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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Freund des Sports, Gegner der SA
Zwischenüberschrift:
Die Ernst-Sievers-Straße in der Weststadt erinnert an den großen Sportpädagogen
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. " Von Rechts wegen gehört er als Charakterschwein in ein KZ", schrieb der führende Osnabrücker SA-Mann Otto Marxer 1933 über Ernst Sievers. Im weiteren Verlauf der Nazi-Herrschaft entging Sievers in der Tat nur knapp dem KZ Neuengamme. Als Sozialdemokrat und kritischer Freigeist lag der engagierte Sportlehrer schon vor deren Machtergreifung mit den Nazis über Kreuz. In der Weststadt läuft die Ernst-Sievers-Straße direkt auf die von ihm geforderte und geförderte Sportanlage Illoshöhe zu und hält die Erinnerung an den großen Organisator des Osnabrücker Turn- und Sportwesens wach.
Ernst Sievers kam am 28. September 1889 in Osnabrück zur Welt. Er besuchte die Mittelschule und dann die Präparandenanstalt mit dem Ziel, Volksschullehrer zu werden. Im Herbst 1910 bestand er die erste und im Juni 1913 die zweite Lehrerprüfung. Die erste Anstellung führte ihn an die Volksschule Atter. 1914 begann der Erste Weltkrieg. Bereits am zweiten Mobilmachungstag zog Sievers als Kriegsfreiwilliger an die Westfront. Im März des letzten Kriegsjahrs 1918 erwischte ihn ein Artilleriegeschoss. Schlimmer als die Verletzung am linken Unterarm war die Vergiftung, die er aufgrund der Gasfüllung des Geschosses erlitt und die ihm sein Leben lang schlimme Asthma-Anfälle bescherte.
Im November 1920 legte Sievers an der Preußischen Hochschule für Leibesübungen in Spandau die Prüfung als Turn- und Sportlehrer mit der Zusatzqualifikation als Schwimm- und Ruderlehrer ab. Der Magistrat der Stadt Osnabrück stellte ihn als städtischen Turnlehrer an. Er leitete den Sportunterricht am Carolinum, an der Möser-Mittelschule, an der Neustädter und an der Ledenhofschule. Ihm wurde die Aufgabe übertragen, für alle städtischen Schulen neue Lehrpläne im Fach Leibesübungen aufzustellen. Daneben organisierte er Fortbildungen für seine Sportlehrer-Kollegen. Im Schwimmen und Rettungsschwimmen übernahm er sie selbst.
In der Freizeit kümmerte Sievers sich um den Vereinssport. Es gelang ihm, die Sportvereine Teutonia und Olympia zur Osnabrücker Sportvereinigung zu verschmelzen, die sich 1920 dem Osnabrücker Turnverein (OTV) anschloss. Sievers wurde in den Vorstand des OTV gewählt. Zahlreiche Ehrenämter in den verschiedensten Sportgruppierungen füllten seine Zeit restlos aus. Trotzdem schaffte er es daneben, dem Magistrat mit Denkschriften, Zeichnungen und Berechnungen zuzuarbeiten, wenn es etwa um neue Sportplätze, ein Volksbad an der Nette oder die Einrichtung eines sportärztlichen Beratungsdienstes ging.
Schon in der Weimarer Zeit kamen in Teilen der Sportbewegung antisemitische Strömungen auf, so im SC Neptun, wo die Brüder Kolkmeyer unrühmlich wirkten. Der OTV schloss 1924 alle Juden aus. Nun reichte es Sievers. Er trat aus dem OTV aus und übernahm im neu gegründeten Jüdischen Turn- und Sportverein die geschäftsführende Leitung, obwohl er selbst kein Jude war.
Dadurch fiel er bei der erstarkenden NSDAP und ihrer Sturmabteilung in Ungnade. Einflussreiche Mitglieder wie der eingangs erwähnte Zahnarzt Marxer schikanierten ihn, wo sie nur konnten. Mehrfach wurde Sievers auf der Straße überfallen und zusammengeschlagen. Die Polizei sah sich außerstande, ihn wirksam zu schützen. Sievers beantragte einen Waffenschein, der ihm gewährt wurde. 1931/ 32 ging er zum Selbstschutz stets nur mit geladener Waffe auf die Straße.
Als die Nazis immer mächtiger wurden, legte Sievers alle Ehrenämter nieder. Die örtliche SA-Leitung strebte 1933 seine Amtsenthebung als Lehrer an. Im Regierungspräsidium, obwohl bereits gleichgeschaltet, wurde seine " hervorragende organisatorische Begabung" und " unverwüstliche Schaffensfreude" gesehen und die drohende Entlassung in eine degradierende Versetzung umgewandelt. Bis zum Kriegsende, durch häufige Erkrankungen unterbrochen, versah Sievers in der zweiklassigen Volksschule Haste-Hone seinen Dienst. Im August 1944 wurde er von der Gestapo verhaftet. Nur eine ärztlich bescheinigte Transportunfähigkeit verhinderte seine Einlieferung in das KZ Neuengamme.
Eine kurze Nachkriegskarriere war dem bereits von seiner schweren Krankheit gezeichneten Ernst Sievers beschieden. 1946 wurde er zum " Stadtturnrat" und Leiter des Stadtamtes für Leibesübungen berufen. Er bereitete Neuordnung und Wiederaufbau der städtischen Spielplätze und Sportplätze vor und setzte sich für den Ausbau der Illoshöhe zur zentralen Sportanlage ein. Am 6. April 1947 starb Ernst Sievers.
Bildtexte:
Die Ernst-Sievers-Straße liegt an der Illoshöhe im Stadtteil Weststadt.
Ernst Sievers (1889–1947)
Foto:
Joachim Dierks, Staatsarchiv Osnabrück
Autor:
Joachim Dierks


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