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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
"Rundbogen-Richard" prägte eine Bauepoche
Zwischenüberschrift:
Richardstraße und Luisenstraße erinnern an den Osnabrücker Stadtbaumeister und seine Ehefrau
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Es gibt wohl nur ein Ehepaar, das es geschafft hat, dass gleich beide Partner auf Osnabrücker Straßenschildern verewigt worden sind: Wilhelm und Luise Richard. Sie liegen allerdings getrennt. Wilhelm Richard lieh seinen Nachnamen der Richardstraße, Luise Richard geborene Ehmb sen ihren Vornamen der Luisenstraße. Beide Straßen gehören zum heutigen Stadtteil Gartlage in dem Viertel " hinter der Bahn", das unter Stadtbaumeister Wilhelm Richard (1816– 1900) einen tüchtigen Aufschwung nahm.

Wenn Osnabrücker Schulkinder etwas von den Stadtbaumeistern in Erinnerung behalten sollten, dann müsste man ihnen erklären, dass der neuromanische Rundbogenstil ganz wesentlich auf Wilhelm Richard zurückgeht. In seiner Schaffenszeit von 1839 bis 1870 entstanden zahlreiche Gebäude mit den für Osnabrück geradezu typischen Rundbögen. Viele davon hat er selbst entworfen, andere öffentliche wie private Bauherren folgten seinem Geschmacksmuster. Bis heute erhalten sind etwa das frühere Realgymnasium an der Lotter Straße, das frühere Hauptgebäude des Stadtkrankenhauses (heute Volkshochschule) oder der Hannoversche Bahnhof.

Wilhelm Richard kommt am 13. November 1816 in Dissen zur Welt. Nach der Schule geht er drei Jahre bei dem preußischen Bauinspektor Niermann in die Lehre. Der empfiehlt ihn weiter an die Polytechnische Schule Hannover, die Vorläuferin der heutigen Leibniz-Universität. Von dort wechselt Richard 1836 an die Akademie der Bildenden Künste in München, wo er sich im Fach Baukunst einschreibt. Seine Entwurf-Handschrift wird stark geprägt von Professor Friedrich Gärtner (1792– 1847), einem herausragenden Vertreter des Rundbogenstils.

31 Jahre lang ist Richard ab 1839 in Osnabrück tätig, zunächst als freier Architekt und ab 1843 als beamteter Stadtbaumeister. In seine Ära fällt der Übergang von der noch landwirtschaftlich geprägten Ackerbürgerstadt zur vorindustriellen Provinzstadt, was sich in zahlreichen Infrastruktur-Baumaßnahmen ausdrückt. Er zeichnet verantwortlich für die erste größere Stadterweiterung Osnabrücks seit 600 Jahren: das Bahnhofsviertel zwischen der noch von einem Festungsgürtel umgebenen Altstadt und dem Hannoverschen Bahnhof. Richard stellt den Bebauungsplan für die Bahnhofstraße (seit 1895 Wittekindstraße) als schnurgerade Verbindungsachse auf, er legt die Baulinien des Schillerplatzes (heute in etwa Berliner Platz) als ihren städtebaulichen Mittelpunkt fest.

Er ist es auch, der 1854 Pläne für eine " Gaserleuchtung" der städtischen Straßen und Plätze vorlegt. Seit 1804 gab es eine erste öffentliche Straßenbeleuchtung mittels Tranlampen, " mit der man aber nicht viel mehr erreichte, als die Finsternis erst recht deutlich zu machen", wie es in einem zeitgenössischen Kommentar hieß. Durch den Einsatz von Petroleumlampen ab 1835 erhellte sich die Situation zwar ein wenig, aber den Durchbruch zu einer städtisch angemessenen Beleuchtung schafft man erst mit Steinkohlengas. Richard zeichnet die Pläne für die Gasanstalt an der späteren Luisenstraße, die 1858 den Betrieb aufnimmt.

Dem Stadtbaumeister unterstehen neben dem Gaswerk alle weiteren städtischen Betriebe wie die Ziegelei und die Steinbrüche, er ist außerdem verantwortlich für den Bau der Kanalisation und die Projektierung neuer Straßen. 1864 baut er das Stüvehaus als Hauptgebäude der Krankenanstalten, 1870 das Königliche Realgymnasium schräg gegenüber an der Lotter Straße. Es mag heute erstaunen, dass er nebenbei noch Zeit findet, Zeichenunterricht am Ratsgymnasium zu erteilen.

1870 erhält Richard einen Ruf nach Mecklenburg-Strelitz und übergibt das Osnabrücker Amt an Emil Hackländer. Richard bleibt nicht lange im Mecklenburgischen. 1874 tritt er in die Dienste der Stadt Bückeburg. Er wird Baurat und Chef des Bau departements im Fürstenhaus, dem er bis zum Eintritt in den Ruhestand 1895 (mit 78 Jahren!) dient. Er stirbt am 24. November 1900 in Bückeburg.

Wer sich wundert, weshalb hier kein Porträt dieses bedeutenden Mannes abgebildet ist, in dessen Schaffenszeit die Fotografie doch längst erfunden war, dem sei gesagt, dass Wilhelm Richard und seine Gattin anscheinend ausgesprochen kamerascheu waren. Trotz intensiver Suche in vielen Archiven war nichts zu finden. Auch der heutige Bürgermeister von Bad Laer, Holger Richard, der dem gleichen Familienstamm angehört, konnte nicht weiterhelfen.
Bildtexte:
Das von Wilhelm Richard im Rundbogenstil geplante Königliche Realgymnasium an der Lotter Straße beherbergt heute die Altstädter Grundschule.
Die nach Wilhelm Richard benannte Straße liegt im Stadtteil Gartlage.
Nach Luise Richard wurde eine andere Straße, ebenfalls in der Gartlage, benannt.
Foto:
Archiv/ Rudolf Lichtenberg
Autor:
Joachim Dierks
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