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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
"Topfblümeken" für fleißige Kinder
Zwischenüberschrift:
Die Volksschule Haste-Hone existierte von 1857 bis 1945
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Die Spuren der evangelischen Volksschule in Haste-Hone verblassen immer mehr. Die ehemaligen Schüler der kleinen Lehranstalt, die 1945 ihre Pforten schloss, werden von Jahr zu Jahr weniger. Viele Nachgeborene wissen gar nicht, dass es die Schule gab und wo sie stand. Selbst einige ihrer heutigen Nachbarn zucken bloß mit den Schultern.

Es brauchte mehrere Telefonate, um den alten Standort zu ermitteln. Wenn man die Oldenburger Landstraße stadtauswärts fährt, ist es die letzte Häusergruppe auf der rechten Seite vor den Karls steinen. Das Hauptgebäude der Schule wurde vor 60 Jahren abgerissen. An seine Stelle trat ein Wohnhaus, das derzeit umgebaut wird. Von dem alten Schulkomplex sind nur noch ein Stallgebäude und ein Schuppen erhalten.

Der leider im vergangenen November verstorbene Lokalhistoriker Wido Spratte hat sich um vieles verdient gemacht, besonders aber um den Stadtteil Haste, in dem er aufwuchs. Er hat die Geschichte zahlreicher Haster Einrichtungen aufgeschrieben. So auch die der Honer Schule, die er zwar nicht selbst, aber sein älterer Bruder Eugen in den 1930er-Jahren besucht hatte.

In Sprattes Schilderungen entsteht ein lebendiges Bild des Klassenraums, den ein gewaltiger Kohleofen beherrschte. Der sorgte zwar im Winter für die notwendige Wärme, war aber auch nicht selten die Ursache für lästigen Rauch und schlechte Luft.

Lehrer Ernst Buermeyer war eine gefürchtete Erscheinung. In Kniebundhosen mit Gamaschen und derben Schuhen vermittelte er ein Bild ländlicher Robustheit. Den Stock betrachtete er als unverzichtbares pädagogisches Hilfsmittel. " Die sichtbaren Folgen wären heute zweifellos ein Fall für den Rechtsanwalt", schreibt Spratte. Dennoch habe keine feindselige Distanz geherrscht. Kam es einmal zu einer ungerecht erteilten Prügelstrafe, quittierte Buermeyer das mit den Worten: " Das wird beim nächsten Mal verrechnet!" Das nächste Mal ließ meistens nicht lange auf sich warten, und dann wurde der versprochene Rabatt tatsächlich korrekt abgezogen.

Neben dem gelegentlichen Einsatz der Peitsche gab es aber auch Zuckerbrot. Und zwar in Form eines " Topfblümekens". Das war die höchste Anerkennung für eine gute Leistung. Die Blümekens kamen aus dem Garten hinter dem Lehrerwohnhaus, der im Wesentlichen von Schülern während der Unterrichtszeit gepflegt wurde. " Da lernt ihr ja auch was von", lautete Buermeyers Rechtfertigung. Vor allem achtete er nach getaner Arbeit auf eine gründliche Reinigung der benutzten Geräte.

Spratte blickt in der Bilanz durchaus hochachtungsvoll auf diese 1934 an die Evangelische Schule gekommene Lehrerpersönlichkeit zurück. " Er hatte den Mut, in der NS-Zeit auch dann noch vor Beginn des Unterrichts ein Gebet zu sprechen, als die meisten seiner Kollegen das aus politischen Gründen schon lange nicht mehr wagten", schilderte der Lokalhistoriker.

Damit hielt Buermeyer die Tradition der Schule aufrecht, die 1846 für die Kinder der zahlreich an den Fuß des Piesbergs gezogenen evangelischen Bergarbeiter eröffnet wurde. Erst fand der Unterricht im Privathaus des " Berggeschworenen" Albrecht Pagenstecher statt, der darin auch Wohnung und Kost für einen unverheirateten Lehrer zur Verfügung stellte. Dafür musste dieser außerhalb der Schulzeit Pagenstechers Kindern Privatunterricht erteilen. Mit Unterstützung des Gustav-Adolf-Vereins gelang 1857 der Bau eines eigenen Schulgebäudes mit Lehrerwohnung. Diese evangelische Bekenntnisschule existierte bis 1940. Die nationalsozialistische Schulpolitik ließ keinen Platz mehr für konfessionsgebundene Schulen. Haste-Hone wurde eine Außenstelle der Gemeinschaftsschule Haste, die aus der Katholischen Volksschule an der heutigen Hardinghausstraße hervorgegangen war.

Bekannte Lehrkräfte, die an der Honer Schule wirkten, waren Ernst Sievers, der große Förderer des Osnabrücker Sportwesens, und Hanns-Gerd Rabe, Pionier der Osnabrücker Fliegerei, Kunstkenner und Autor. Nach 1945 fand in Hone nur noch für kurze Zeit Unterricht statt. Die Schulgebäude wurden zu Behelfswohnungen umgestaltet, Heimatvertriebene aus Schlesien fanden hier vorübergehend Unterkunft. Ende der 1950er-Jahre wurde das Hauptgebäude abgerissen, um einem zeitgemäßeren Wohnhaus Platz zu machen.
Bildtexte:
Das Hauptgebäude der bereits seit mehreren Jahren außer Dienst gestellten Honer Schule kurz vor dem endgültigen Abriss Ende der Fünfzigerjahre. Der Blick geht von der Flanke des Haster Berges über die Senke, in der die Oldenburger Landstraße verläuft, hinüber zum Piesberg.
Die Bramscher Straße (heute Oldenburger Landstraße) in Blickrichtung Lechtingen um 1937. Rechts das Lehrerwohnhaus.
Die Nebengebäude sind wiederzuerkennen, während anstelle der alten Schule ein Wohngebäude entstand, das derzeit umfassend modernisiert wird.
Fotos:
Wido Spratte, aus: Bildband Osnabrück-Haste, Verlag Wenner, 2008, Ansichtskarte aus der Sammlung Helmut Riecken, Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks


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