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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Ein Glücksfall für Schinkel
Zwischenüberschrift:
Die Rappstraße erinnert an den langjährigen Paulus-Pastor
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Im Stadtteil Schinkel haben viele wirkmächtige Pastoren ihre Spuren hinterlassen. Für die evangelische Paulusgemeinde wären zwei Männer zu nennen, die sich besonders um den Aufbau der jungen Gemeinde verdient gemacht und ihr über viele Jahrzehnte gedient haben: die Pastoren Richard Karwehl und Hans Albrecht Rapp.
Sie waren Glücksfälle nicht nur für ihre Gemeinde, sondern darüber hinaus für ganz Schinkel. Deshalb wurde ihnen mit Straßenbenennungen ein Denkmal gesetzt. Der Pastor-Karwehl-Platz liegt direkt vor der Pauluskirche, die Rappstraße etwas weiter nördlich den Schinkelberg hinauf. Die zweite Kindertagesstätte der Paulusgemeinde fand passenderweise an der Rappstraße ihren Platz. Heute soll es zunächst um Hans-Albrecht Rapp gehen, dessen Werdegang und Würdigung ausführlich in Ilsetraut Lindemanns Straßenkunde " Von Abeken bis Windthorst" nachzulesen ist.
Rapp kam am 9. November 1897 in Zabern (heute Saverne/ Elsass) als Sohn eines Gerichtsvollziehers zur Welt. Die Mutter starb an Kindbettfieber wenige Tage nach seiner Geburt. Hans Albrecht wuchs bei den Großeltern auf, durchlief das humanistische Gymnasium und begann Studien der Theologie und Philosophie in Straßburg und Freiburg. Schon nach zwei Semestern musste er 1917 als Soldat in den Krieg.
1919 waren der Krieg und die Heimat verloren. Rapp wurde mit den Großeltern aus dem nunmehr französischen Elsass ausgewiesen. Man fand Unterkunft bei Verwandten in Aschersleben. Rapp beendete sein Theologiestudium in Göttingen. Nach dem ersten theologischen Examen bekam er eine Vikarstelle in Bremervörde. Als in der Inflationszeit die Landeskirche ihre angehenden Pfarrer nicht mehr bezahlen konnte, nutzte Rapp seine Neigung zum Schreiben. Er volontierte bei der " Bremervörder Zeitung" und brachte es zum festbestallten Lokalredakteur.
Aber sobald die Kirche nach dem Währungsschnitt ihren Finanzhaushalt wieder im Griff hatte, kehrte er zu seinem eigentlichen Beruf zurück, der Berufung für ihn war. Rapp legte nun auch das zweite theologische Examen ab und kam am 25. Januar 1925 als " Hilfsgeistlicher" an die Marienkirche zu Osnabrück. Im Oktober heiratete er Emmy Babatz aus Hermannsburg, die er in seiner Bremervörder Zeit kennengelernt hatte.
St. Marien war damals noch für das Seelenheil der lutherischen Christen in Schinkel zuständig. Es gab zwar schon seit 1889 Bestrebungen, für die wachsende Zahl zuwandernder evangelischer Industriearbeiter im ansonsten überwiegend katholischen Schinkel eine eigene Gemeinde abzuspalten, doch zunächst blieb es bei der Einrichtung eines Marien-Pfarrbezirks für den Osten der Stadt und die angrenzende Landgemeinde Schinkel. Gottesdienst wurde in der Rosenburg abgehalten, einem Vorstadt-Wirtshaus mit Tanzsaal. Pastor Karwehl betreute den Pfarrbezirk ab 1919. Die im Aufbau befindliche Paulusgemeinde wuchs schnell, sodass eine zweite Pfarrstelle genehmigt wurde. Diese bekam 1925 Pastor Rapp zugewiesen. Er blieb ihr treu bis 1960, also 35 Jahre lang.
Das schon durch Spenden zusammengetragene Geld für den Bau der Pauluskirche war in der Hyper-Inflation 1923 " verbrannt". Rapp und Karwehl trommelten unermüdlich weiter für den Kirchenbau, brachten neue Sammlungen auf den Weg. Vielleicht half ihnen dabei auch der Appell junger Bräute aus Schinkel, die händeringend darum baten, nur ja nicht auf ihrem ehemaligen Tanzparkett getraut zu werden.
1928 konnte man endlich die Grundsteinlegung der Pauluskirche feiern, und am 1. September 1929 zog die Gemeinde in einem feierlichen Festzug unter Vorantritt des Posaunenchors von der Rosenburg durch die reich geschmückte Schützenstraße zur Weihe in die fertige Pauluskirche ein. Karwehl hielt die Festpredigt, Rapp nahm die ersten Taufen vor.
Große Verdienste erwarb sich Rapp um den " Evangelischen Hilfsverein zur Versorgung der Armen und Kranken", den Bau des Schinkeler Friedhofs und die Begründung der Paulus-Tochtergemeinde Timotheus im Widukindland.
Zeitgenossen beschreiben Rapp als stillen, innerlichen Menschen, der klar und deutlich, aber nie aggressiv predigte. Andererseits fand er mit seiner fröhlichen und humorvollen Seite schnell Anklang bei allen Bevölkerungsschichten innerhalb der Gemeinde. Seine Gegnerschaft zum Nationalsozialismus ist unstreitig. Die deutlicheren Töne der Abgrenzung von den gleichgeschalteten " Deutschen Christen" überließ er allerdings seinem Amtsbruder Karwehl. Rapps größtes Verdienst, so Ilsetraut Lindemann, lag vielleicht darin, dass er den Menschen in den schweren Kriegs- und Nachkriegsjahren Lebensmut und Zuversicht vermittelte.
Ein Asthma-Leiden zwang Rapp im Jahr 1960 die vorzeitige Pensionierung auf. Er zog nach Hermannsburg, in die Heimat seiner Frau. Während einer Kur in Königstein im Taunus erlitt er einen Schlaganfall, von dem er sich nicht wieder erholte. Er starb am 10. Mai 1961 im Krankenhaus Frankfurt-Höchst. In mehreren Bussen fuhren Schinkeler Gemeindeglieder samt Chor nach Hermannsburg, um ihren beliebten Pfarrer auf seinem letzten Weg zu begleiten.
Über das Verhältnis seines Vaters zu dem zwölf Jahre älteren Amtsbruder Karwehl sagt der Sohn Hans Reinhard Rapp: " Sie haben sich gegenseitig sehr respektiert und stets freundschaftlich kollegial zusammengearbeitet." Hans Reinhard Rapp ist heute 88 Jahre alt und lebt bei guter Gesundheit im mütterlicherseits ererbten Haus in Hermannsburg. Er ist wie sein Vater Theologe geworden, hat aber auch die journalistische Ader übernommen und war zeitweilig Chefredakteur einer evangelischen Monatsschrift. Zum in Köln lebenden Sohn von Richard Karwehl, Hans-Martin, hält er freundschaftlichen Kontakt.
Bildtexte:
Die nach dem beliebten Pastor benannte Straße verläuft unweit der Pauluskirche den Schinkelberg hinauf.
Hans Albrecht Rapp (1897-1961) war von 1925 bis 1960 Pfarrer in Schinkel.
Fotos:
Joachim Dierks, Archiv Paulusgemeinde
Autor:
Joachim Dierks


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