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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Verurteilt und gleich erschossen
Zwischenüberschrift:
Johannes Laumann wurde Opfer der NS-Militärjustiz
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Paris, im Februar 1941: Die deutsche Wehrmacht hatte vor einem Dreivierteljahr Frankreich überfallen und besetzt. Johannes Heinrich Laumann musste als Gefreiter bei der Flugabwehr dienen. Weshalb er festgenommen wurde, ist nicht überliefert. Am 13. des Monats verurteilte ihn ein Feldgericht wegen Fahnenflucht zum Tode. Am selben Tag wurde er in Paris-Vincennes erschossen im Alter von 27 Jahren.

Sieben Jahrzehnte später wühlt das Schicksal von Johannes Laumann wieder auf. Seine Nichte Dörthe Linaker und sein Neffe Thomas Schramme hatten in der Familie Erinnerungen und Eindrücke gesammelt, um davon bei der Verlegung des Stolpersteins für ihren Onkel zu berichten am Rosenplatz 2, wo er aufgewachsen war: An dieser Stelle, ungefähr hier an diesem Stolperstein, spielte einmal ein kleiner Junge vor seinem Elternhaus aus Klinker, das später mit der ganzen Häuserreihe im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde.″ Johannes Laumann, der in seiner Familie Hans genannt wurde, hatte vier Geschwister, von denen eine Schwester noch lebt. Von Beruf war er kaufmännischer Angestellter.

Nach seiner Hinrichtung verblasste die Erinnerung an ihn. Seinem Neffen Thomas Schramme kam es lange so vor, als hätte es ihn gar nicht gegeben″ bis er und seine Schwester von der geplanten Verlegung des Gedenksteins erfuhren. Dörthe Linaker berichtete: Irgendwie brachte diese Nachricht uns als Familie zum Stolpern, zum Innehalten, zum Nachfragen . . .″ Wie an ihren Onkel gerichtet, fuhr sie fort: „. . . und wir löchern Zeitzeugen mit tausend Fragen, lassen uns von dir erzählen, sehen staunend Bilder, die es plötzlich gibt, dem Baby, vom erwachsenen Hans, einem lebensfrohen Mann, einem, der durchaus fotogen Zigarren paffte, von Hans dem Klavierspieler, von Hans, der offenbar 1941 in Frankreich nicht mehr an die Erfüllung der Verheißungen des Tausendjährigen Reiches glaubte.″

Doch was ihn vor das Feldgericht brachte, wurde zum Geheimnis weshalb, beschrieb Dörthe Linaker so: Näheres über sein Verfahren hätte nur der Großvater gewusst, der nach der Verurteilung seines Sohnes 1941 nach Frankreich gefahren war, bald darauf nach einer schweren Krankheit am 1. Februar 1942 verstarb, und das wenige, das er wusste, durfte nicht erzählt werden: So hatte es der Großvater auf dem Totenbett im Januar 1942 verfügt.″

Zu sehr dürfte die Verurteilung wegen Fahnenflucht als Makel gegolten haben. Doch hatte das Hitler-Regime die Maßstäbe verzerrt. Auch wegen geringer oder vorgeblicher Vergehen wurden Soldaten zum Tode verurteilt die Wehrmacht richtete während des Zweiten Weltkriegs 23 000 ihrer Mitglieder hin, während die US-Armee einen einzigen ihrer Soldaten wegen dieses Delikts mit dem Tod bestrafte. 1998 beschloss der Bundestag ein Gesetz zur Rehabilitierung der Deserteure, 2002 hob er Urteile der Wehrmachtsgerichte gegen Deserteure pauschal auf. Dörthe Linaker sagte es so: Wir wissen jetzt, dass dein Urteil ein Unrechtsurteil war.″ Daran erinnert jetzt auch der Stolperstein für Johannes Laumann.
Bildtext:
Die Lebensfreude am Klavier wich dem Schrecken des Krieges: Johannes Laumann wurde 1941 Opfer der Wehrmachtsjustiz, die ihn in Paris erschießen ließ.
Rosenplatz 2: Nichts erinnert heute mehr an das im Bombenkrieg zerstörte Zuhause von Johannes Laumann, der hier aufgewachsen ist. Ein Stolperstein erinnert jetzt an das Opfer der NS-Militärjustiz.
Foto:
privat, Jörn Martens

Stolpersteine
Die in den Gehwegen verlegten Stolpersteine mit Messingplatten erinnern an Opfer des Nationalsozialismus jeweils vor den Wohn- oder Wirkstätten der Juden, Sinti, Deserteure sowie Menschen, die aus politischen oder religiösen Gründen, einer psychischen Erkrankung oder einer Behinderung verfolgt und ermordet wurden. Der Kölner Künstler Gunter Demnig ist Initiator des Projekts, dem sich seit 1995 nach und nach mehrere Hundert Kommunen angeschlossen haben: außer in Deutschland auch in Ländern wie Österreich, Ungarn, Tschechien, Polen, der Ukraine und den Niederlanden. In Osnabrück sind seit November 2007 bisher 185 dieser Gedenksteine verlegt worden. Paten des Stolpersteins für Johannes Laumann am Rosenplatz 2 sind Mitglieder seiner Familie. Verlegt haben ihn die Schüler Nando Christ und Timo Rosenbusch vom Berufsschulzentrum am Westerberg. Das Büro für Friedenskultur an der Marienstraße nimmt für weitere Gedenktafeln gern Hinweise von Zeitzeugen über Opfer des NS-Regimes entgegen unter Telefon 05 41/ 3 23-22 87.
Autor:
Jann Weber


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