User Online: 2 | Timeout: 20:08Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Anwohner entrüstet über Kahlschlag
Zwischenüberschrift:
Warum das Grün am Autobahnzubringer in Atter verschwinden musste
Artikel:
Kleinbild
 
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Empört zeigt Alexandra Weth von ihrem Haus auf den nahe gelegenen Autobahnzubringer, die Landesstraße 88 in Atter. Hier war auf der Böschung bis vor Kurzem noch ein üppig bewachsener Grünstreifen. Aber jetzt sind die Sträucher und Bäume, die ihr Haus gegen die Straße abschirmten, in 15 Zentimeter Höhe abrasiert.

" Es war hier wie eine Oase", sagt Alexandra Weth. " Von meinem Haus aus schaute ich auf Felder und Bäume." Lärm von der Straße habe sie kaum wahrgenommen. " Das war ein gleichmäßiges Rauschen, am Wochenende war es still", erklärt die 45-jährige Lehrerin.

Aus ganz anderer Perspektive blickt Cord Lüesse, Leiter des Geschäftsbereichs Osnabrück der Landesbehörde für Straßenbau, auf die Lage. Erhalt und Sicherheit der Straße haben für ihn allererste Priorität. Er betont, es handele sich keineswegs um Kahlschlag oder Fällaktionen, sondern um Grünpflege. Beschwerden wie jetzt aus Atter erreichen die Straßenbehörde im Frühjahr immer wieder. Viele Menschen fragen sich, ob beim Rückschnitt das richtige Maß eingehalten wird.

" Der Entwässerungsgraben am Fuß der Böschung war komplett zugewachsen und musste frei gemacht werden" , erklärt Lüesse nüchtern. Außerdem habe das üppige Strauchwerk angefangen, die Sicht der Fahrer und damit die Verkehrssicherheit zu behindern. " Der Bestand der Gehölze war vergreist." Deshalb sei ein Schnitt zur Verjüngung nötig gewesen.

" Auf den Stock setzen" heißt es in der Fachsprache der Landschaftsgärtner, wenn Büsche zehn bis 20 Zentimeter über dem Boden abgeschnitten werden, der Wurzelstock aber im Boden bleibt. Ziel dieser Radikalkur: Das Gehölz, das im ersten Jahr wie zerstört aussieht, soll im Frühjahr kräftiger austreiben als zuvor und eine dichte Begrünung bilden. Dieses " auf den Stock setzen" sei an der L 88 in Atter nach etwa 25 Jahren nun zum ersten Mal geschehen, so der Behördenleiter.

Verständnis, dass das Grün an der Straße gepflegt werden muss, haben die Anwohner durchaus. Strittig ist jedoch die Frage, wie das zu machen sei. " Ich habe mich gewundert, dass jahrzehntelang nichts geschehen ist. Hier hätte man schon früher mal durchforsten und Gehölze schneiden müssen", kritisiert Uwe Tangemann, der ebenfalls an der L 88 wohnt. " Hammerhart" sei der abrupte Radikalschnitt. Stehen gelassen habe man nur wenige Bäumchen, die aussähen wie " Spargel" und kaum eine Chance hätten, den nächsten Sturm zu überstehen.

Alle zehn Jahre

" Zunächst war auch mein Eindruck, dass man hier übers Ziel hinausgeschossen ist und zu wenig Bäume hat stehen lassen", räumt Martin Lembert ein. Als Landespfleger ist er bei der Straßenbaubehörde fachlich verantwortlich für das Grün am Straßenrand. Auf seine Nachfrage sei jedoch von der ausführenden Firma erklärt worden, es sei " nicht mehr genug Substanz" da gewesen.

Mit der Forderung nach kürzeren Intervallen bei der Gehölzpflege treffen Anwohner wie Uwe Tangemann grundsätzlich auf Zustimmung bei der Behörde. Eigentlich sollten so sehen es deren eigene Richtlinien vor im Zeitraum von sieben bis zehn Jahren die Sträucher gekürzt und kräftigere Bäume im Abstand von circa zehn Metern stehen gelassen und frei geschnitten werden. Warum dieser Zeitabstand im Falle der Landesstraße in Atter weit überschritten wurde, darüber bleibt man bei der Behörde zugeknöpft. " Diese Pflegeintervalle sind wünschenswert, aber nicht immer leistbar", heißt es dazu von Behördenleiter Cord Lüesse. Man habe ein begrenztes Budget, und die Verkehrssicherheit habe stets Vorrang.

Auffallend ist, dass auf der gegenüberliegenden Straßenseite, der nördlichen Böschung an der L 88, deutlich mehr Bäume stehen gelassen wurden. Auf der nördlichen Seite, so erklärt die Behörde dazu, gebe es dichte Wohnbebauung, und da handle man immer " so sensibel wie möglich". Dabei erhalten die ausführenden Firmen die Vorgabe, dreißig Prozent der Gehölze stehen zu lassen, sodass die Pflege optisch verträglicher wirkt und kein Eindruck von Kahlschlag entsteht.

" Die Behörde ist gesprächsbereit. Man kann sich an uns wenden", betont Martin Lembert, einer der beiden Landespfleger, die für das so genannte " Straßenbegleitgrün" zuständig sind. Aufgrund ihrer Beschwerden nach dem Radikalschnitt war er bei den empörten Anwohnern vor Ort und versuchte sich in Schadensbegrenzung. Eine Praxis, bereits im Vorfeld zu informieren und die betroffenen Anwohner die Art und Weise der Gehölzpflege zu erläutern, gibt es bislang bei der Straßenbaubehörde jedoch nicht.
Bildtext:
Ärgern sich über die Radikalabholzung an der Böschung am Autobahnzubringer in Atter/ Eversburg: (von links) Alexandra Weth, Georg Riemann. Uwe Tangemann und Wieslaw Pac.
Foto:
Jörn Martens

Kommentar
Reden!

Wenn im Frühjahr die Motorsägen zu kreischen beginnen, heben auch die Diskussionen über den richtigen Grünschnitt im öffentlichen Raum an. Die kritische und berechtigte Frage kommt so sicher wie der jahrzeitliche Wandel: Mussten die Büsche und Bäume wirklich so radikal beschnitten werden? Ja, sagen dann die Experten den Empörten. Das Problem ist: Sie sagen es immer erst hinterher. Die Straßenbehörde sollte es zur Regel machen, bei tief greifenden Einschnitten Anwohner vorher aufzuklären. Ein Rundschreiben, ein Anruf auf welchem Wege auch immer. Hauptsache: Man redet vorher miteinander.
Autor:
Gunhild Seyfert, Wilfried Hinrichs


Anfang der Liste Ende der Liste