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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Luminal als Tatwaffe
Zwischenüberschrift:
Nationalsozialisten ermordeten drei Kinder von St. Johann
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Die Behinderung war ihr Todesurteil. Annelore Juliane Benning, Norbert Herwald und Reinhold Katthöfer waren erst drei Jahre alt, als Nationalsozialisten sie während des Zweiten Weltkriegs von Osnabrück nach Lüneburg in die " Kinderfachabteilung" der Landes-Heil- und - Pflegeanstalt brachten und dort ermordeten. Jetzt erinnern Stolpersteine an sie.

Die drei Kinder lebten wegen ihrer Behinderung im Heim von St. Johann. Aus den Krankenakten geht hervor, dass nationalsozialistische Ärzte in Lüneburg sie als " tiefstehend" bezeichneten und sie deshalb als " lebensunwert" einstuften. Die Recherchen für die Stolpersteinverlegung ergaben, dass diese Kinder " mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" ermordet wurden. Sie entsprachen nicht den Vorstellungen der nationalsozialistischen Ideologie. Adolf Hitler hatte schon vor Beginn seiner Diktatur 1933 gefordert, Schwache müssten getötet werden. Im Schatten des Zweiten Weltkriegs machte das NS-Regime solche Gewaltfantasien wahr unter anderem mit der sogenannten Kinder-Aktion.

Ärzte in Heilanstalten entschieden über Leben und Tod und sie ersannen sich offizielle Todesursachen. Im Fall von Annelore Juliane Benning hieß es, sie sei an chronischer Bronchitis gestorben. Ob ihre Mutter davon erfahren hat? Sie war ledige Köchin und hatte ihre Tochter offenbar im Waisenhaus abgegeben, bevor sie nach Düsseldorf zog.

Bei Norbert Herwald lautete die offizielle Todesursache " eitrige Bronchitis". Vorher hatten Ärzte in seiner Akte vermerkt: Er zeige " keinerlei Reaktion", es sei keine " Bildungsfähigkeit" festzustellen, und er werde wohl " in allem versorgt werden" müssen. Reinhold Heinrich Franz Katthöfer ist offiziell an " doppelseitiger Nierenbeckenentzündung und kruppöser Lungenentzündung" gestorben. In der Akte über ihn heißt es, er sei " völlig bildungsunfähig" und lasse keine geistige Weiterentwicklung erwarten. Indizien sprechen dafür, dass alle drei mit dem Schlafmittel Luminal ermordet wurden.

Generalvikar Theo Paul lud nach der Verlegung der Stolpersteine in die Johanniskirche ein und legte die Stola seines Onkels Wilhelm an, der als Kaplan während der Zeit des Nationalsozialismus Predigten des damaligen Bischofs Clemens August von Galen vervielfältigt hatte. Der spätere Kardinal war als Kri tiker der nationalsozialistischen Ideologie bekannt. 1941 sagte er in einer Predigt: " Eine furchtbare Lehre, die die Ermordung Unschuldiger rechtfertigen will, die die gewaltsame Tötung der nicht mehr arbeitsfähigen Invaliden, Krüppel, unheilbar Kranken, Altersschwachen grundsätzlich freigibt!"

Angesichts der drei ermordeten Kinder von St. Johann stellte Theo Paul die Frage: " Wie konnte das geschehen?"
Bildtext:
Johannisstraße 39 lautet die Adresse des Kinderheims von St. Johann, in dem Annelore Juliane Benning, Norbert Herwald und Reinhold Heinrich Franz Katthöfer wegen ihrer Behinderung lebten. Als sie drei Jahre alt waren, ermordeten Nationalsozialisten sie.
Foto:
Jörg Martens

Stolpersteine
Messingplatten in den Gehwegen erinnern an Opfer des Nationalsozialismus jeweils vor den Wohn- oder Wirkstätten der Juden, Sinti, Deserteure, Menschen, die aus politischen Gründen, wegen ihrer sexuellen Orientierung, einer Erkrankung oder Behinderung verfolgt wurden. Der Kölner Künstler Gunter Demnig ist Initiator des Projekts, dem sich europaweit mehrere Hundert Kommunen angeschlossen haben. Pate der Stolpersteine an der Johannisstraße 39 ist Bischof Franz-Josef Bode. Verlegt haben sie die Schüler Nando Christ und Timo Rosenbusch vom Berufsschulzentrum am Westerberg. Das Büro für Friedenskultur nimmt für weitere Gedenktafeln gern Hinweise über das Schicksal von Opfern des NS-Regimes entgegen. Die Telefonnummer lautet 05 41/ 323-22 87.
Autor:
Jann Weber


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