
Michael Gründel, Egmont Seiler
Autor:
Stefan Lüddemann


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