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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
„Ich hatte höllischen Respekt″
Zwischenüberschrift:
Sprengmeister Clemens Stolte über die ungewöhnliche Bombenräumung am Dienstag
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück/ Georgsmarienhütte. Die Aufregung war groß, als am Dienstag bekannt wurde, dass die Evakuierung eines Bereichs zwischen Voxtrup und Harderberg vorgezogen wird. Eine schnelle Sprengung des Blindgängers war nötig geworden. Direkt an der Bombe war Sprengmeister Clemens Stolte im Einsatz. Im Gespräch mit unserer Redaktion beschreibt er, wie es sich anfühlt, wenige Zentimeter von einem Blindgänger zu arbeiten, dessen Zünder man nicht genau kennt.

Die Überraschung war groß, als der Kampfmittelräumdienst zwischen dem Georgsmarienhütter Stadtteil Harderberg und dem Osnabrücker Stadtteil Voxtrup schon in einer Tiefe von vier Metern auf den Sprengkörper stieß. Wir hatten die Bombe einen halben Meter tiefer vermutet″, sagte Sprengmeister Clemens Stolte. Ursache dafür war, dass die Bombe nicht, wie die meisten Blindgänger, waagerecht in der Erde lag, sondern kerzengerade stand. Das war vorher nicht zu sehen gewesen, und der Kampfmittelräumdienst ging davon aus, dass lediglich eine kleinere Splitterbombe in der Erde auf sie wartete.

Fünf-Zentner-Bombe

Als die Experten die Bombe schließlich mit einem Spaten freigelegt hatten, folgte die nächste Überraschung: Wir haben uns erschrocken, weil wir eine andere Bombe fanden als erwartet″, erzählte Stolte. Es handelte sich nicht um eine Splitterbombe, sondern um eine amerikanische Fünf-Zentner-Bombe. Das Heck mit dem Zünder lag in Richtung Erde, darum konnten wir den Zünder nicht genau bestimmen.″ An der Vorderseite der Bombe erkannte der Kampfmittelexperte allerdings eine Sechskant-Schraube. In 99, 9 Prozent aller Fälle hat die Bombe dann einen Langzeitzünder.″

Wie Sprengmeister Stolte erklärte, hatten solche Langzeitzünder im Zweiten Weltkrieg das Ziel, eine Bombe später als alle anderen explodieren zu lassen. Wenn nach einem Bombardement die Menschen aus den Bunkern kamen und mit dem Aufräumen begannen, explodierte diese zeitversetzt.″ Je nach Dicke einer Scheibe, durch die sich Aceton fressen musste, konnte die Bombe nach 2 oder erst nach 144 Stunden detonieren. Wenn die Bombe am Dienstag jedoch im Erdreich erschüttert worden wäre, hätte der Zünder schon innerhalb einer tausendstel Sekunde auslösen können. Stolte: Säurezünder machen, was sie wollen, die sind nicht berechenbar.″

Menschenleben wichtiger

Aus diesem Grund war nach dem ersten Kontakt mit der Bombe Eile gefragt. Auf eine Dämmung mit Wasser und Stroh verzichtete der Kampfmittelräumdienst. Wenn wir gedämmt hätten, wäre zu viel Zeit vergangen. Diese Zeit warte ich nicht, da ist ein Menschenleben wichtiger″, betonte Stolte. Auch ein Metallring, der bei den Grabungen im Erdreich eingesetzt wurde, blieb an Ort und Stelle.

Die Einsatzkräfte richteten zunächst eine Sperrzone von 300 Metern ein. Clemens Stolte und sein Team waren dann die Einzigen, die sich noch in der Nähe der Bombe befanden. Wir brauchten dann erst einmal ein paar Minuten, um runterzukommen.″ Denn bei der Arbeit an der Bombe war vor allem Ruhe gefragt.

Angst, sagte Stolte, hatte er keine. Die wäre auch hinderlich bei der Arbeit. Aber ich hatte höllischen Respekt vor der Bombe.″ Nach der ersten Aufregung griff die Routine der Bombenräumer. Der Trupp war sehr gut, ich musste nur die Hand heben, und alles lief.″ In Ruhe führten alle ihre Arbeiten aus. Man blendet die Gefahr durch die Bombe dann aus.″ Von da an lief alles reibungslos. Stolte brachte die Sprengladung an der Bombe an und zündete aus sicherer Entfernung.

Schlaflose Nächte hat Clemens Stolte nach der Sprengung der Bombe aber nicht. Klar, am Stammtisch kommt das dann immer mal wieder zur Sprache: Da hatte ich wieder einen Langzeitzünder.″ Als außergewöhnlicher Einsatz wird ihm die Sprengung bei Harderberg aber nicht im Gedächtnis bleiben. Dafür hat er als Kampfmittelräumer schon zu viel erlebt.

Es war nicht die erste Bombenräumung in Osnabrück, und es wird auch noch lange nicht die letzte gewesen sein. Alles zur Kampfmittelbeseitigung in und um Osnabrück lesen Sie auf www.noz.de/ bombe
Bildtext:
Sprengmeister Clemens Stolte kurz nach der von ihm ausgelösten Explosion einer Weltkriegsbombe mit tückischem Säurezünder.
Foto:
Jörg Martens
Autor:
Nico Buchholz


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