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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Industrieller mit bescheidenem Lebensstil
Zwischenüberschrift:
Carl Weymann gründete 1836 eine Eisengießerei und Maschinenfabrik
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Eine Wohnstraße im Stadtteil Schinkel trägt seit 1972 den Namen Weymannstraße. Ihren alten Namen Haarmannstraße musste sie lassen, als es bei der Eingemeindung von Pye auf einmal zwei Haarmannstraßen in Osnabrück gab. An der in Pye lagen 21 Häuser, während an der Haarmannstraße in Schinkel nur 19 Häuser eine neue Adresse bekommen mussten. Vielleicht gab das den Ausschlag.
Weymann und Schinkel passen insofern gut zusammen, als hier die ersten großen Industriebetriebe ansässig wurden alles spätere Kunden der Eisengießerei und Maschinenfabrik Weymann, die Johann Conrad Carl Weymann 1836 gründete. Ihr erster Sitz war allerdings nicht Schinkel, sondern das landwirtschaftliche Anwesen Spiegelburg in der Bauerschaft Nahne. In der dort errichteten Schmelzhütte betrieben Weymann und sein Kompagnon Friedrich Borgmann einen Meiler, in dem sie Borgloher Kohle entschwefelten und verkokten. Das notwendige Roheisen kam auf Handelswegen von weit her. Das Windgebläse für den Schmelzofen erhielt seinen Antrieb von einem Göpelwerk, in dem zwei Pferde in die Runde liefen. Dieses " fabrikähnliche Etablissement" gilt als einer der ersten Industriebetriebe Osnabrücks, da es im Unterschied zum Handwerk auch andere Energiequellen neben der menschlichen Arbeitskraft einsetzte und die Mechanisierung der Arbeitsabläufe einleitete.
Das Produktionsprogramm stand zunächst im Dienst von Haushalt und Landwirtschaft. Im Weymann′schen " Warenbuch" sind mehr als 300 lieferbare Artikel verzeichnet, darunter Töpfe und Pfannen, Kochplatten und Öfen, Gitterzäune, Grabkreuze und Pflug eisen. Von den Schwierigkeiten, mit denen ein frühindustrieller Betrieb zu kämpfen hatte, vermittelt die im Kopierbuch erhaltene Korrespondenz jener Jahre einen Eindruck. Die Warenbeschaffung war ein einziger Hürdenlauf, da das Königreich Hannover erst spät (1851) dem Deutschen Zollverein beitrat. Ein ostfriesischer Händler war nur im Tausch gegen alte Knochen bereit, Weymann mit Gusseisenschrott zu beliefern. Die ersten " Industriearbeiter" in Nahne sahen ihre Existenzgrundlage nach wie vor in der Landwirtschaft und kamen ihrer Beschäftigung in der kleinen Eisenhütte nur unregelmäßig nach.
Die Hoffnung auf geeignetere Arbeitskräfte in der Stadt dürfte mit ein Grund gewesen sein, dass es Carl Weymann " zurück zu den Wurzeln" zog. Sechs Jahre, nachdem er sich von Kompagnon Borgmann getrennt hatte, erhielt er die Genehmigung, den Betrieb nach der Neustadt zu verlagern. Im Hinterhof des Familienstammhauses Johannisstraße 4, in dem er 1809 das Licht der Welt erblickt hatte, ließ er eine Gießerei, eine Lagerhalle und Werkstätten errichten.
1850 zog der Betrieb um. Als Antriebsaggregat diente nunmehr eine Dampfmaschine. Nach und nach erwarb Weymann Grundstücke am Petersburger Wall hinzu, sodass sich die Firma nach Osten ausdehnen konnte. Gießerei und der nachgelagerte Maschinenbau waren nun in der Lage, komplette Dampfmaschinen, Mühleneinrichtungen, Sägegatter und Landmaschinen zu erstellen. 1880 wurde ein erster Laufkran installiert. Zum 50-jährigen Geschäftsjubiläum war die Belegschaft auf 65 Mann angewachsen. Der gesundheitlich angeschlagene Carl Weymann hatte zu diesem Zeitpunkt die Firmenleitung bereits an seinen ältesten Sohn Wilhelm abgegeben.
Der gelernte Schlosser Carl Weymann pflegte stets einen bescheidenen Lebensstil, der im Genuss des Pfeiferauchens gipfelte. Den Kopf der langen Pfeife schmückte ein handgemaltes Bild seiner Fabrik. Vor dem Schlafengehen trank er regelmäßig noch ein Glas Wasser, das aus dem eigenen Brunnen nach genau hundert Pumpenschlägen gefördert sein musste. Am 29. Juli 1886 starb Carl Weymann.
In den späten 1980er-Jahren sorgte Weymann für lokalpolitische Schlagzeilen. Die lange Fabrikfront am Petersburger Wall stand dem vierspurigen Ausbau der Ringstraße im Wege. Eine " Weymann-Initiative" wollte, dass der stadthistorisch bedeutsame Industriekomplex unter Denkmalschutz gestellt und nicht abgerissen wird. Vergebens. Lediglich die Gießereihalle überlebte als " Salzmarkthalle". Leider gelang die Entwicklung zu einem Kulturzentrum für die Südstadt nicht. Die Halle ist derzeit an ein Möbelhandelsgeschäft verpachtet.
Die Firma Weymann verlegte ihren Sitz nach Sutthausen zur Industriestraße, wo der Maschinen- und Anlagenbau eine neue Heimat fand. Zeitweilig führte Weymann den Gießereibetrieb an der Liebigstraße fort. Die Firma Weymann-Aufzüge wurde aus dem Familienunternehmen ausgegliedert, die Stammfirma Weymann-Technik konzentriert sich auf die Konstruktion von Sondermaschinen und Vorrichtungen für verschiedenste Industriezweige. Mit Dr. Peter Weymann leitet mittlerweile ein Vertreter der fünften Generation die Geschicke der 176 Jahre alten Firma.
Bildtexte:
Die Industrielle Carl Weymann fand zunächst kaum Arbeitskräfte.
Die Weymannstraße liegt im Stadtteil Schinkel.
Foto:
Firmenarchiv
Autor:
Joachim Dierks


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