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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Langstrecken-Kutscher der Sozialpolitik
Zwischenüberschrift:
Die Walter-Haas-Straße im Stadtteil Dodesheide
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. " Noch nie ist im Rat einer deutschen Großstadt jemand so lange Fraktionsvorsitzender gewesen wie Walter Haas", stellte der damalige Oberbürgermeister Hans-Jürgen Fip fest, als er 1998, zwei Jahre nach dem Tod von Walter Haas, das Schild der nach ihm benannten Straße am Limberg im Stadtteil Dodesheide enthüllte.
Damit war nur einer der " Zeitrekorde" angesprochen, die der Kommunalpolitiker in seinem Leben aufgestellt hatte. 40 Jahre lang, von 1946 bis 1986, gehörte er dem Stadtrat an, davon die letzten 33 Jahre als Vorsitzender der SPD-Fraktion. 15 Jahre war er Mitglied des Niedersächsischen Landtags und von 1970 bis 1974 dessen Vizepräsident. Die Liste seiner Ämter in Partei und öffentlichen Einrichtungen ist so lang, dass man damit bald eine ganze Zeitungsseite füllen könnte. Dazu kamen die Ehrungen: Möser-Medaille und Ehrenring der Stadt, Landesverdienstkreuz, Bundesverdienstkreuz. Haas selbst zitierte immer gern seinen Wunsch aus Kindertagen, später einmal Kutscher zu werden und die Zügel fest in die Hand zu nehmen.
In der Demokratie, die auf Wandel angelegt ist und Macht immer nur auf Zeit verleiht, muss schon Leistung dahinterstecken, wenn einer sich so lange in einflussreichen Positionen oder, um im Bild zu bleiben, auf dem Kutschbock halten kann. Haas wird als " einer der großen Lastenträger der gestaltenden Politik" beschrieben, dessen Handeln stets vom Wunsch nach sozialer Gerechtigkeit und Chancengleichheit geprägt war, der sich für nichts zu schade war und den Kopf hinhielt, statt sich bequem anzupassen. Seine Offenheit und Zuverlässigkeit wurden auch vom politischen Gegenspieler gelobt, wenn etwa der CDU-Fraktionsvorsitzende Bernhard Schomakers ihn als " menschlichen Demokraten" titulierte und ausführte: " Er hat nie vergessen, dass wir im selben Schiff sitzen und gemeinsam zusehen müssen, dass wir heile ankommen."
Schwerpunkt seines politischen Handelns blieb immer die Sozialpolitik. Der erste Schulkindergarten und das erste Alten- und Pflegeheim in Osnabrück gehen auf seine Initiative zurück. Als Aufsichtsratsvorsitzender der Osnabrücker Wohnungsbaugesellschaft sorgte er für ordentlichen Wohnraum für kinderreiche und sozial schwache Familien. In der Freien Wohlfahrtspflege lag ihm die Arbeiterwohlfahrt besonders am Herzen. Bei Veranstaltungen nutzte er seine Prominenz und ging mit der Sammelbüchse durch die Reihen, um die AWO-Krebsberatungsstelle weiterführen zu können. Die Osnabrücker Stadthalle, zunächst von der CDU abgelehnt, wäre vielleicht nicht gebaut worden, wenn Walter Haas sich nicht so engagiert für sie eingesetzt hätte.
Leidvolle Erfahrung
Die Herkunft aus einer sozialdemokratischen, gewerkschaftlich engagierten Familie und seine leidvollen Erfahrungen mit der NS-Gewaltherrschaft haben Walter Haas für das Leben geprägt. Ihn trieb die Sorge um, dass nachwachsende Generationen über materiellem Wohlstand vergessen könnten, aus der Geschichte und insbesondere den Fehlern der Weimarer Republik zu lernen. Vater Gustav Haas war SPD-Abgeordneter und Erster Sekretär des Deutschen Metallarbeiterverbandes. Schon vor deren Machtergreifung geriet er in offene Gegnerschaft zur NSDAP. 1933 wurde er mehrfach inhaftiert, wodurch sein Tod im Alter von nur 47 Jahren " beschleunigt herbeigeführt wurde", wie es in der Begleiturkunde zu dem für ihn verlegten Stolperstein vor dem ehemaligen Gewerkschaftshaus am Kollegienwall heißt.
Walter Haas kam am 9. Januar 1920 in Osnabrück zur Welt. Nach der Volksschule besuchte er das Gymnasium, musste dieses aber 1934 vorzeitig verlassen, weil die Mutter nach dem Tod des Vaters das Schulgeld nicht mehr aufbringen konnte. Sie erhielt für sich und zwei Kinder genau 78 Reichsmark Rente. Die Mutter verdiente etwas hinzu, indem sie sich einen " Stadt-Hausierschein" ausstellen ließ und Seifenartikel verkaufte. Haas lernte von 1934 bis 1938 Maschinenschlosser in der Turbinenfabrik Scholz in Osnabrück und wechselte dann zum Stahlwerk. Von Februar 1942 bis zum Zusammenbruch diente er in der Wehrmacht.
Nach dem Krieg setzte er zunächst seine Tätigkeit als Schlosser bei Klöckner fort. 1947 zog er den Blaumann aus und wurde Angestellter bei der Landkrankenkasse. Von 1954 bis 1963 war er Geschäftsführer der AWO und ab 1964 im Bauunternehmen Fritz Scholle. Neben diesen beruflichen Tätigkeiten füllten Politik und Ehrenämter seine gesamte verbleibende Zeit aus, Freizeit war für ihn ein Fremdwort. Am 10. Februar 1996 starb Walter Haas 76-jährig an den Folgen eines Schlaganfalls.
Bildtexte:
Walter Haas (1920–1996)
Die Walter-Haas-Straße liegt im Stadtteil Dodesheide
Fotos:
Archiv, Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks


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