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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Krieg in Russland: "Sendet Muffs ins Feld!"
Zwischenüberschrift:
April 1915: Langer Winter im Osten, Frühling im Westen, Backhaus-Schule eingeweiht
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Im neunten Kriegsmonat ist die Nahrungsmittelversorgung weiterhin eines der Hauptthemen im Lokalteil der Osnabrücker Zeitungen. Frisch gegessen werden sollte überwiegend Jungschweinefleisch, weil es sich nicht zur Herstellung von Dauerwaren eignet, empfiehlt das " Osnabrücker Tageblatt". Auch sollte man an die neuzeitliche Methode des Einfrierens denken, weil es die billigste Form der Konservierung sei.

Sie sollte überall Anwendung finden, wo eine Gefrieranlage vorhanden oder eine solche provisorisch eingerichtet werden könne. Als städtische Maßnahme zur Sicherstellung von Fleischvorräten wurde auch auf dem hiesigen Schlachthof ein Gefrierraum geschaffen, wo bei acht bis zehn Grad Kälte mehrere 1000 Schweine eingefroren und bei dieser Temperatur gelagert werden sollen. " Das Fleisch kann auf diese Weise mehrere Jahre aufbewahrt werden, ohne an Güte und Geschmack Einbuße zu erleiden", klärt die Zeitung auf.

Jagd auf Kiebitzeier

Der Kiebitz gehörte auch schon vor hundert Jahren zu den bedrohten Tierarten, dessen Eier aus dem Grund nicht aufgelesen werden durften. Angesichts der Kriegslage hat nun aber der Bezirksausschuss nach Paragraf 3 des Wildschongesetzes für den Regierungsbezirk Osnabrück bestimmt, dass bis zum 10. April Kiebitzeier eingesammelt werden dürfen. Sie sind als schmackhafte Ergänzung des Speisezettels überaus beliebt.

In großer Zahl finden belehrende Vorträge statt, die sich mit den Kriegsauswirkungen auf das Zivilleben befassen. " Der Krieg und die Frauenseele" wird im Hotel Dütting auf Einladung des Katholischen Frauenbundes besprochen. Vermutlich etwas praktischer, nämlich um Ersatzstoffe für Mehl und Hülsenfrüchte und andere Ernährungsfragen geht es in einem Vortrag, der " in erster Linie für unsere Hausangestellten bestimmt ist: Welche Aufgaben hat der deutsche Haushalt im Kriege zu erfüllen? Die Herrschaften werden gebeten, ihre Angestellten darauf aufmerksam zu machen und ihnen dafür frei zu geben."

In der Heimat schickt der Frühling seine ersten Vorboten. " Hoffen wir, daß nun bald draußen in Wald und Feld der junge Lenz endgültig den Sieg über den winterlichen Isegrim davonträgt", schreibt das Tageblatt. Doch an der Ostfront ist es noch kalt. " Sendet Muffs ins Feld!", lautet daher die wiederholte Bitte um solche " Liebesgaben" für die Hindenburg-Armee an der Ostfront, damit " unsere Helden im Osten eine Erleichterung ihrer ungeheuren Strapazen" erfahren. Es folgt die Nähanleitung: Die Muffeinlage aus doppeltem Baumwollstoff ist mit Federn oder Kapok (Pflanzendaunen) zu füllen, darüber kommt das Futter aus Flanell, dann der eigentliche Bezug aus feldgrauem Tuch und, nicht zu vergessen, die Tragschnur. Das Modell zu einem " Soldatenmuff" wird für einige Tage im Fenster der Geschäftsstelle des " Osnabrücker Tageblatts" in der Großen Straße ausgestellt sein.

Bezüglich des April-Umzugstermins hat die Polizeidirektion eine für Hauswirte und Mieter wichtige Anordnung getroffen. Da die Spediteure wegen Mangels an Arbeitskräften und Pferden die Umzüge an einem Tage nicht erledigen können, ist die " Ziehzeit" bis zum 10. April verlängert worden. " Wir erwarten, dass die Parteien sich in Güte einigen und einzelne Räume den An- oder Abziehenden zur Aufstellung der Möbel während der Umziehezeit überlassen", verkündet die Polizeidirektion.

Das " Spezialhaus für Damenputz" R. Harwitz am Domhof 8 b preist in einem Inserat zu Konfirmation und Kommunion seine " neuesten garnierten Hüte nur moderne Garnituren" an. Aber auch Trauerhüte für Damen und Mädchen, Trauer-Capes, Trauerschleier und Armflore stehen aus gegebenem Anlass im Angebot.

Bischof Berning beklagt in einem Erlass im Kirchlichen Amtsblatt: " Bei der Feier der ersten hl. Kommunion wird noch zu viel äußerer Aufwand getrieben." Es würden zu kostbare Kleider für die Kinder angeschafft und zu viele und zu teure Geschenke. " Alles das geschieht zum religiösen Nachteil der Kinder, weil es vom Eigentlichen ablenkt. Man wähle eine Kleidung, die von den Kindern auch weiterhin benutzt werden kann. Bei Knaben dunkle Anzüge, schwarze sind nicht notwendig, bei Mädchen einfache dunkle oder schlichte weiße Kleider."

Von den Osterbräuchen haben sich leider nur noch wenige in unsere Zeit herübergerettet, konstatiert die Zeitung. " Stellenweise konnte man noch die Kinder beim Eiersuchen sehen. Doch hat die schöne Sitte durch den Krieg Einbuße erlitten." Das sei einerseits auf das Gebot des Sparens mit Lebensmitteln zurückzuführen, " andererseits ist das Eiersuchen auch nur eine halbe Freude, wenn immer wieder die Osterfreude durch den Gedanken gestört wird, dass Vater nicht dabei ist."

Großer Schülerzuwachs

Die Backhaus-Schule in der Hackländerstraße ist fertiggestellt. " Die Einweihung der neuen Knaben-Bürgerschule vor dem Herrenteichs tore, die zur Erinnerung an Schulinspektor Backhaus benannt ist, wurde gestern in einer schlichten Feier vollzogen", schreibt die Zeitung. Regierungspräsident Bötticher, Oberbürgermeister Dr. Rißmüller, Schulrat Oppen und Superintendent Weidner zählten zu den Festrednern. Auch die Tochter des verstorbenen Schulinspektors Backhaus wohnte dem Einweihungsakt bei, der durch Gesang der Schulkinder eingeleitet wurde. Stadtbaurat Lehmann begründete die Notwendigkeit des Schulbaus: Einmal sei es das Wachstum der Stadt, ferner " die neuen Berechtigungen, wie sie den Mittelschulen verliehen sind. Sie haben den Schülerzuwachs in den Bürgerschulen außerordentlich vermehrt." So hätten in der Schule an der Hakenstraße schon Wanderklassen und Baracken eingerichtet werden müssen. Der neue Schulrektor Friedrichs ist Backhaus′ Schwiegersohn. " Lehrer Dettmer, der im Feldgrau am Rednerpult erschien, überbrachte die Grüße der im Felde stehenden Lehrer."

Der Hausfrauenbund sieht einen bedauerlichen Übelstand: " Die Zahl der Mädchen, welche dem eigentlichen Reiche der Frau, dem Haushalt, fernbleiben, wächst immer mehr." Schulentlassene Mädchen würden bevorzugt Verkäuferin oder Fabrikarbeiterin.

Dagegen fehle es an Dienstboten. Der Hausfrauenbund lädt zu einer aufklärenden Versammlung in das Evangelische Vereinshaus Seminarstraße.
Bildtext:
Die Großviehschlachthalle des Schlachthofs Osnabrück im Jahr 1916.
Foto:
Rudolf Lichtenberg, Archiv des Museums Industriekultur
Autor:
Joachim Dierks


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