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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Hier wird das Stromnetz erforscht
Zwischenüberschrift:
Das "Smart Grid"-Projekt der Stadtwerke biegt auf die Zielgerade ein
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Es ist Millimeterarbeit: Vorsichtig manövriert Thomas Adler am Mittwochabend einen von zwei E-Bussen der Stadtwerke zwischen Bäumen, Basketballkorb und abgestellten Fahrzeugen durch den engen Wendehammer am Ende der Alfred-Delp-Straße. Haben sich die Stadtwerke verfahren? Oder wird das Wohngebiet noch enger an das Busnetz angeknüpft? Weder noch: Der Elektrobus ist Teil eines Stromnetztests.

Seit rund zwei Jahren messen und forschen die Stadtwerke in diesem Bereich am " Netz der Zukunft". Jetzt steht ein Belastungstest auf dem Programm. Es geht um das " Smart Grid", das " Intelligente Netz", das auch die kommenden Herausforderungen meistern soll. Denn heute erzeugen Verbraucher mit Solar- und Windkraftanlagen selbst Strom und speisen ihn in das Netz ein. Auf der anderen Seite haben sich auch die Verbrauchsgewohnheiten dramatisch geändert. Und sie ändern sich weiter.

Wenn Osnabrück für etliche Markt- und Meinungsforscher so etwas wie der Gral des bundesrepublikanischen Mittelwertes ist, ist das 60 000 Quadratmeter große " Smart Grid"- Kerngebiet mit rund 125 Wohnungen an der Alfred-Delp-Straße so etwas wie eine Mustersiedlung für Osnabrück: mit einer repräsentativen Netz- und Verbrauchsstruktur.

" Die Ergebnisse sind auf andere städtische Netze gut übertragbar", ist sich Projektleiter Christian Drecksträter von der Stadtwerketochter SWO Netz GmbH sicher. Wirklich interessant wird der Bereich aber durch eine ungewöhnlich hohe Zahl an Fotovoltaik-Anla-
gen. Hier lässt sich quasi live verfolgen, wie das Netz reagiert.

Dazu bedarf es allerdings genauer Messungen: Deshalb haben die Stadtwerke und ihre Netz-Tochter die örtliche 10-kV-Station und die insgesamt fünf Verteiler im Gebiet sowie eine der sieben Solaranlagen zum Projektstart im Jahr 2013 mit zusätzlicher Messtechnik aufgerüstet. Sämtliche Daten laufen auf einem Server zusammen. Und bilden damit einen Teil der Grundlagen für die zukünftigen Netzplanungen.

Daten zum " Normalverhalten" im Stromnetz haben die Stadtwerke an der Alfred-Delp-Straße in den zurückliegenden Monaten reichlich ermittelt. Ein Ergebnis: Nur selten wird der von den Solaranlagen in dem Gebiet erzeugte Strom an der 10-kV-Station in das übergeordnete Mittelspannungsnetz eingespeist. In den allermeisten Fällen wird er auch irgendwo in der Alfred-Delp-Straße verbraucht. Das gilt auch für das gesamte Stadtwerkenetz: Der mit Wind und Sonne in der Stadt erzeugte Strom wird bislang auch irgendwo in der Stadt verbraucht.

Wie sieht es aber aus, wenn der Stromverbrauch steigt? Zum Beispiel durch Elektroautos? Auch deshalb haben die Stadtwerke Juli 2014 zwei " E-Zapfsäulen" in der Modellsiedlung installiert. Nicht alle Anwohner waren davon begeistert. Die Befürchtung: E-mobilisierte Fernreisende könnten von der nahen Autobahn aus in das Wohngebiet einfallen, um ihre stromhungrigen Mobile nachzuladen. Dazu kam es nicht. Zum einen, weil die beiden Zapfsäulen nicht offensiv beworben wurden, zum anderen wohl auch, weil es touristisch oder auch kulinarisch attraktivere Anlaufpunkte in Osnabrück gibt.

Für einen Tag wurden solche Befürchtungen jetzt allerdings doch wahr: Zum " Maximalstromtest" fiel gleich eine ganze Horde von den Stadtwerken, Autohäusern und Privatleuten zur Verfügung gestellten E-Mobilen in die Alfred-Delp-Straße ein. Darunter am Abend auch der fast zehn Meter lange E-Bus. Um den überhaupt aufladen zu können, hatten die Stadtwerke einen zusätzlichen Baustromkasten installiert. Interessant: Der Bus zieht beim Laden kaum mehr Strom aus dem Netz als der Tesla, der wenige Meter entfernt an der " Zapfsäule" hängt. Der Unterschied: Bis die Ladeanzeige des Busses wieder " 100 Prozent" anzeigt, vergeht deutlich mehr Zeit. Und nicht nur Busse und Supersportwagen gönnen sich große Schlücke aus dem Netz, auch der BMW i3 spielt in dieser Liga.

Drecksträter wirft einen prüfenden Blick auf die Messgeräte. Von seiner Belastungsgrenze ist das Stromkabel unter dem Pflaster noch ein ganzes Stück entfernt. Trotzdem: " Hier wäre bei solchen Szenarien irgendwann das Kabel der Engpass", erläutert der Projektleiter.

Ende des Tests. Die Geräte haben erneut jede Menge Daten aufgezeichnet, die in den kommenden Wochen ausgewertet werden. " Aus den Ergebnissen werden wird dann Rückschlüsse für die Zukunft ziehen", erklärt Drecksträter. Die Zukunft der beiden Ladesäulen an der Alfred-Delp-Straße ist noch offen. Vermutlich werden sie wieder abgebaut.
Bildtexte:
Einmal laden bitte: Der zehnjährige Jonathan bedient die Strom-" Zapfsäule" an der Alfred-Delp_straße. Im Hintergrund: " Smart Grid"- Projektleiter Christian Drecksträter.
Ein Stromkasten für den Elektrobus: Ulrich Clausmeyer hängt den Bus an die improvisierte Ladestation.
Nachtanken: Wie wirkt es sich aus, wenn immer mehr Elektrofahrzeuge am frühen Abend aufgeladen werden?
Fotos: Swaantje Hehmann
Autor:
Frank Wiebrock


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